»Also weitgehend völlige Angleichung?«, fragte ich.
»Urteile nicht vorschnell, Perry Rhodan! Sieh dir die Bilder an!« Wie auf ein Stichwort bildete sich ein Holo im Thronsaal. Die dreidimensionale Darstellung zeigte einen Planeten, einen grünen Planeten, wie ich kaum je einen gesehen hatte.
»Der Untergang hat eine ganz eigentümliche Faszination, nicht wahr?«, drang wie aus weiter Ferne die Stimme des Gondus an mein Ohr. »Eine fast schon perverse Anziehungskraft. Man kann sich kaum von ihr lösen, von den Bildern, die mit der Katastrophe einhergehen. Zumindest ich kann das nicht. Kannst du es, Perry Rhodan?«
*
»Das Gleichgewicht des Schreckens war ein Ungleichgewicht geworden, und man suchte nach neuen Mitteln und Wegen, die andere Seite auszulöschen, ohne die eigene Existenz aufs Spiel zu setzen. Man hätte sie gefunden, davon bin ich überzeugt. Doch dann kamen wir, und wir haben sie gerettet!«
Mit diesen Worten beendete der Gondu seinen Bericht.
Ich schwieg nachdenklich.
»Du siehst also«, fuhr Narashim ohne Pause fort, »wir handeln uneigennützig und zum Wohl der Völker dieser Galaxis. Wir bestreben keine Angleichung, wir führen ein Gegenprogramm zu der tiefen Vergangenheit durch. Die Soprassiden sind ein Beweis für das segensreiche Wirken des Gondunats hier und heute, für die behutsame Heranführung neuer Partner in die Gemeinschaft der Sternenvölker von Sevcooris!«
»Willst du dich bei ihnen umsehen?«, fragte Puoshoor. »Dich mit eigenen Augen überzeugen, dass wir zum Vorteil von ganz Sevcooris handeln?«
Überrascht sah ich ihn an. »Ihr würdet mich zu den Soprassiden fliegen lassen?«
»Natürlich«, sagte der Ghuogondu ernst.
Ich musste nicht lange überlegen. »Ja, ich würde gerne zur Hauptwelt der Soprassiden fliegen. Vorausgesetzt, mein Team darf mich begleiten.«
»Dann ist es beschlossene Sache«, sagte Puoshoor. »Ich werde euch persönlich mit der DAAIDEM dorthin bringen. Ihr habt ja ohnehin noch eure Quartiere an Bord.«
Wie eine Verschleierungstaktik kam mir dieses Angebot jedenfalls nicht vor.
2.
DAAIDEM
Erneut überwältigte mich der Prunk und Pomp an Bord der DAAIDEM, doch diesmal legte sich das Erstaunen schnell. Mittlerweile hatte ich Erkenntnisse über die Thoogondu gewonnen, die mir halfen, ihre Denkweise besser einzuschätzen.
Die DAAIDEM war das Schiff des Thronfolgers, das die Vormacht des Goldenen Reiches repräsentieren sollte. Der schamlos ausgestellte Überfluss, die Buntheit, aus der immer wieder das Knallweiß des Pedgondits und die allgegenwärtigen, goldenen Intarsien hervorstachen, entsprachen nur dem Bild, dass der Ghuogondu vom Goldenen Reich hatte ... und von dem Gondunat, das seit seiner Geburt sein Leben bestimmt hatte.
Das er irgendwann ausfüllen würde.
Sfianid und Kauttuno, die wir schon von unserem ersten Aufenthalt an Bord kannten, begrüßten uns wie alte Bekannte. Sie waren ausgefuchste Diplomaten, behandelten uns mit der nötigen Vertrautheit, damit wir uns so wohl wie möglich fühlten und das Gefühl hatten, an einen Ort zurückzukehren, der so etwas wie Heimat in der Fremde darstellte.
Gleichzeitig blieben sie distanziert und respektvoll und schufen auf diese Weise eine gewisse Distanz, die in ihren Augen dringend nötig war und wohl auch ihrem Naturell entsprach.
Unsere Waffen lieferten wir freiwillig ab, als wir die DAAIDEM betraten. Wir waren Gäste und mussten die Gebräuche unserer Gastgeber respektieren. Außerdem hätten uns Handwaffen sowieso kaum geholfen, sollte es hart auf hart kommen.
Die beiden Thoogondu führten uns zu den luxuriösen Gästequartieren, die wir bei unserem ersten Aufenthalt an Bord bewohnt hatten. Ich bezweifelte nicht, dass diese Suiten lückenlos abgehört und überwacht wurden.
Meine Begleiter waren erfahren genug, um ähnliche Gedanken zu hegen. Dean Tunbridge, der 40 Jahre alte Terraner, der das kleine, autonome Einsatzteam namens Squad kommandierte, das mich begleitete, sah sich wortlos um, schaute mich dann an und verdrehte die Augen.
Ich verstand ihn ohne Worte.
Ich wusste, ich konnte mich auf ihn verlassen. Er war nur 1,60 Meter groß, aber fit, zäh, klug und originell. Er gab nie auf, so aussichtslos die Lage sein mochte. Mit seinem immer vorgereckten Hals hatte er etwas Schildkrötenhaftes.
Auch jetzt kaute er auf irgendwelchen Nüssen oder Mandeln herum. Diese Angewohnheit hatte ihm den Spitznamen »Cashew« eingebracht. Ich fragte mich, woher er nach dieser langen Zeit in der Fremde noch immer welche hatte. Wahrscheinlich schleppte er in seinen Anzugtaschen Unmengen davon mit sich.
Der ebenfalls 40 Jahre alte Oxtorner Báron Danhuser pfiff leise vor sich hin, wie immer, wenn er sich konzentrierte. Wegen seiner sonstigen Haarlosigkeit stachen seine buschigen Augenbrauen besonders hervor. Er war Raumlandesoldat, Technoanalytiker und ein exzellenter Pilot. Wie Cashew suchte er nach Überwachungsgeräten, fand jedoch auf Anhieb keine.
Auch er sah mich fragend an, und ich schüttelte leicht den Kopf. Wir trugen unsere Spezial-SERUNS, auch SERUN-Slender oder SERUN-SR genannt. Der SERUN-SR erreicht nicht ganz die Leistungswerte eines schweren SERUNS, kam dem aber dank der Miniaturisierung ziemlich nah, ohne dass die Aggregate sichtbar hervortraten. Der SERUN-SR war sozusagen als normale Raumkombination verkleidet. Wir sahen in den SERUN-SR ein wenig wie eine elegante Abendgesellschaft aus, die gleich zum Büfett gehen und ein paar Cocktails schlürfen würde.
Penelope »Pen« Assids SERUN-SR fiel farblich aus dem Muster: Er war lila, wie fast alles, was sie trug. Dazu lila Lippen, lange, glatte lila Haare und lila Augen.
Pen war zur Hälfte Terranerin und zur anderen Báalol. Sie war Xenolinguistin und Xenosemiotikerin, hatte sich also darauf spezialisiert, fremde Sprachen und fremde Zeichensysteme zu analysieren und zu entschlüsseln.
Und sie gebot über gewisse Parafähigkeiten: Sie war eine suggestive Zuhörerin. Dadurch offenbarten ihr Menschen mehr, als sie eigentlich wollten. Es handelte sich um eine sehr schwache Begabung, die keineswegs bewirkte, dass Fremde ihr ihre größten Geheimnisse enthüllten. Es ging lediglich ein wenig mehr um Alltagsdinge, über die sie mehr als sonst erzählen würden. Penelope suggerierte ihnen einfach Vertrauen.
Sie war 35 Jahre alt, sehr schlank, fast hager, und hatte einen blassen Teint. Mit ihren überaus filigranen und ausdrucksstarken Händen gestikulierte sie wie eine Zauberin.
Sorgen bereitete mir hinsichtlich Pens der Umstand, dass sie während des Anschlags auf den Gondu am 11. Oktober verletzt worden war. Aber die Mediker hatten mir versichert, dass nichts davon zurückgeblieben war.
Tunbridge und Danhuser deuteten mein Kopfschütteln richtig. Sie sollten gar nicht erst versuchen, gezielt nach Überwachungsgeräten zu suchen.
Dem Technoanalytiker Danhuser fiel es schwerer, diese Anweisung zu befolgen, als dem Befehlshaber Tunbridge.
Die Thoogondu mochten sehr von sich überzeugt sein, aber sie waren alles andere als dumm. Sie hatten Überwachungsgeräte in unseren Suiten angebracht, aber das so geschickt, dass wir sie nicht finden würden, wenn wir nicht gezielt nach ihnen suchten. Das aber würde auffallen und uns als Misstrauen ausgelegt werden können.
Letzten Endes war es irgendwie ein Spiel. Sie wussten, dass wir wussten, dass sie uns überwachten, aber sie rechneten damit, dass wir die Überwachung akzeptierten. Sie waren die Herren dieses Schiffes, und es stand ihnen frei, uns abzuhören. Wäre der Gondu an Bord der RAS TSCHUBAI gewesen, hätte ich ebenfalls die Anweisung erteilt, sein Quartier zu verwanzen.
Irgendwie fühlte ich mich in ein technologisch neu überformtes,