Der Tod der blauen Wale. Joachim H. Peters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joachim H. Peters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954752294
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egal welchen Dienstgrad sie hatten. Sein Motto war: Was können Sie mir tun? Leid können Sie mir tun! Jetzt wuchtete er sich ächzend aus dem Sessel und kam auf Kleekamp zu.

      »Wird wohl besser sein, dass du nicht mit mir sprichst«, unkte Kleekamp, »sonst verdächtigt man dich noch, mit mir unter einer Decke zu stecken.«

      Martini legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Das wird garantiert nicht passieren. Erstens bin ich nicht schwul und krieche schon deswegen nicht mit dir unter eine Decke. Zweitens gibt es keine Decke, die so groß wäre, dass sie für uns beide reicht und drittens schert es mich einen feuchten Kehricht, was man von mir denkt. Schön, dich wiederzusehen.«

      Kleekamp blickte den Wachhabenden skeptisch an, aber er fand keinen Anhaltspunkt dafür, dass Martini nicht die Wahrheit gesagt hatte, vor allem im letzten Punkt.

      »Also, was willst du hier? Hat man dich zur Kreuzigung eingeladen?«, machte Martini sich über das disziplinare Vorermittlungsverfahren lustig.

      »Ich sehe, du kannst immer noch Gedanken lesen«, grinste Kleekamp.

      »War ja nicht schwer, das zu erraten, schließlich bist du frisch rasiert und gewaschen. Außerdem kämst du freiwillig wohl kaum hierher oder hattest du so eine große Sehnsucht nach mir?«

      »Eher nach Natalie als nach dir, du Fettwanst!«

      Martini lachte dröhnend. »Ich sehe, dein großes Maul haben sie dir immer noch nicht gestopft, aber ich bin sicher, das werden sie noch.«

      »Na, dann träum mal schön weiter.« Kleekamp mochte diese für Außenstehende oft ruppig anmutenden Wortgefechte mit Martini. »Aber sag mal, was macht Natalie eigentlich gerade?«

      »Bunny ist zurzeit doch immer noch bei der Kripo. Sie müsste jetzt gerade oben sein, habe sie vorhin mit Marx reinkommen sehen.« Den Spitznamen Bunny hatte Kleekamp Natalie an ihrem ersten Tag verpasst, als sie verkündet hatte, sie sei Vegetarierin. Seitdem war sie ihn nie wieder losgeworden.

      Kleekamp nickte und sah dann zur Wanduhr. »Mist, ich muss auch nach oben. Habe um zehn Uhr einen Termin beim Vorermittlungsführer.«

      Martini sah ihn von der Seite an. »Muss ich dich vorher nach Waffen durchsuchen oder die Schnauze zunähen? Ist ja beides gleichermaßen gefährlich.«

      Kleekamp grunzte nur abfällig. »Die Kanone hat unsere Chefin schon kassiert und die Schnauze hat mir mein Rechtsanwalt mit Seife ausgewaschen. Ich muss los.«

      Martini wackelte zu seinem Sessel zurück. »Na, dann viel Glück und vergiss nicht, vor Inbetriebnahme deiner großen Schnauze dein Gehirn einzuschalten, sonst kannst du demnächst wieder auf der Straße Dienst machen. Aber mit einem Kehrbesen.«

      »Arschloch«, brummte Kleekamp und verließ die Wache mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

      Kapitel 10

      Natalie wollte gerade ihren Wagen aufschließen, als sie instinktiv spürte, dass sich ihr jemand von hinten näherte. Noch bevor derjenige seine Hand auf ihre Schulter legen konnte, fuhr sie herum und nahm eine kampfbereite Haltung ein.

      »Mach mal hier nicht auf Wonder Woman«, grinste Kleekamp sie an, »oder glaubst du, die Verbrecher sind schon so dreist, dass sie dich unmittelbar vor der Polizeiwache angreifen?«

      Natalie ließ erleichtert die Schultern sinken. »Wenn man mit dir zusammenarbeitet, muss man auf alles gefasst sein.« Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und ohne große Überlegung umarmte sie ihren Kollegen. »Was machst du denn hier?« Sie deutete zum Dienstgebäude hinüber.

      »Ich hatte einen Termin wegen meiner Disziplinarsache.«

      Natalies Augen weiteten sich erschrocken. »Und?«

      »Ich habe dir doch gesagt, die können mir nichts«, verkündete er großspurig. Eine Viertelstunde vorher hätte er das allerdings noch nicht behauptet.

      »Nun sag schon, was ist los?«, quengelte Natalie.

      »Lass uns mal ein Stück die Straße runtergehen«, forderte Kleekamp seine Kollegin auf. »Muss ja nicht jeder mitbekommen, was wir quatschen.«

      Ohne lange nachzudenken, hakte sich Natalie bei ihm ein und zog ihn mit sich. »Nun erzähl schon, lass dir nicht alle Würmer aus der Nase ziehen. Was ist nun? Bleibst du suspendiert? Schmeißen sie dich raus?«

      »Du bist ganz schon neugierig.« Kleekamp seufzte. »Es tut mir leid, aber ich habe keine guten Nachrichten für dich.«

      Natalie blieb stehen, ließ seinen Arm los und starrte ihn entsetzt an. »Rausschmiss?«

      Kleekamp schüttelte den Kopf. »Wie kommst du darauf?«

      »Aber du hast doch gerade gesagt, du hättest schlechte Nachrichten.«

      »Ja, aber schlechte Nachrichten für dich.« Als er sah, wie vollkommen verständnislos Natalie ihn anblickte, brach er in Gelächter aus. »Mädchen, die schlechte Nachricht für dich ist, dass ich wiederkomme!«

      Natalie war immer noch sprachlos.

      »Mörisch wird der Behörde vorschlagen, mein Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen.«

      Der erste Polizeihauptkommissar Stephan Mörisch war von der Kreispolizeibehörde Paderborn als Vorermittlungsführer eingesetzt worden und hatte Kleekamp heute zu einem abschließenden Gespräch eingeladen. Dabei hatte er ihn vorher absichtlich oder unabsichtlich im Unklaren darüber gelassen, wie das Gespräch enden würde. Aber das war Kleekamp jetzt völlig egal.

      »Wenn Mörisch es vorschlägt … ich meine, wird die Behörde seinem Vorschlag … glaubst du, das geht durch?« Natalie brachte vor lauter Aufregung keinen einzigen vollständigen Satz heraus.

      »Er hat durchblicken lassen, er sei ganz zuversichtlich, dass die Behördenleitung auf seinen Vorschlag eingehen wird. Es wird zwar noch ein paar Tage dauern, aber wenn sie dem zustimmen, wird die Suspendierung aufgehoben und ich kann wieder mit euch Dienst machen.«

      Natalie atmete erleichtert auf. »Mensch Jürgen, das wäre ja toll. Ich drücke dir die Daumen, dass es genauso kommt.« Spontan umarmte sie ihn erneut und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

      Der ansonsten mehr als abgebrühte Kleekamp wurde rot und hielt ausnahmsweise mal den Mund. Gut, dass sie nicht direkt vor dem Polizeigebäude standen.

      »Aber sag mal, wie hoch wird diese Geldbuße denn sein?« Seine Kollegin hatte ihn losgelassen und auf Armeslänge von sich gedrückt.

      »Mörisch hat mir gesagt, dass er ein Monatsgehalt vorschlagen wird.«

      Natalie ließ erschrocken die Luft ab. »Ein Monatsgehalt?« Sie schüttelte verärgert den Kopf. »Du hast Vanessa und mir das Leben gerettet, du hast einen Mörder überführt und dafür brummen sie dir jetzt ein Monatsgehalt als Strafe auf?«

      »Nach Aussage von Mörisch hat er all das berücksichtigt. Aber ich hätte mich nun mal ohne Genehmigung aus dem Einsatz entfernt und das wäre halt ein Dienstvergehen, das geahndet werden müsste.«

      »Dann müssen sie mich auch verurteilen«, begehrte Natalie wütend auf. »Ich bin ja schließlich mitgefahren.«

      Kleekamp schüttelte lachend den Kopf. »Das kannst du vergessen, Bunny, ich habe Mörisch nämlich erzählt, ich hätte dich gezwungen. Damit hast du nur die Anweisung deines unmittelbaren Vorgesetzten, also meine, ausgeführt.«

      Die junge Polizistin stemmte aufgebracht die Hände in die Hüften. »Wenn ich auf der Fachhochschule gut aufgepasst habe, da habe ich aber doch ein Dienstvergehen begangen, ich hätte gegen deine Entscheidung protestieren müssen.«

      »Auch das habe ich Mörisch erzählt. Du hättest es getan, aber ich hätte keine Notiz davon genommen.«

      »Du Lügner, sobald er mich vorlädt, werde ich die Sache klarstellen.«

      Kleekamp grunzte behäbig. »Darauf kannst du lange warten. Es wird keine weiteren Vernehmungen mehr geben, denn ich habe mich mit