»Doch gibt es einen, den möcht’ ich hier lassen«, sagte Pen fluchend, »und sollte er mir auch einen Arm fressen.«
»Ah! Den Hund«, sagte Plover.
»Ja, den Hund, und ich werde bald mit ihm fertig sein!«
»Umso lieber«, versetzte Clifton mit Beziehung auf sein Lieblingsthema, »als der Hund an all’ unserm Unglück schuld ist.«
»Er hat uns behext«, sagte Plover.
»Er hat uns in das Eis hineingeschleppt«, erwiderte Gripper.
»Er hat uns«, entgegnete Wolsten, »mehr Eisblöcke in den Weg geschafft, als man je zu dieser Zeit gesehen hat?«
»Er hat mir die Augen krank gemacht«, sagte Brunton.
»Er hat uns den Gin und Branntwein entzogen«, versetzte Pen.
»Er ist an allem schuld«, riefen sie alle zusammen.
»Und dazu noch«, erwiderte Clifton, »ist er der Kapitän.«
»Jawohl, Unglückskapitän«, schrie Pen, dessen unsinniger Zorn sich durch die eigenen Worte steigerte, »du hast gerne hierher gewollt, sollst auch hier bleiben!«
»Aber wie fangen wir ihn?« sagte Plover.
»Ei! Nun ist gute Gelegenheit dafür«, erwiderte Clifton, »der Kommandant ist nicht an Bord, der Lieutenant schläft in seiner Kabine; der Nebel ist dicht genug, dass Johnson uns nicht wahrnehmen kann …«
»Aber der Hund?« schrie Pen.
»Der schläft oben neben der Kohlenkammer«, erwiderte Clifton, »und wenn man Lust hat …«
»Ich übernehme es«, versetzte Pen wütend.
»Nimm dich in acht, Pen, er hat Zähne, die können Eisenstangen zerbeißen!«
»Rührt er sich, so steche ich ihn in den Bauch«, entgegnete Pen und zückte sein Messer. Und er stürzte in das Zwischendeck, Waren ihm nach, um ihm dabei zu helfen.
Bald kamen sie miteinander zurück und schleppten das Tier in den Armen, die Schnauze und Pfoten geknebelt; sie hatten ihn im Schlaf überrascht, und der unglückliche Hund konnte ihnen nicht mehr entrinnen.
»Hurra für Pen!« rief Plover.
»Und jetzt, was willst du mit ihm anfangen?« fragte Clifton.
»Ins Wasser werfen, und wenn er je wiederkommt …« versetzte Pen mit wüstem Lachen der Befriedigung.
Zweihundert Schritte vom Schiff entfernt war ein Robbenloch, eine kreisrunde Öffnung, wie sie diese Tiere mit ihren Zähnen machen und stets von innen aus nagend offen halten; durch dieselbe ist die Robbe imstande, an der Oberfläche Luft zu schöpfen; aber sie muss sorgfältig verhindern, dass dieselbe nicht oben wieder zufriert, denn die Beschaffenheit ihrer Kinnlade macht ihr unmöglich, das Loch von außen nach innen zu erneuern, und im Moment der Gefahr könnte sie ihren Feinden nicht entrinnen.
Pen und Waren gingen mit dem Hund zu dieser Öffnung und warfen ihn, so arg er zappelte und dagegen wehrte, unbarmherzig ins Meer; darauf wälzten sie einen gewaltigen Eisblock über das Loch, um dem Tier den Ausgang zu schließen, dass es nimmer wiederkomme.
»Gute Reise, Kapitän!« rief der brutale Matrose.
Gleich darauf kehrten Pen und Waren wieder an Bord zurück. Johnson hatte gar nichts davon gemerkt; der Nebel um das Schiff herum ward dichter, und es begann wieder heftig zu schneien.
Eine Stunde nachher erschienen auch Richard Shandon, der Doktor und Garry wieder auf der Forward.
Shandon hatte in nordöstlicher Richtung ein Fahrwasser bemerkt, welches er zu benutzen beschloss. Demnach erteilte er seine Befehle; die Mannschaft gehorchte mit einer gewissen Rührigkeit; sie wollte Shandon die Unmöglichkeit weiterzudringen begreiflich machen, und zudem hielt sie sich noch drei Tage zum Gehorsam verbunden.
Während eines Teiles der Nacht und des folgenden Tages wurde die Sägearbeit und das Ziehen des Schiffes eifrig fortgesetzt; der Forward kam ungefähr zwei Meilen weiter nordwärts. Am 18. befand er sich in der Nähe des Landes, fünf bis sechs Kabellängen von einem sonderbar gestalteten Pic, dem man seiner auffallenden Form wegen den Namen »Teufelsdaumen« gegeben hatte.
An derselben Stelle waren im Jahre 1851 der »Prinz Albert« und 1853 Kane mit dem »Advance« mehrere Wochen lang ununterbrochen steckengeblieben.
Die seltsame Gestalt des Teufelsdaumens, die öde und verlassene Umgebung, ringsum ungeheure Eisberge, manche über dreihundert Fuß hoch, das Krachen der Eisberge, welches unheimlicherweise im Echo widerhallte, alles machte die Lage der Forward erschrecklich traurig. Shandon begriff, dass er ihn von da wegbringen und weiterführen müsse. Vierundzwanzig Stunden nachher, seiner Schätzung nach, konnte er um etwa zwei Meilen von dieser unheimlichen Küste wegkommen. Aber das war nicht alles. Shandon fühlte sich von Furcht befangen, und die falsche Stellung, worin er sich befand, lähmte seine Tatkraft; um seinen Instruktionen nach vorwärts zu dringen, hatte er sein Schiff in eine außerordentlich gefährliche Lage versetzt; das Schiffsziehen brachte die Leute gänzlich herab; man brauchte über drei Stunden, um einen zwanzig Fuß langen Kanal in ein Eis zu hauen, das vier bis fünf Fuß dick war; der Gesundheitszustand der Mannschaft drohte schon schlimmer zu werden. Shandon staunte über das Schweigen der Leute und ihre ungewöhnliche Hingebung; aber er besorgte, es möchte dies der Vorbote eines nahen Sturmes sein. Man kann sich demnach die peinliche Überraschung, die Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit vorstellen, welche ihn befiel, als er wahrnahm, dass infolge einer unmerklichen Bewegung des Eisfeldes der Forward während der Nacht des 18. zum 19. wieder alles verlor, was er durch so viele Strapazen gewonnen hatte, am Samstagmorgen befand er sich wieder im Angesicht des Teufelsdaumens, der stets drohte, und in einer noch bedenklicheren Lage; die Eisberge wurden häufiger und fuhren Phantomen gleich im Nebel vorüber.
Shandon war vollständig entmutigt; offen gesagt, der Schrecken drang in das Gemüt dieses unverzagten Mannes und in die Herzen seiner Mannschaft. Shandon hatte vom Verschwinden des Hundes reden gehört, aber er wagte