7 Engel. Karin Waldl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Waldl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960744313
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war ich in Tofino, weil eine neue vielversprechende Walforschungsstation eröffnet hat. Dr. Peter Cetus leitet die Forschungen, ein überaus begabter und charmanter Mann, wie sich im Interview herausstellte. Er hat mir versprochen, dass ich regelmäßig Informationen über die Forschungsergebnisse erhalte. Stell dir vor, um wie viel leichter meine Arbeit dadurch wird, eine so verlässliche Quelle zu haben. Jetzt steht einer Kolumne über meine geliebten Meeressäuger nichts mehr im Weg.

      Elina, ich bin so glücklich, nichts erinnert mich hier an unsere harte Vergangenheit. Nur du fehlst mir jeden Tag mehr.

      Ich würde so gerne noch mehr schreiben, aber ich muss wieder einmal gehen. Die Arbeit ruft.

      Gott segne dich.

      Deine Ruth

      Nach zwei tränenverhangenen Wochen, in denen Elina bei der Arbeit einfach funktionierte, um daheim weiterzutrauern, verdichteten sich ihre Gedanken in eine bestimmte Richtung. Sie hatte ihr Leben von vorne bis hinten durchleuchtet, alle ihre Entscheidungen überdacht und kam nun zu einem Entschluss. Nur einer konnte die Leere ihres Herzens wieder auffüllen: Jesus.

      Sie hatte es die ganze Zeit gewusst, seit ihrer Kindheit, nur wollte sie es lange nicht wahrhaben. Gott würde ihren Schmerz lindern und mit ihr gehen, bis zum Schluss. Sie würde Laurenz noch lange nachtrauern, aber sie hatte nun einen Freund, der sie an der Hand nahm.

      Erneut las sie den Psalm 91, diesmal mit mehr Hoffnung und Liebe, sie saugte die Worte auf wie ein Schwamm. Sie wollte das Erbe ihrer Eltern antreten, so wie Ruth es schon immer tat. Sie wollte ihr Leben mit Gott gehen und seinem Willen folgen. Sie war jetzt bereit, ihre Bestimmung anzunehmen. Elina versuchte sich zu erinnern, wie man mit Gott sprach. „Herr Jesus Christus, verzeih, dass ich nicht auf dich gehört habe, dass ich geglaubt habe, die Affäre mit Laurenz könnte das Loch in meinem Herzen kitten, das durch den Verlust meiner Eltern und meines Glaubens entstanden ist. Seitdem Ruth weg ist, fühle ich mich noch einsamer und Laurenz verstärkte dieses Gefühl im Endeffekt noch. Bitte vergib mir und zeig mir den richtigen Weg, erfülle mich wieder mit Liebe.“

      Elina redete sich alles von der Seele und spürte wohligen Frieden in ihrem Herzen, diesen Frieden, der immer von Malak ausging, wenn er sie besuchte. Elina hatte sich mit Gott versöhnt.

      Sie blickte auf und sah die sieben Engel vor sich stehen, irgendwie hatte sie das sogar erwartet. Dieses Mal erschrak sie nicht.

      Malak grüßte sie und verkündete: „Elina, ich möchte dir etwas aus meiner Erinnerung zeigen.“

      Sie sah in seine saphirblauen Augen, seine Berührung ließ sie erschauern, diese unbeschreibliche Liebe erfüllte sie, der ewige Friede des Herrn legte sich wie ein Mantel über sie. Plötzlich schossen Bilder durch ihren Kopf.

      Sie sah Malak und seine Gefährten vor sich und hörte eine Stimme, die erfüllt von Sanftmut und großer Stärke sprach: „Malak, du wirst fallen, um eines meiner geliebten Kinder zu mir zurückzuholen. Ich stelle dir sechs Begleiter an die Seite, sieben Engel, die mir treu ergeben sind. Dein Opfer wird die Freude über das in unsere Gemeinschaft zurückgekehrte Kind ermöglichen, der Himmel wird jubeln. Mein Dank ist dir gewiss. Aber sei auf der Hut, es wird nicht leicht sein, Elina zu überzeugen. Doch ich habe Großes mit ihr vor, sie soll meine Worte und meine Liebe zu den verwaisten und vernachlässigten Jugendlichen Englands bringen. Sie werden sie ernst nehmen, da sie eine von ihnen ist. Der Weg dorthin braucht seine Zeit, es werden ihr einige Fehler unterlaufen, aber sie wird lernen, zu beten und um Verzeihung zu bitten, und ich werde sie ihr jedes Mal gewähren. Sie wird sich von mir trösten lassen. Sie wird wissen, dass ich ihr Hirte, ihr Lehrer und ihr Herr bin, damit sie meine Liebe spürt und mir vertraut. Malak, du und die anderen sechs werdet sie auf diesen Pfad führen und sie lenken. Du wirst in ihren Garten stürzen, doch dein Leid ist Teil meines Planes und ich werde dir in deinem Schmerz beistehen, ich werde dich heilen, damit Elina Stück für Stück in meine Nähe zurückkehrt. Wenn es an der Zeit ist, wirst du ihr dieses Gespräch zeigen. Danke, Malak, erfülle meinen Auftrag! Mein Segen sei mit euch!“

      Plötzlich waren die Bilder verschwunden.

      Elina versuchte klar zu denken. „War das Gottes Stimme?“

      Der Engel nickte, obwohl sie die Antwort schon kannte. Sie konnte sie spüren.

      „Warum kann ich Gott nicht sehen?“

      „Es ist euch Menschen nicht bestimmt, zu Lebzeiten Gott zu sehen“, antwortete Malak. „Elina, dein Auftrag ist es, für die Jugendlichen Englands ein Lichtblick zu sein.“

      „Aber wie?“, stammelte sie unsicher.

      „Gott wird dich leiten und dir die richtigen Menschen zur Seite stellen. Er wird dir die richtigen Worte in den Mund legen. Habe Vertrauen! Auch wir werden uns wiedersehen. Bis bald!“

      *

      Kapitel 8

      Elina ärgerte sich über die defekte Kaffeemaschine. Trotz unprofessioneller Reparaturversuche, gutem Zureden und schließlich wütendem Gezeter wollte kein Tropfen der koffeinhaltigen Brühe in der Kanne landen. Sie gab auf, dann eben keinen Kaffee zur frühen Morgenstunde. Eine kalte Dusche würde hoffentlich einen ähnlich aufmunternden Effekt haben. Frustriert zog sie in Richtung Badezimmer ab. Bevor Elina zur Arbeit ging, checkte sie noch ihre E-Mails. Sie fand eine von Laurenz in ihrem Posteingang.

      Liebe Elina!

      Ich habe ein neues Filmprojekt begonnen, das mich den ganzen Tag und die halbe Nacht vereinnahmt. Ich hänge mich voll rein, um nicht ständig an dich denken zu müssen. Im Geiste bin ich immer noch bei dir unter der Weide.

      Ich arbeite an einem Western mit dem Titel „The Son of the Sundown“, in dem ich eine wichtige Nebenrolle ergattert habe. Ich spiele den Sohn des Hauptdarstellers, der verzweifelt versucht, seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Sein bisheriges Dasein war gekennzeichnet von Gewalt, Mord und Diebstahl. Er möchte aber seinem Sohn etwas hinterlassen, wodurch er stolz an seinen Vater zurückdenken kann, wenn er einmal tot ist. Der Weg dahin ist lang und steinig. Mehr darf ich dir noch nicht verraten, aber vielleicht ist es besser, du siehst dir den Film später im Kino an. Dann sind wir wieder ein Stück weit verbunden.

      Wenn ich meine Sache gut mache und in dieser Rolle brilliere, könnte dies mein Sprungbrett zur ersten Hauptrolle sein. Drück mir die Daumen, dass ich es nicht vergeige. Ich bin nun so nah dran, meinen Traum zu verwirklichen. Wie gerne würde ich diese glücklichen Stunden mit dir teilen.

      Dein Laurenz

      In Gedanken war sie bei ihm, aber etwas hatte sich verändert, der Schmerz war nicht mehr überwältigend. Das erste Mal hatte sie das Gefühl, sich auf dem Weg der Besserung zu befinden. Das Loch in ihrem Herzen schien von einer dünnen Haut überspannt zu sein, die hoffentlich nicht wieder aufriss, bevor die Wunden ganz verheilt waren. Elina wagte es, vorsichtig daran zu denken, dass die Narben, die irgendwann in ihrem Herzen verbleiben würden, erträglich sein konnten.

      Nach einer raschen Antwort begab sie sich pünktlich in die Arbeit. Es war ein wunderschöner Septembertag, Elina schien aus ihrem Dämmerschlaf erwacht zu sein. Sie konnte wieder die Schönheit der Natur genießen, das satte Grün des Sommers fing an, dem Farbenkleid des Herbstes zu weichen. Das Gefühl von Sonnenwärme auf ihrer Haut war angenehm, sie begann wieder, die Welt um sich herum wahrzunehmen.

      Elina sperrte den Laden auf, legte ihre Arbeitskleidung an und begann sauber zu machen. Sie hatte noch dreißig Minuten, bis die erste Kundschaft kam. Dann musste alles zur Zufriedenheit der verwöhnten Damen sein.

      Heute war Elina dran, den Frühdienst zu machen, aber normalerweise war ihre Chefin Savina Cabello trotzdem schon im Geschäft, um ihr auf die Finger zu sehen. Sie gab ihr keinen Grund, misstrauisch zu sein, es entsprach vielmehr der Natur von Savina, alles kontrollieren zu müssen. Sie war der penibelste Mensch, den sie kannte, aber es störte sie nicht. Elina hatte nicht vor, schlampig zu arbeiten oder gar ihre Chefin zu hintergehen.

      Elina machte