Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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Dein Glück;

       Einsam, o Trüber,

       Bleibst Du zurück.

       Feindliches Bangen

       Hält Dich gefangen,

       Nicht mehr in Hoffnung erhebt sich Dein Blick.

      Schauest nicht weiter

       Sehnend hinaus;

       Blutender Streiter,

       Ruhe nun aus.

       Sah'st wie die Blüthen

       Alle verglühten

       Wandelst entsagend in's friedliche Haus.

      Es muß wohl solche Gemüthsstimmungen geben, sagte Adalbert, aber ich habe sie noch nicht erfahren. Mir kommt jeder Fortschritt vor, wie die Stufe einer unendlichen Leiter, drauf ich beständig bergan klimme, mit der neuerstiegnen, auch eine neuzuersteigende gewahrend. Als Mathilden das erste Geständniß der Liebe von den Lippen flog, war's als verhieß es mir eine Krone, die uns Glückliche mit dem rechten Schimmer bestrahlen sollte.

      Du bist immer glücklich gewesen, antwortete Alwin. Du hast nur gewollt was Du erringen konntest. Mit mir verhält es sich anders. Ich weiß, daß ich die Arme nach einer Wolke ausstrecke, und der Augenblick, wo mir's erschien und auch nicht erschien, wo Täuschung und Wahrheit sich auf's innigste durchdrangen, das ist der höchste und der einzige meines Lebens. Ich drücke mich schon wieder verworren aus, ich weiß selbst nicht recht was ich will, und müßte unendlich viele Lieder erfinden und singen, wenn ich Dir begreiflicher machen sollte, was mich quält und freut.

      Nur eins von den vielen, sagte Adalbert.

      Recht gern, erwiederte Alwin, und sang:

      Morgenroth und Abendroth,

       Sagt, wannehr in Eins verglommen,

       Sagt, in Liebe wann verschwommen,

       Keines mehr des Andern Tod?

      »Wenn die Glocke zwölfe schlägt,

       Mittags, wenn die Arbeit ruht,

       Keiner was ihm mißhagt thut,

       Und der Tisch das Essen trägt,«

      Ach, da klingt's ja nimmermehr

       Von Gesang in hohen Lüften,

       Haucht's ja nicht von Blumendüften,

       Wird das Leben dumpf und schwer.

      »Ist doch in der Möglichkeit

       Möglich nichts als diese Art.

       Willst Du's Anders? Das bewahrt

       Traum in luft'ger Nichtigkeit.«

      Lust'ges Dichten, träumend Nichts,

       Nicht'ger Traum, o sei willkommen,

       Bin die Kerze, gern entglommen

       An den Spielen Deines Lichts.

      Hier wurden sie unterbrochen. Es kamen Meldungen von einem feindlichen Haufen, der sich rechterhand des Marsches, in der Entfernung von einigen Stunden gezeigt habe. Alwin erhielt den Auftrag, mit hundert Reitern nach der benannten Gegend hinzustreifen, um zu erfahren, was an dem Gerüchte sei, wo möglich auch den Feinden etwas abzugewinnen.

      Er brach auf, und marschirte den übrigen Theil des Tages schnell und mit vielen ausgesandten Blänkern fort. Die Nachrichten von der Nähe des Feindes bestätigten sich: er sollte ziemlich stark sein, wohl stärker als Alwins Haufen, aber ängstlich und schleunig weiter ziehn, als habe er etwas Wichtiges zu geleiten. Alwins Halberstädter begehrten laut, fast ungestüm, man solle die Katholiken verfolgen; er selbst fühlte sich von den kühnsten Hoffnungen begeistert, einige alte Reiter nannten sich des Landes kundig, man zog fort, zum Trotz der einbrechenden Nacht.

      Es war bereits ganz finster geworden, im Walde hatte man ohnehin vor den hohen Baumwipfeln schon früher den Boden nicht mehr mit Sicherheit unterscheiden können, und nun hielt der ganze Trupp am Rande eines tiefen Hohlweges. Die Blänker waren mit ungewissen Nachrichten zurückgekommen, und die sich der Kenntniß der Gegend gerühmt hatten, gestanden nun ihre Unfähigkeit, irgend eine sichre Richtung anzugeben. Man rückte ungewiß und still neben dem Hohlwege fort. Drunten schien sich auch etwas zu regen. Alwin blickte mit Anstrengung hinunter, und sah Bewaffnete reiten. Endlich leuchtete fernes Licht von Fackeln heran. Sein Pferd ward darüber scheu, es glitt aus auf dem feuchten Moose, und stolperte in den Hohlweg hinunter. Unten jedoch riß es der Reiter wieder in die Höh', und hörte neben sich sagen:

      Das war ein harter Sprung! Wo hat's Euch denn auf die Klippen geführt?

      Alwin wußte nun, daß er unter Feinden war, schon aus der Mundart des Sprechenden, der weiter fortfuhr:

      Da oben reitet's ja noch. Seid Ihr denn allsammt besessen. Habt's nicht gehört, wie der Hauptmann expreß verboten hat, daß wir uns nicht mit Seitenwachen und dergleichen Zeugs abgeben sollten? S'hat hier keinen Feind, und Eins könnt' Arm oder Bein unnöthiger Weis' in Stücken brechen. Seid vielleicht vom zweiten Trupp?

      Alwin bejaht' es kurz und dumpf, um sich nicht zu verrathen.

      Konnts gleich denken. sagte ein Zweiter, der sich auf der andern Seite zu ihm gesellte. Da meint der junge Rheingraf, er hätt's allein begriffen, und könnt Ordonanz machen nach eignem Belieben. Ja, hat sich was! Weiß er doch nit mal wozu wir ausgezogen seind, und was wir g'fangen haben.

      Das wäre! erwiederte Alwin aufmerksam horchend, und zugleich umschauend nach seinem Trupp, der immer näher herankam, wie die Wand des Hohlwegs sich nach der Ebne zu abwärts senkte.

      Kannst es glauben, Kamrad, fing der Erste wieder an. Wir wissen's, und Dein Rheingraf weiß es nit. Willst's hören?

      Gern.

      Wir haben einen Fang gethan, einen Fang dergleichen nit mehr giebt. Schau! Da hat ein alter Ketzerobrist, Balderich heissen sie ihn, ein Töchterchen gehabt –

      Hat's nicht mehr? fragte Alwin zitternd.

      Freilich nit mehr, Du Narr, kam die Antwort zurück, aber wir haben's, haben's ihm aufgefangen wie es nach 'nes reichen Grafen Schlössern reiten wollte, an den er's verehlicht hat. Nun führen wir's in der Sänften dort hinter uns her, und der alte Ketzer muß Friede machen, und der Schwiegersohn uns die Schlösser öffnen.

      Alwin's Schwerdt war schon unter dem Mantel halb entblößt. Seine Reiter klommen neben ihm noch einen hohen Fußsteig entlängst; er mußte warten.

      Und will er nit, fuhr der Sprechende fort, so mag er's lassen. Wir scheeren uns nicks drum. Sie wird ein Kind der heil'gen Mutter Kirche. Immer des Gewinnstes g'nug. 'Ne enge Zell' ist schon bereit, Drathgürtel und Klostertracht, das Dämchen merkt es wohl, Thrän' auf Thräne weint's –

      Ihr blutet! schrie Alwin. Seine Klinge flog rechts und links in die Gesichter der beiden Schwätzer. Marsch, Halberstädter! rief er den Berg hinan. Es gilt! Um Leib und Leben! Ehr' und Lust! Marsch! Marsch!

      Sie glitten, stürzten, sprengten in den Hohlweg hinunter. Das Gemetzel ward allgemein.

      Wo die Fackeln wehten, wo die Sänfte unter trüben Schimmern sichtbar ward, dahin brach Alwin's Klinge sich Bahn. Die Feinde stürzten, wichen, riefen Pardon, Andre fochten in Verzweiflung; er hörte, er sah nichts als die Thränen der Geliebten. Einige Halberstädter drangen ihm nach; Einer von ihnen faßte die Fackel aus den Händen des Feindes, den Alwin eben niederhieb, der Nächste riß die Thür der Sänfte auf, und Alinens bleiches, wunderliebliches Antlitz glänzte dem jungen Sieger entgegen in der seltsamen Beleuchtung. Er sprang aus dem Sattel, ein dankender Blick fiel auf ihn aus den himmlischen Augen, anbetend beugte er die Kniee. Victoria, Victoria! scholl es von allen Seiten her. Die Nächsten riefen es nach, und ließen Braut und Bräutigam hoch leben, denn das waren, meinten sie, die Gerettete und der Retter. Still! rief Alwin, wahnwitzige Thoren, still! Die Kriegsleute schwiegen erschreckt, er warf sich auf's Pferd, jagte an die Spitze des Zuges, und führte ihn gegen ein Städtchen hin, das auf dem Wege zu den Schlössern von Alinens Gemahle lag.