Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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und sie hatte ihre eigne Freude daran, wie der Jüngling unablässig auf ihre Augen blickte, und ihren Mund, als wolle er jeden Wink, jegliche Sylbe auffangen und bewahren, aber dennoch gar nicht verstand, was sie ihm von der Lage des Feindes und der seiner Kameraden vorsprach. Sie wiederhohlte lachend, er hörte lachend, und war noch so schlecht unterrichtet, als Gestern; da fiel ein Schuß im Thale. Die Gräfin schwieg, drei, viermal klang's wieder von abgefeuerten Musketen. Es ist nichts, sagte Alwin. Unsre Reiter streifen bis ganz in die Nähe, und haben vielleicht ein paar versprengte Feinde aufgefangen. Aber Flaminia stand bleich und zitternd vor ihm. Ihr habt Recht, sagte sie, es ist nichts, ich weiß es, sollt' es wissen, auf alle Fälle ist meine Burg fest, sehr fest – auch schützt mich der tapfre Jüngling, dessen Klinge Heut früh der Uebermacht den Sieg entriß – ich bin närrisch mit meiner Furcht. Dabei aber zitterte sie immer heftiger.

      Eure Aengstlichkeit betrübt mich, sagte Alwin. Ich darf nun gar nicht einmal wünschen, es möchte Ernst werden, und doch, – welch ein Glück, Euch zu vertheidigen!

      Indessen war es seit einigen Minuten still geblieben, in Flaminien's Wangen kehrte die gewohnte Rosenfarbe zurück, sie warf sich lachend auf die Rasenbank, und sagte: lächerlich furchtsam bin ich; dies ist wahr. Aber es wird wohl Heute nicht mehr schießen, und hat uns wahrscheinlich blos erinnern wollen, unser Geschäft ernsthafter zu treiben. Höre mich nun hübsch aufmerksam an, aufmerksam! Ich will es!

      Sie theilte ihm nun abermals mit, was er wissen sollte, und mit so vielem Ernste, daß er ihre Rede fast Wort für Wort behielt.

      Jetzt reite, muntrer Ritter, sagte sie am Beschluß. Flügel Deinem Roß über die grüne Heide!

      Er küßte zum Abschied die zarte Hand, und sprengte wie neu belebt im Abendlichte den Hügel hinab.

       Inhaltsverzeichnis

      Adalbert und Hartwald hatten ihre Truppen in ein gemeinschaftliches Lager vereinigt, und Alwin fand bei seiner Rückkehr die Hauptleute zusammen. Nach Abstattung seines Rapports sagte Hartwald: es ist Alles gegangen, wie ich hoffte, wenigstens in dem, was für uns das Wichtigste gilt. Nun aber erbitte ich mir für den Rest des Abends unsern jungen Freund als Gast. Wir haben noch mancherlei zu besprechen.

      Dabei faßte er Alwin unter den Arm, und führte ihn nach seinem Gezelte, vor welchem sie eine Abendmahlzeit bereitet fanden, und so, daß sie die Aussicht in ein heitres, angebautes Thal vor sich hatten, von der sinkenden Sonne beschienen.

      Ich würde einen andern Gesandten erwählt haben, sagte Hartwald, wenn ich früher hätte wissen können, daß Ihr ein Bräutigam seid, und zwar ein getreuer. Es ist aber auch so Alles recht gut. Ihr gefallt Flaminien, wie Eure Aufnahme mir beweist, und darauf kommt es hauptsächlich an. Das Uebrige macht mit Euch selbst aus.

      Ich bin kein Undankbarer, erwiederte Alwin lächelnd. Eure Wahl führte mich in das irdische Paradies ein, und ich würde mich vor der verbotnen Frucht zu hüten wissen, auch wenn keine heiligre Bande mich fesselten.

      Ihr betrügt Euch, sagte Hartwald, und schreibt mir ein Glück zu, dessen ich nicht theilhaftig bin. Die nähere Bekanntschaft mit mir soll Euch erklären, warum dies unmöglich ist. Ueberhaupt bildet Euch nicht ein, Flaminia stehe so leicht zu erobern, als man es denken möchte wenn man sie beim heitern Mahle sich gegenüber sieht, oder sie und ihre Gespielinnen ein lustiges Liedchen singen hört. Sie ist eben keine Nonne, aber wunderbar fest in ihren Entschlüssen; nur wenige Männer gefallen ihr, und sie würde ehe den bittersten Tod erdulden, als dem Ungeliebten ein günstiges Wort verstatten. Dabei ist sie immer ein sehr furchtsames Reh, wie sies Euch durch einen Zufall gezeigt hat. Ich bemerkte dies Alles größtentheils bei unsrer ersten Bekanntschaft. Ein Hauptmann von den Katholischen hatte sich in sie verliebt, hübsch, jung, von gutem Hause; indeß konnte sie ihn nicht leiden, ohne zu wissen warum. Ihr freies Betragen entflammte seine Hoffnungen; die unerwartet abschlägige Antwort reizte ihn zur Wuth. Seine ganze tolle Schaar berennte ihr Schloß, Feuerbrände flogen hinein, Kugeln gegen die Mauern, und während sie in der entsetzlichsten Angst war, und winselte und weinte, versprach er, alsbald abzuziehen., um einen einzigen Kuß; sonst dringe er ein, und mit ihm die ausgesuchteste Rache. Flaminia schlug jede Gewährung ab, und fuhr fort zu jammern. Als ich den Feind vertrieben hatte, und in's Schloß kam, fand ich sie mehr todt als lebendig vor Angst, aber sie erhohlte sich auch gleich wieder, und wir speisten äußerst vergnügt mit einander zu Abend.

      Was meint sie denn mit den drei Rosen, die man beim Einlaß in's Schloß nennen muß? fragte Alwin.

      Emil, rief Hartwald nach dem Zelte hinein, sing uns doch einmal Flaminiens Romanze. Es ist ein altes Liedchen, fuhr er gegen Alwin fort, das ihr so ausnehmend gefällt, und von dem sie die Losung gewählt hat.

      Der hübsche Page war indessen heraus getreten, hatte seine Zither gestimmt, und sang:

      Mein Knappe, wie kommst Du an Stirn und Brust

       Und Arm von Blute so roth,

       Und reitest als wie in erquicklicher Lust,

       Als gäb' es nicht Jammer noch Noth?

       Drei Rosen, sang er, drei Rosen,

       Die pflückt' ich aus feindlichem Tosen,

       Die pflückt ich aus drohendem Tod.

      Und als er kam vor das Königshaus,

       Der junge siegende Held,

       Da trat die Königinn selber heraus:

       Nun fordre, was Dir gefällt.

       »Drei Rosen, hätt' ich drei Rosen,

       Wie wollt' ich noch hundertmal losen

       Um's Leben auf eisernem Feld!

      Die Königinn wußte, was Helden gebührt;

       Was Helden kann machen gesund.

       Da haben ihn schweigende Mägdlein geführt

       In Zimmers verschwiegenen Rund.

       Drei Rosen gab sie, drei Rosen,

       Drei Küsse mit freundlichem Kosen

       Von ihrem hellrosigen Mund.

      Und drauf im erleuchteten, festlichen Saal

       Stand Herzog und Grafe bereit,

       Da sagte die Herrin zu dieser Zahl

       Sei künftig mit Ehren gereiht,

       Und heiße der Ritter von Rosen,

       Und führ' im Wappen drei Rosen,

       Und rosenfarb Helmbusch und Kleid.

      Du hast Deine Sache recht gut gemacht, Emil, sagte Hartwald, und kannst billig den besten Sängerlohn verlangen. Nimm hin! Und mit diesen Worten reichte er ihm einen goldnen Becher. Der Page nahm ihn lächelnd an, und tauchte seine schwellenden Lippen in die Gluth des Weins indeß Alwin, als bemerke er einen lange Verkannten, plötzlich emporschaute; diese Lippen waren es, welche er in der Einsiedelei sich auf ähnliche Weise in den Wein hatte tauchen sehn, und Emil stand als Emilie vor ihm, als die entführte, reizende Nonne.

      Kennt Ihr uns nun? rief Hartwald lachend. Ich wußte früher, woran ich mit Euch war, aber Ihr konntet Euch nur aus den Zügen meiner hübschen Begleiterin zurecht finden. O Ihr Mädchenspäher! Und Ihr wollt ein getreuer, ordentlicher Bräutigam sein, vielleicht gar nach beendigtem Feldzug ein verständiger Ehemann. Um Euch ist's Jammerschade. Wenn Eure Braut hübsch ist, und Euch lieb hat, warum thut sie nicht wie meine holde Emilie; durch Marsch und Waffenlerm dem Liebsten nacheilend? Die lästigen Verwandten hätten alsdann das Nachsehn. Ihr glaubt nicht, wie herrlich wir leben in unsrer unbeschränkten Freiheit, jegliches in der Lust der ersten Liebe, weil uns kein äußres Band hält, und wir immer besorgt sind, ein schönrer, ein lockenderer Buhle könne uns des trauten Genossen berauben. Deshalb schafft uns die Furcht ein innres erneutes Ringen nach dem liebsten Preis. So solltet Ihr leben, Alwin, und taugt Eure Beatrix nicht dazu, so laßt sie laufen. Freilich wird es nicht Jedem so gut, als uns Beiden,