An einem der fröhlichen Abende, welche der Abglanz jener Lust herbeiführte, tanzte Alwin mit Alinen. Er verlor sich Heut mit süßer Wehmuth in das Anschau'n der immer bleichern, immer lieblichern Gestalt. Hart schien ihm seine eigne Berührung, indem er sie durch den Reigen führte, zu grell der Lichtschimmer auf so milden Zügen, nichts im Saale zart genug für seine holde Gefährtin.
Da trat Friedebert, durch den Wein von aller Blödigkeit entzaubert, während einer Pause des Tanzes zu Alinen. Ihr Freund bemerkte, daß sie nach den ersten Worten gleich das Gesicht erröthend und unwillig umwandte, wodurch sich aber Friedebert gar nicht im Reden stören ließ. Alwin trat hinzu, und vernahm plumpen Spaß über Anselmo's Entfernung. Ich hoffe, Friedebert, sagte er, Ihr vergeßt die Achtung nicht, die Ihr meiner Tänzerin schuldig seid. Euer Gespräch mißfällt ihr; habt Ihr das bis jetzt noch nicht bemerkt, so macht Euch nun meine Warnung fein zu Nutze.
Freundchen, rief Friedebert, Ihr thut ja gewaltig zornig. Aber auf Euer Wort kann ich so gradehin nicht glauben, daß mein Gespräch der Dame mißfalle. Es handelt –
In der That, sprach Aline, es mißfällt mir, es beleidigt mich. Thränen füllten bei den letzten Worten ihre Augen.
Es verändert sich Alles, rief Friedebert. Man darf hier vielleicht Anselmo's nicht mehr erwähnen. Der Herr Bräutigam dort und ehemalige Vertraute ist wohl sein Nachfolger geworden.
Genug, sagte Alwin, mit unterdrückter Wuth, und flüsterte leise in des frechen Ohr: Mit hinaus! Die Nacht ist mondhell, unsre Klingen leuchten ausserdem wohl genug.
Der berauschte Friedebert wollte ihm folgen, aber andre junge Edelleute traten dazwischen, und erinnerten den zürnenden Alwin an seines Gegners Zustand, wie auch an die Ehrfurcht, die er Mathildens Feste schuldig sei. Man bestimmte daher eine Stunde des folgenden Morgens, wo man sich in der Reitbahn treffen wolle, dem Schauplatz aller ritterlichen Uebungen dieses jungen Adels, wozu man billig auch den ernstern Kampf mit scharfen Klingen zählte.
Aline hatte wohl bemerkt, weshalb der hitzige Wortwechsel so schnell verstummt war. Sie fragte jedoch ihren Freund nicht danach, eine würdige Tochter Balderichs, welche keine Frauenvermittlung in den Streit der Ehre zu bringen wagte, ob er gleich um ihrentwillen begonnen war. Auch verbarg sie die ganze Sache sehr geschickt vor Beatrix, und man ging heiter auseinander, indem sie dem jungen Ritter halb ängstlich, halb lächelnd zuflüsterte: viel Glück auf Morgen.
Die Kampffertigen nebst ihren Begleitern traten zur bestimmten Zeit in die Bahn, und fanden dort den Feldobersten Adalbert, der einen prächtigen Hengst, glühend an Farb' und Muth, zwischen Zaum und Schenkel hielt. Er sprang von seinem Pferd, und ließ es hinausführen, sobald er an der jungen Leute Eintritt und Wesen sah, was sie eigentlich wollten. Die Herr'n, sagte er, haben doch hoffentlich nichts dawider, daß ich mich als ungebetnen Gast und Zeugen eindränge?
Unter Euern Augen zu fechten! rief Alwin. Ich hätte mir's im Traume nicht besser gewünscht, aber auch nur Euch als fremden Zeugen gelitten. Klingen auf! Friedebert!
Wir haben noch einige Worte vorher zu reden, sagte ein andrer junger Edelmann. Alwin, es ist nur eine Kleinigkeit, welche Dich und Friedebert entzweit hat, und ich dächte, wir könnten unsre Schwerdter besser brauchen, als sie bei jeder leichten Zänkerei schartig hauen.
Mir scheint die Sache weder leicht noch Kleinigkeit, erwiederte Alwin. Ich will mich schlagen.
Du nimmst keine Erklärung an?
Nein.
Auch nicht, wenn Friedebert zu Alinen geht, und sie um Verzeihung bittet?
Nein. Ich mag nicht die Schuld davon tragen, daß man sie an die gestrige Unschicklichkeit erinnert. Ohne Zweifel hat sie das Betragen Friedeberts schon lange vergessen, und kann überhaupt durch so etwas gar nicht beleidigt werden; ich stehe hier für mich selbst.
Du willst also durchaus nichts anders, Alwin, sagte der Vermittler. Sei es dann, aber nicht Heute; denn Friedebert hat eine besorgte Mutter, die in acht Tagen abreist, und alsdann steht er Dir zu Dienst.
Aber ich ihm nicht, antwortete Alwin. Ich halte ihn für einen Feigen, wenn er sich Heute nicht mit mir schlägt. – Kamraden, fuhr er fort, rings um sich schauend, Euer Urtheil ist es, das ich fordre. Ich bin der Beleidigte, ich will meine Genugthuung Heute und nicht Morgen. hat er eine besorgte Mutter. so richte er sich mit seinem Betragen darnach ein. Es ist geschehn, was er vermeiden sollte, ertrage er nun die Folge.
Die Andern standen zweifelnd. An den tapfern Feldobersten hier würde ich mich wenden, rief Alwin, nur daß er es wohl verschmäht. sich in unsern Knabenstreit zu mischen.
Wer sagt Euch das? fiel Adalbert ein. Ich sehe wackre junge Edelleute zusammen, und es sollte mir sehr leid thun, wenn sie auf unrechten Weg geriethen. Alwin hat Recht. Heut' oder gar nicht.
Friedebert hatte bei diesen Worten schon gezogen, keine Einrede fand mehr statt, die Klingen der Kämpfenden flogen wider einander. Anfänglich focht man geschickt und besonnen; Alwins Schulter blutete. Wie man's ihm zurief, drang er wüthend ein, alle Paraden verachtend, sie öfters durchhauend, bis Friedebert taumelte. Er war in's Gesicht getroffen, und reichlich strömte Blut aus der Stirnwunde über die bleichen Wangen. Um Gotteswillen! schrie Alwin. Hülfe! Hülfe! Weit flog sein Degen fort, er fing den Sinkenden auf.
Seid ruhig, braver junger Mensch, sagte Adalbert ihn zurückziehend. Ich habe schlimmre Wunden gesehn, und diese ist nicht tödtlich.
O, wenn ich in Eurer Schule die glorreichern austheilen könnte und empfangen, rief Alwin.
Adalbert hielt die Hand hin, der Jüngling schlug ein, und ihr Bund war geschlossen. Die Braut wird wohl schelten, fuhr der Feldoberste fort, aber ich bring' ihr den Liebling so zurück, daß Beide bekränzt zum Altare gehn können. Lorbeer und Myrte passen gut zusammen.
Vierzehntes Kapitel
Beatrix weinte über Alwin's Entschluß, ihre Aeltern nannten es einen seltsamen Einfall, vom Verlobungsfest in den Krieg zu gehn, alle Verwandte zuckten bedauernd und zweifelnd die Achseln. Und dennoch hielt diese Unzufriedenheit nicht lange vor. Es war, als müsse die Wahrheit auf irgend eine Weise den Sieg erfechten, und jedes Auge für das Rühmliche in Alwin's Vorsatz erschließen. Er nahm sich gut in der neuen Kriegstracht aus, und der mächtige Adalbert ehrte ihn durch vertrauliche Annäherung, die reichen und edlen Jünglinge in dessen Gefolge, kamen ihm liebevoll entgegen, so daß bald für seine äußren Verhältnisse mehr gewonnen als verloren schien. Die Eltern und Verwandten zeigten sich nun freundlicher, Beatrix heitrer (ein Feldzug ist ja bald vorüber!) kurz, Alles schien ihm den erwählten Pfad schmücken zu wollen.
Als ihn Adalbert Mathilden in der neuen Würde vorstellte, sagte sie: tausendmal willkommen, junger Held. Euer Meister wird Euch auf den Pfad Eurer Ahnen lenken, und Euch ein beßres Hochzeitfest bereiten, als die galante Existenz in unsrer Stadt verheißen konnte. Freilich hatten Thorwald und ich noch Andres mit Euch im Sinn, vielleicht Beßres –
Erlaubt, sagte Thorwald hinzutretend, daß ich Euch unterbreche. Wozu den Blick des Wettläufers ablenken auf fremde Bahnen, nachdem er die seinige einmal betreten hat! Ich wünsche Euch von Herzen Glück, lieber Kriegsmann, und nehme meine Verlobungsrede zurück. Zwar wenn Ihr einst begreift, wie das Schwerdt nicht am höchsten Platz auf unsrer