Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845353784
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drehte sich zu ihr um. »Wie kommst du darauf, dass ich das tue?«

      »Weil du jetzt völlig anders bist als dort draußen.«

      »Sind wir das nicht alle? Haben wir nicht alle ein Ich für die Menge, die uns zuhört?«

      »Ich nicht«, sagte Gisso Appelles.

      »Darum warst du eine gute Residentin, all die Jahre. Aber die Zeiten ändern sich. Und deshalb werde ich für die Zukunft ein besserer Resident sein.«

      »Dich plagen keine Zweifel, ob du gewinnen wirst?«, fragte Adams.

      Coen lächelte.

      Auch Adams glaubte, das Ergebnis der nächsten Wahl bereits zu kennen. Und er hatte kein schlechtes Gefühl dabei.

      »Mit der Phase Neuland hast du die Neubesiedlung dieses Solsystems ausgerufen«, sagte Coen. »Ein Schritt in die richtige Richtung. Ich werde mit Phase VASCO DA GAMA weitergehen. Ich sehe Schiffe einer neuen ENTDECKER-Klasse vor mir – der VASCO-Klasse. Sie sollen die Sonnensysteme ansteuern, die wir mit einer anstrengenden, aber machbaren Reise unter den hiesigen Bedingungen gerade noch erreichen können.«

      »Es ist zu früh für eine Besiedlung«, mahnte Gisso Appelles.

      »Wer schreibt dieses Gesetz vor? Du?«

      »Die Vernunft.«

      »Ach?« Tomasso Coen schnappte sich erneut sein Glas und trank. »Der Vernunft will ich mich selbstverständlich nicht verschließen. Erstes Ziel: keine Besiedlung, sondern Informationsbeschaffung und potenzielle Kontaktaufnahme mit neuen Völkern.«

      »Wieso habe ich das Gefühl, dass du dieses Gespräch genau so geplant hast?«, fragte Adams.

      Coen hob die Schultern. »Ich weiß nichts über deine Gefühle. Ich bin bloß ein Terraner wie alle anderen.« Er tat überrascht. »Oh. So viel also zu der Rolle, die wir spielen. Oder auch nicht.«

      »Immer wenn ich denke, ich verstehe dich«, sagte Gisso, »gibst du mir neue Rätsel auf.«

      »Wäre es sonst nicht langweilig?« Coen setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Zurück zu den VASCO-Schiffen. Spürt ihr nicht die Aufbruchsstimmung auf Terra? Seid ihr wirklich taub und blind dafür geworden? Da draußen wartet ein ganzes Universum darauf, entdeckt zu werden – bekannt und doch völlig unbekannt!«

      Die Residentin ging zur Sichtscheibe, stützte beide Hände daran ab, lehnte die Stirn dagegen. In diesem Moment, fand Adams, sah sie unendlich müde aus.

      Ein Touristengleiter zog vorbei, sehr nah, offenbar auf Besichtigungstour. Unter anderem saß einer der wenigen Blues darin, die es auf Terra noch gab. Er streckte den Arm aus, drehte den Tellerkopf, und der Mund im dünnen Hals stand weit offen. Wahrscheinlich fiepte er überrascht im Ultraschallbereich. Im nächsten Augenblick war er vorbeigezogen.

      »Dann will ich dich ebenfalls überraschen«, sagte die Residentin. »Ich trage diese Entscheidung schon länger mit mir herum, und dieses Gespräch macht es mir einfacher. Ich werde mich nicht erneut zur Wahl stellen, aber dich als meinen Nachfolger empfehlen.«

      »Was?«

      Gisso sah zufrieden aus. »Es wäre doch langweilig, wenn du alles vorausberechnen könntest, nicht wahr?«

      *

      »Ich habe genug getan«, sagte Gisso später. »Ich war sechzig Jahre Residentin. Vielleicht gäbe es eine Chance auf eine neue Amtsperiode, aber ... ich hatte meine Zeit.«

      Sie waren zu dritt auf der Aussichtsterrasse im Appelles-Turm; allerdings war Tomasso Coen mittlerweile gegangen, stattdessen leistete ihnen auf Bitten der Residentin Amalia Gesellschaft.

      »Ich möchte, dass du als mein Advisor meine Entscheidung verstehst«, fuhr Gisso fort. »Und es mir nicht übel nimmst, dass ich sie ohne Beratung mit dir getroffen habe.«

      »Das kannst du selbstverständlich«, sagte Adams. »Meine Befugnis umfasst nicht ...«

      »Es geht ihr nicht um Befugnisse«, unterbrach Amalia. »Sondern um Freundschaft. Also um etwas, das prinzipiell sehr gut ist, in den hohen Ämtern, die ihr bekleidet, jedoch vielleicht hinderlich sein kann.«

      Gisso Appelles lachte. »Ich bin froh, dass ihr mir zur Seite steht. Mein offizieller Advisor und dessen eigene inoffizielle Advisorin. Ich darf mich wirklich glücklich schätzen, einer der drei Menschen gewesen zu sein, die die ersten Jahre im Dyoversum maßgeblich geprägt haben.«

      »Und prägt«, sagte Adams.

      Die Residentin neigte den Kopf leicht. »Aber ich darf mich zurückziehen, im Unterschied zu euch beiden.«

      »Oh, ich kann das ebenso gut«, widersprach Amalia. »Ich tue es täglich, weil ich kein öffentliches Amt tragen muss.«

      »Trotzdem bleibst du wegen Homer zu nahe dran, um die Verantwortung wirklich loszuwerden«, sagte Gisso.

      Amalia pfiff vergnügt vor sich hin. »Jedem wird sein eigenes Joch aufgelegt. Doch eines Tages werde ich ihn allein lassen.« Sie legte Adams eine Hand auf die Schulter. »Und das ist sein Joch ... ein kleiner Chip in seinem Körper, der es ihm antut, dass er all seine Freunde überlebt.«

      Adams wollte etwas sagen, doch er brachte kein Wort heraus.

      Also schwiegen sie, schauten auf die Weiten von Terrania, und nach einer Weile konnte er die Stille genießen.

      *

      Jahre später, als die Phase VASCO DA GAMA längst lief und kurz davorstand, eine dramatische Wende zu nehmen, erinnerte sich Homer G. Adams an Amalias Worte über das wahre Joch, das er tragen musste.

      Und ihm kam das seltsame Grab im Ylatorium in den Sinn, gestaltet von Robotern, die auf unbestimmbare Weise mehr waren als bloße Maschinen.

      Das Grab, in das er diesmal blickte, sah weitaus konventioneller aus, ebenso die Schar der Besucher, die der ehemaligen Residentin die letzte Ehre erwiesen. Ihr Sohn stand in der Menge, mit seiner gesamten Familie, den vier Enkeltöchtern der Verstorbenen, den zwölf Urenkeln und ungezählten Ururenkeln sowie den Zwillings-Urururenkeln, die gerade ihre ersten Schritte taten und deren Geburt Gisso so sehr zum Lachen gebracht hatte.

      Eben beugte sich Resident Tomasso Coen zu den beiden – in seinen fünf Amtsphasen hatte er sich als ein zuverlässiger, besonnener Mann bewiesen, der seine Rolle als gelegentlicher Choleriker nach und nach abgelegt hatte.

      Adams trat an das offene Grab – Gisso hatte sich eine Erdbestattung gewünscht, im Schatten der alten Bäume, auf ihrem Privatgrundstück, am Ufer des Residenzsees.

      »Ich durfte Gisso Appelles als Advisor zur Seite stehen«, sagte er, »in einer Zeit, als die Zukunft unsicher war und niemand wusste, wohin es uns verschlagen hat und was die kommenden Tage bringen werden. Sie hat die Liga weise geleitet und das Zepter in die Hand des zweiten Residenten nach der Versetzung gelegt, der uns zu anderen Sternsystemen geführt hat.

      Damals hat sich Gisso in ihr Privatleben zurückgezogen, mit ihrer Familie. Diese Jahre, in denen ich ihr ein Freund sein durfte, hat sie sich verdient. Tomasso Coen mag nun ihre politischen Verdienste würdigen, ich möchte in Erinnerung rufen, was für ein Mensch sie war. Jeder Terraner und alle Gäste auf Terra und Luna, die die Versetzung zu neuen Bürgern gemacht hat, konnten sich auf sie verlassen. Sie hat dafür gesorgt, dass unser Planet auch in diesem fremden Zwillingsuniversum eine Heimat geblieben ist.«

      Er schloss die Augen und öffnete sie erst nach Sekunden wieder. Dann verließ er seine Position an der Spitze des Grabes ohne ein weiteres Wort, ging zurück zu Amalia und stellte sich neben sie.

      Während der folgenden Ansprache des aktuellen Residenten entdeckte er einen ungewöhnlichen Gast dieser Trauerfeier – einen bronzefarbenen Roboter, ganz am äußersten Rand der Menschenmenge. Adams fragte sich, wie viel mehr als bloße Maschinen die Ylanten letztlich waren.

      Nach der Beerdigung kam Tomasso Coen zu ihm. »Wir müssen reden, Advisor, und nein – leider bleibt auch an einem