Das Beratungsgespräch ist meist ein zeitaufwändiger, gleichberechtigter Dialog (vgl. Bechmann 2014: 172), der dem Erstgespräch entsprechen kann. Bei dieser Gesprächsform agieren die ÄrztInnen im Sinne des partizipativen Modells und nehmen hauptsächlich eine beratende Rolle ein. Schließlich geht es darum, Wissenslücken durch die aktive Miteinbeziehung der PatientInnen zu füllen (vgl. Bührig/Meyer 2015: 309).
Das Überbringen schlechter Nachrichten – in der medizinischen Literatur auch als bad news delivery bezeichnet – ist eine Gesprächsform, die durch einen hohen Grad an Emotionalität geprägt ist (vgl. Bührig/Meyer 2015: 308). Während des Überbringens schlechter Nachrichten können kulturell unterschiedliche Vortragsarten (vgl. Bührig/Meyer 2015: 308, Spranz-Fogasy/Becker 2015: 109) zu unerfüllten Normalitätserwartungen führen. Für ÄrztInnen stellt das Überbringen schlechter Nachrichten eine komplexe Gesprächsform dar: Die Mitteilung beginnt mit der Rekapitulation der vorigen Untersuchungen, damit die PatientInnen den Zusammenhang verstehen können: „Bad news werden also nicht expressis verbis mitgeteilt, sondern vor allem über eine stockende Formulierungsweise mit Zögern, Heckenausdrücken oder Pausen vermittelt“ (Spranz-Fogasy/Becker 2015: 109, Hervorhebungen nicht im Original). Darüber hinaus belegen diskursanalytische Untersuchungen von dolmetschvermittelten Interaktionen, dass DolmetscherInnen schlechte Nachrichten nicht immer konsequent dolmetschen.5 So weisen Butow et al. (2013: 251) in ihrer Studie darauf hin, dass schlechte Nachrichten von den DolmetscherInnen häufig getilgt oder abgeschwächt werden.
Das Kontroll- und das Folgegespräch sind in der Regel kurze Gespräche, in denen die ÄrztInnen mit kurzen und prägnanten Fragen den aktuellen gesundheitlichen Zustand der PatientInnen eruieren (vgl. Menz 2015: 77). Zu Konflikten kann es kommen, wenn sich die Gesprächsbeteiligten unterschiedliche Zeitrahmen für das Gespräch erwarten; von ÄrztInnenseite wird bei einem Kontrollgespräch meist von einer kurzen Unterredung ausgegangen.
Aufnahme-, Visite- und Entlassungsgespräche werden in der dolmetschwissenschaftlichen Literatur nur am Rande erwähnt.6 Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass diese seltener von ausgebildeten DolmetscherInnen verdolmetscht werden. Alle drei Gesprächsformen finden in der Regel innerhalb der Institution Krankenhaus statt,7 sind besonders stark institutionalisiert (vgl. Bechmann 2014: 172ff.) und haben vor allem bei geplanten stationären und ambulanten chirurgischen Eingriffen eine hohe Bedeutung. Im Fall von geplanten Behandlungen erfolgt das Aufnahmegespräch zu den vereinbarten Zeiten und ist für alle Beteiligten – inklusive DolmetscherInnen – mit weniger Stress verbunden als bei Notaufnahmen (vgl. Crezee 2013: 65). Im Aufnahmegespräch sollen die relevanten persönlichen, medizinischen und sozialen Informationen der PatientInnen erhoben werden: Es handelt sich hierbei um eine geplante, zielgerichtete Informationssammlung, bei der die PatientInnen auch die Möglichkeit bekommen, Fragen zu stellen, um gewisse – insbesondere organisatorische – Aspekte zu klären (vgl. Bechmann 2014: 172.). In der Regel wird der/dem PatientIn das Zimmer bzw. das Bett sowie die Einrichtungsgegenstände, die während des Krankenhausaufenthaltes relevant sind, erklärt (vgl. Crezee 2013: 65).8 Das gleichfalls ritualisierte Visitengespräch besteht aus kurzen unidirektionalen und direktiven Fragen, die die ÄrztInnen den PatientInnen stellen, um den gesundheitlichen Zustand während eines stationären Aufenthaltes – möglicherweise nach einem operativen Eingriff – zu ergründen (vgl. Bechmann 2014: 172). Die Möglichkeiten der PatientInnen zur Redeinitiative sind hier sehr eingeschränkt: Meistens antworten sie auf die von den ÄrztInnen gestellten Fragen, „wobei ein Großteil dieser so gestellt wird, dass sie die Antworten bereits vorwegnehmen“ (vgl. Trubel 2004: 162). Bechmann beschreibt diese Gesprächsform als besonders intim und ärztInnenzentriert. Die Dauer der Visite ist häufig begrenzt, und das Gespräch kann durch Störungen und die Nichteinhaltung essenzieller Gesprächskonventionen wie Begrüßung, Vorstellung und Verabschiedung gekennzeichnet sein (vgl. Menz 2015: 81). Aufgrund der Planungsschwierigkeiten von Visitengesprächen ist es nicht immer möglich, eine/einen DolmetscherIn zur Visite beizuziehen. Im Entlassungsgespräch werden die PatientInnen von den ÄrztInnen verabschiedet. Im Rahmen dieses Gesprächs sollen wichtige Informationen zu Folgeuntersuchungen und Heimmedikationen vermittelt werden (vgl. Bechmann 2014: 173). Eine Art Entlassungsgespräch wird aber auch zwischen den Angestellten des Krankenhauses und den PatientInnen geführt, in denen neben organisatorischen auch finanzielle Angelegenheiten angesprochen werden können. Werden die operativen Eingriffe in privaten Einrichtungen durchgeführt, müssen bei der Entlassung die offenen Kosten beglichen sowie weitere Formalitäten erledigt werden.
Unter den schriftlichen Textsorten der medizinischen Kommunikation finden sich unter anderem:
der Aufnahmebogen
der Aufklärungsbogen
der Ernährungsplan
der Beipackzettel
der Behandlungsvertrag
der Entlassungsbrief
der ärztliche Brief
der Laborbefund
der Operationsbericht
das FachärztInnengutachten
Schriftliche Textsorten können für DolmetscherInnen eine große Herausforderung darstellen, da sie terminologisch komplex sind (vgl. Weinreich 2015: 400). Auf schriftliche Textsorten kann auch im Rahmen des ÄrztInnen-PatientInnen-Gesprächs zurückgegriffen werden, falls beispielsweise während des Aufklärungsgesprächs der Aufklärungsbogen oder während des Aufnahmegesprächs oder der Anamnese ein standardisierter PatientInnenfragebogen verwendet wird (vgl. Bechmann 2014: 174). Üblicherweise werden Fragebögen von den DolmetscherInnen vom Blatt gedolmetscht, können aber wie im Fall des Behandlungsvertrags oder des ärztlichen Briefs auch im Nachhinein auf Anfrage übersetzt werden. Aufnahmebögen dienen in der Regel dazu, die wichtigsten persönlichen und versicherungsbezogenen Daten der PatientInnen bei der Aufnahme ins Krankenhaus zu erfassen. Der Aufklärungsbogen – auf Englisch informed consent form oder agreement to treatment form (vgl. Crezee 2013: 89) – dient als Unterstützung während des Aufklärungsgesprächs sowie als schriftliche Bestätigung über die erfolgte Aufklärung und Einwilligung der PatientInnen. Abgesehen von einigen Ausnahmen (die/der PatientIn ist bewusstlos,