Wildfell Hall. Anne Bronte. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Bronte
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783985221462
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Platz zu vertauschen, Miß Markham,« sagte sie, »denn ich möchte nicht gern neben Mrs. Graham sitzen; wenn Ihre Mama es für pressend hält, solche Personen in ihr Haus zu laden, so kann sie auch nichts dagegen einzuwenden haben, wenn ihre Tochter denselben Gesellschaft leistet.«

      Den letzten Satz fügte sie in einer Art von Selbstgespräch hinzu, nachdem Rosa fort war, ich war jedoch nicht höflich genug, ihn so durchschlüpfen zulassen.

      »Wollen Sie so gut, sein, mir zu sagen, was Sie damit meinen, Miß Wilson?« fragte ich.

      Sie erschrack etwas über die Frage, aber nicht bedeutend.

      »Ei, Mr. Markham,« antwortete sie kaltblütig, nach dem sie schnell ihre Fassung wieder erlangt hatte, »ich bin sehr erstaunt, daß Mrs. Markham eine Person, wie Mrs. Graham, in ihr Haus ladet; vielleicht weiß sie aber nicht, daß man ihren Ruf nicht für den besten hält.«

      »Sie weiß es nicht, ebensowenig wie ich, und Sie würden mich daher verbinden, wenn Sie sich etwas deutlicher erklärten.«

      »Das ist kaum eine Zeit, oder ein Ort, wie sie sich für dergleichen Erklärungen eignen; ich glaube aber nicht, daß Sie so unwissend sind, wie Sie vorgeben, Sie müssen sie eben so gut kennen, wie ich.«

      »Ich denke, das thue ich, und vielleicht auch noch etwas besser, und wenn Sie mir daher mittheilen wollen, was Sie gegen die Dame gehört haben, oder sich über, sie vorstellen, so werde ich vielleicht im Stande sein, Sie zu berichtigen.«

      »Nun, können Sie mir etwa sagen, wer ihr Gatte gewesen ist, oder ob sie je einen gehabt hat?« —

      Die Indignation schloß mir den Mund — ich konnte mir zu einer solchen Zeit und an einem solchen Orte, kaum eine Antwort, wie sie es verdiente, erlauben.

      »Haben Sie,« fragte Elise, »nie die auffallende Aehnlichkeit bemerkt, welche zwischen ihrem Kinde und —«

      »Und wem? herrscht,« fragte Miß Wilson mit kalter, aber schneidender Strenge.

      Elise erschrack, die schüchtern gesprochene Muthmaßung war für mein Ohr allein bestimmt gewesen.

      »O, ich bitte um Entschuldigung,« sagte sie, »ich kann mich irren — vielleicht habe ich mich geirrt.« —

      Aber sie begleitete die Worte mit einem schlauen, spöttischen Blick aus dem Winkel ihres unaufrichtigen Auges.

      »Es ist unnöthig; mich um Verzeihung zu bitten,« antwortete ihre Freundin, »aber ich sehe hier Keinem der dem Kinde ähnlich wäre, außer seiner Mutter, und wenn Sie böswillige Gerüchte hören, Miß Elise« so werde ich Ihnen dankbar sein — das heißt, ich denke, Sie werden wohl thun, dieselben nicht weiter zu tragen; ich vermuthe, daß die Person, worauf Sie sich beziehen, Mr. Lawrence ist, aber ich glaube, Ihnen versichern zu können, daß Ihr Verdacht, (wenigstens in dieser Beziehung) jeder Begründung entbehrt, und wenn er überhaupt mit der Dame in besonderer Verbindung steht ( was zu behaupten Niemand ein Recht hat), so besitzt er wenigstens ( was mehr ist, als man von gewissen Leuten sagen kann) Anstandsgefühl genug, um in Gegenwart respektabler Personen seine Bekanntschaft durch nichts, als eine Verbeugung kundzugeben — er war offenbar erstaunt und ärgerlich, sie hier zu finden.«

      »Nur immer zu,« rief Fergus, der auf der andern Seite Elisens saß, und das einzige Individuum war, welches sich außer uns auf dieser Seite des Tisches befand, »nur immer zu, und hütet Euch, einen Stein auf dem andern zu lassen!«

      Miß Wilson richtete sich mit einem Blicke eisiger Verachtung in die Höhe, sagte aber nichts; Elise wollte antworten, ich that ihr aber Einhalt, indem ich so ruhig, als möglich, wenn auch in einem Tone, der ohne Zweifel etwas von dem verrieth, was in meinem Innern vorging, sagte:

      »Wir haben von diesem Gegenstande genug gesagt, wenn wir nur sprechen können, um bess’re Menschen, wie wir, zu verleumden, so wollen wir lieber den Mund halten.«

      »Das wird wohl das Beste sein,« bemerkte Fergus, »und so denkt auch unser guter Pastor, der die Gesellschaft die ganze Zeit über auf das Glänzendste unterhalten und Euch von Zeit zu Zeit mit Blicken strengen Unwillens betrachtet hat, während Ihr dasaßet und unehrerbietig zusammen flüstertet und murmelten und einmal hielt er so gar mitten in einer Erzählung oder Predigt — was es war, weiß ich nicht recht, inne, als wollte et sagen: »Wenn Mr. Markham aufgehört haben wird, mit diesen Damen zu liebeln, so will ich weiter sprechen.«

      Ich kann mich weder erinnern, was weiter am Theetische gesprochen wurde, noch wie ich Geduld fand, so lange sitzen zu bleiben, bis das Mahl vorüber war; ich entsinne mich jedoch, nur mit Mühe den Thee, welcher sich noch in meiner Tasse befand, hinuntergeschluckt und nichts gegessen zu haben, und daß ich erst Arthur Graham anstarrte, der auf der andern Seite des Tisches neben seiner Mutter saß, und den Mr. Lawrence, der seinen Stuhl am unteren Ende hatte; nur anfänglich fiel es mir auf, daß wirklich eine Aehnlichkeit vorhanden sei, dann aber bei weiterer Betrachtung schloß ich, daß diese nur in der Einbildung liege. Beide besaßen allerdings zartere Züge und kleinere Knochen, als sie gewöhnlich Individuen vom rauheren Geschlechte zu Theil werden, und Lawrence’s Teint war blaß und hell und der Arthurs äußerst zart und weiße aber Arthurs kleine, etwas aufgestülpte Nase konnte nie so lang und gerade werden, als die Mr. Lawrence’s, und der Umriß seines Gesichtes konnte, obgleich er nicht voll genug war, um rund und nach dem kleinen Grübchenkinn zu hübsch convergirte, um viereckig zu sein, nie zu dem langen Oval Jenes auseinander gezogen werden, während das Haar des Kindes offenbar eine hellere, wärmere Färbung besaß, als das des Mannes je gehabt, und seine großen, hellen, blauen Augen, wenn auch zuweilen vorzeitig ernsthaft, den scheuen, haselbraunen Augen Mr. Lawrence’s, aus denen die schüchterne Seele so mißtrauisch hervorlugte, daß sie immer bereit war, sich vor den Eingriffen einer zu rauhen, zu unfreundlichen Welt ins Innere zurückzuziehen, ganz und gar unähnlich waren. Wie konnte ich Elender diesen verabscheuungswürdigen Ideen auch nur einen Augenblick Raum geben? Kannte ich nicht Mrs. Graham? hatte ich sie nicht gesehen, mit ihr zu wiederholten Malen gesprochen? war ich nicht sicher, daß sie an Verstand, Reinheit und Hochsinn ihren Verläumdern unermeßlich überlegen war:, daß sie in der That die Edelste, die Anbetungswürdigste ihres Geschlechtes, welche ich je gesehen, oder mir selbst vorgestellt, sei? Ja, und ich wollte mit Mary Milward (welch ein verständiges Mädchen sie war) sagen, daß, wenn auch das ganze Kirchspiel, ja die ganze Welt diese entsetzlichen Lügen in meine Ohren schreien sollte, ich sie doch nicht glauben würde, denn ich kannte sie besser, als Jene. Unterdessen glühte mein Kopf von Indignation und mein Herz schien von kämpfenden Leidenschaften aus seinem Kerker gedrängt werden zu wollen. Ich betrachtete meine beiden schönen Nachbarinnen mit einem Gefühle von Abscheu und Ekel, das ich mich, kaum zu verbergen bemühte; ich wurde von verschiedenen Seiten her über meine Zerstreutheit, und ungalante Vernachlässigung der Damen geneckt, aber daraus machte ich mir wenig. Alles, worum ich mich außer dem Hauptgegenstand meiner Gedanken kümmerte, war, die Tassen zum Theebrette hinauf und nicht wieder herab kommen zu sehen. Ich dachte, Mr. Milward werde nie aufhören, uns zu sagen, daß er keinen Thee trinke, und daß es äußerst ungesund wäre, den Magen mit solchem Gemisch vollzufüllen, und dadurch gesündere Stoffe aus demselben fernzuhalten — um ihm selbst dadurch Zeit zum Trinken seiner vierten Tasse zu geben.

      Endlich war es vorüber und ich stand auf und verließ, ohne ein entschuldigendes Wort, den Tisch und die Gäste — ich konnte ihre Gesellschaft nicht länger ertragen. — Ich stürzte hinaus, um mein Gehirn in der balsamischen Abendluft abzukühlen und mich zu fassen, oder meinen leidenschaftlichen Gedanken in der Einsamkeit des Gartens nachzuhängen.

      Um nicht vom Fenster aus erblickt zu werden, ging ich eine stille, kleine Allee hinab, welche an der einen Seite des Gartens hinlief, und an deren Ende sich eine Rosen und Geisblattlaube fand. Hier setzte ich mich nieder, um über die Tugenden der Dame von Wildfell Hall und das Unrecht, welches sie erlitten, nachzudenken; ich war aber noch keine zwei Minuten so beschäftigt gewesen, als schon Stimmen und Gelächter und sich zwischen den Bäumen bewegende Gegenstände mir sagten, daß die ganze Gesellschaft herausgekommen sei, um ebenfalls die frische Luft im Garten zu genießen. Ich schmiegte mich jedoch in eine Ecke der Laube und hoffte vor Beobachtungen und unwillkommenem Eindrängen gleich sicher, Besitz davon zu behaupten, aber nein — zum Henker, es kam Jemand die