Der Held von Björnnäs. Nordische Erzählung. Karl Friedrich Kurz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl Friedrich Kurz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711518526
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Tag,“ sagte Daniel Storekjäft und kratzte sich dabei unterm Mützenrand.

      „’n Tag,“ grüsste sie zurück und lachte, dass man ihre gelben Zähne in ihrer ganzen Grösse sehen konnte.

      Voller Neugierde stand sie und wartete. Daniel Storekjäft aber sagte nichts, sondern betrachtete sie nur wohlgefällig.

      Girka streifte nachlässig die Ärmel von ihren runden Armen nieder und meinte:

      „Willst wohl mit dem Vater reden, du?“

      „Ich — nein.“

      „Was denn sonst?“

      „Hm — dich mag ich wohl leiden, Girka. Weisst noch, als wir zur Schule gingen, in Strömnäs, hab’ ich dir einmal einen Stein an den Kopf geworfen! Denkst noch daran?“

      „Darum also bist hergekommen?“ fragte Girka und kräuselte die Lippen.

      „Nein. Nicht darum. Es fällt mir nur grad ein jetzt. Hab’ dich schon damals gern gehabt!“

      „So — ist das alles? Wenn’s sonst nichts ist, dann hättest dir den weiten Weg wohl sparen können,“ sagte Girka und machte Miene zu gehen.

      Da aber trat Daniel Storekjäft ganz nahe an sie heran und flüsterte ihr bedeutungsvoll ins Ohr:

      „’s ist mehr, Girka — viel mehr! Ich will dich heiraten. Verstehst du?“

      „Was? Du — mich?“ staunte sie und machte dazu ein Gesicht, als hätte sie in einen sauern Apfel gebissen.

      „Ja. Ich — dich!“ nickte Daniel. „Warum denn nicht?“

      Nun aber lachte die Girka hell auf, so dass es über den ganzen Hof hin hallte und schallte. Mit einem kurzen Rucke drehte sie ihrem Freier den Rücken und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.

      Jetzt kam das Staunen an Daniel.

      „Brr — brr!“ machte er. Genau so, wie wenn er die alte Mähre zu Hause zum Stehen bringen wollte. Dann kratzte er sich wieder hinter den Ohren und meinte halblaut zu sich selbst:

      „Sonderbar — sonderbar!“

      „Was ist sonderbar?“ fragte ihn der alte Rasmus, der Knecht, der von der Scheune herüber kam.

      „Um die Girka hab’ ich gefreit,“ berichtete Daniel.

      „Das war nicht übel, du! Und jetzt?“

      „Sie hat gelacht und ist davon gerannt.“

      „Ja so! Das hat nichts auf sich, weisst du. Die Weiber sind halt so. Musst wiederkommen; vielleicht besinnt sie sich noch.“

      Dieser Rat schien Daniel nicht der schlechteste. Er kam also schon nach ein paar Tagen wieder.

      Doch diesmal stand nicht die Girka unter der Tür, sondern der Hügelbauer selbst. Und der Hügelbauer war ein stemmiger, grobschnauziger Mensch, mit dem nicht gut Kirschen essen war.

      Er nahm den Freier seiner Tochter zu sich in die Grossstube. Hierauf holte er einen gewichtigen Knotenstock hinter dem Ofen hervor, hielt ihn dem Daniel unter die Nase und sagte, mit ruhiger Stimme zwar, aber sehr bedeutungsvoll:

      „Hier, einfältiger Bursch du, das soll deine Braut sein! Mit ihr wirst Bekanntschaft machen, falls du mir noch einmal auf den Hof kommst.“

      Der Alte hatte ein paar böse, krause Falten auf der Stirn, woraus Daniel Storekjäft schloss, dass es ihm ernst sei mit seinen Worten. Zudem hörte er aus dem Nebenzimmer das Gekicher der Mägde. Auch Girkas Stimme glaubte er zu vernehmen. Die war die lauteste.

      „Warum ...?“ wollte er den Hügelbauern fragen.

      Der aber liess ihn gar nicht zu Worte kommen, sondern nahm eine dräuende Haltung ein. Darauf ging Daniel.

      Im Hofe traf er so von ungefähr auf den alten Rasmus.

      „Hast Eile heut,“ meinte der. „Vielleicht hat dir die Girka schon Bescheid gegeben?“

      „Man wird nicht so leicht klug aus den Weibern,“ meinte Daniel missmutig. „Aber der Hügelbauer sieht mich, scheint es, nicht gern auf dem Hof.“

      Zuversichtlich fügte er dem aber gleich hinzu:

      „Aber auf jeden Korb passt ein Deckel. Andere Mütter haben auch Töchter. Die Rechte wird sich schon noch finden, hoffe ich.“

      Hierauf drehte er dem Rasmus den Rücken und liess sich nicht mehr auf dem Hügelhof sehen.

      Doch am Wege lag ihm der rote Dalegaard; und der war auch nicht übel. Dort war die dunkeläugige Astrid, von der es hiess, sie sei das schönste Mädchen im Kirchspiel. Ohne zu zaudern ging Daniel Storekjäft hinein.

      Auch da traf er’s gut. Die schöne Astrid sass am Fenster und stopfte Strümpfe und sie war alleine.

      Da die Kunde von Daniels Heiratsgedanken schon seit Wochen von Mund zu Mund ging, ahnte sie den Grund seines Kommens, und ihr Gesicht wurde ein wenig rot, als er sich zu ihr hinsetzte.

      „Es ist warm bei euch drin,“ begann Daniel das Gespräch.

      Sie sagte: „Ja.“

      Dann gab es eine Pause.

      Astrid hatte ein sanftes Gemüt. Dass ihre Finger zitterten und dass sie in grosser Verwirrung war, das merkte Daniel bald. Er wurde dadurch um so zuversichtlicher.

      „Ich möchte, es wären meine Strümpfe, die du da stopfst,“ hub er wieder an.

      Doch da stand Astrid auf und sagte, sie habe in der Küche zu tun.

      Daniel blieb lange sitzen und wartete; aber Astrid wollte nicht wiederkommen. Es blieb ihm also Musse genug, über den neuen Handel nachzudenken.

      Astrids Eltern waren schon lange gestorben. Sie führte den Haushalt allein mit drei Brüdern. Dem Daniel konnte somit in einem grobschnauzigen Vater keine Gegnerschaft entstehen. Das erfüllte ihn mit Erleichterung. Mit dem Mädchen selbst glaubte er schon ins Reine zu kommen. Er nahm sich auch vor, diesmal nicht so mit der Tür ins Haus zu fallen wie bei der Girka, sondern die Sache fein sachte einzufädeln und auszuspinnen.

      Daher beschloss er, als das Mädchen nicht mehr hereinkommen wollte, nach Hause zu gehen. Nur den Kopf steckte er zur Küche hinein und sagte mit dem freundlichsten Tone, den er aufbringen konnte:

      „Leb wohl für diesmal! Am Sonnabend komm ich wieder. Musst dich halt ein wenig besser einrichten.“

      Wohlgemut und zukunftssicher ging er darauf nach Björnnäs zurück.

      Obschon er von Astrids totem Vater nichts zu fürchten brauchte, stimmte dennoch des Daniels Rechnung nicht ganz. Er hatte nämlich die drei Brüder vergessen. Die freuten sich nicht sonderlich, da sie von seinem Besuche im Dalegaard hörten, und nahmen sich vor, ihm seine Absichten gründlich zu verleiden.

      Es dämmerte schon stark, als Daniel Storekjäft am Samstagabend zum angekündeten Besuche aufbrach. Als er auf dem Dalegaard eintraf, war es stockfinstere Nacht.

      Da er am Heuboden vorbeistolperte, war’s ihm, als rühre sich dort etwas. Und als er stehen blieb, vernahm er’s recht deutlich:

      „Bst — bst,“ machte es.

      ‚Hoho,‘ dachte Daniel bei sich selbst, ‚das ist eine, die’s heiss hat!‘

      Ohne sich zu besinnen, ging er hinüber. Aber dort empfingen ihn nicht weiche, runde Mädchenarme; und auch keine Liebkosungen warteten seiner. Vielmehr fielen aus der pechschwarzen Nacht heraus von unsichtbaren, harten Fäusten die Schläge so hageldicht auf seinen Leib, dass er voller Entsetzen aufschrie:

      „O du himmlisch Mirakel! Es muss hier wohl ein Irrtum sein. — Ich bin’s ja nur, der Daniel.“

      Aber aus der Finsternis heraus antwortete ihm eine Stimme, die nicht Astrids war:

      „Gerade du sollst es auch sein, Daniel, Prachtsöhnchen — gerade