Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aristoteles
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788075834157
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sich auch das Band zwischen den Personen.

      Was nun die der Verschlechterung anheimgefallenen Staatsformen anbetrifft, so ist hier wie das Recht auch das Band zwischen den Personen verkümmert, und am schlimmsten steht es damit in der schlechtesten Verfassung. In der Tyrannis findet sich persönliche Anhänglichkeit überhaupt nicht oder doch nur in geringem Maße. Denn wo Herrscher und Beherrschte nichts gemein haben, da gibt es auch kein Gefühl persönlicher Zusammengehörigkeit, und auch kein Rechtsverhältnis, sondern nur ein Verhältnis wie das zwischen dem Arbeiter und seinem Werkzeug, zwischen der Seele und ihrem Leibe, zwischen dem Herrn und seinem Sklaven. Alle diese Dinge sind Gegenstände der Fürsorge für den der sie braucht; aber zu dem Unbeseelten gibt es so wenig ein Verhältnis der Zuneigung wie ein Verhältnis des Rechtes, und so auch nicht zu einem Pferde oder einem Rinde, und ebensowenig zu einem Sklaven, sofern er ein Sklave ist; denn auch da gibt es keine Gemeinschaft. Der Sklave ist ein beseeltes Werkzeug, wie das Werkzeug ein unbeseelter Sklave ist. Zum Sklaven als Sklaven gibt es also kein Band der Zuneigung, aber wohl zu ihm als Menschen. Denn jeder Mensch, darf man sagen, steht im Rechtsverhältnis zu jedem, der in einer Gemeinschaft des Gesetzes und des Vertrages zu stehen die Fähigkeit hat; somit ist auch die Möglichkeit eines Bandes persönlicher Zuneigung gegeben, sofern der Sklave ein Mensch ist. Auch in der Tyrannis also ist das Band der Personen und das Rechtsverhältnis beider nur in geringer Stärke vorhanden. Am meisten noch ist es in der demokratischen Verfassung der Fall; denn hier gibt es wegen der herrschenden Gleichheit eine Menge von solchem, was den Bürgern gemein ist.

      c) In der Familie

       Inhaltsverzeichnis

      Alles Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Menschen beruht also wie wir gesehen haben auf der Gemeinschaft der Lebensverhältnisse. Dabei darf man die auf Verwandtschaft und Kameradschaft beruhende Gemeinschaft als besondere Arten abscheiden. Die Gemeinsamkeit des Staates, des Bezirks der Reise und was dergleichen mehr ist, trägt mehr das Gepräge äußerer Vereinigung; denn sie stellen sich dar als gleichsam auf Übereinkunft beruhend. In diese Klasse kann man auch das Verhältnis der Gastfreundschaft einreihen. Die Verbindung die die Verwandtschaft stiftet, bietet einen Reichtum von Formen, aber sie wurzeln alle in der Gemeinsamkeit des Erzeugers. Die Eltern lieben ihre Kinder als ein Stück von sich selbst, und die Kinder die Eltern als die, denen sie ihr Dasein verdanken. Die Eltern aber haben das bestimmtere Wissen um das was von ihnen stammt, während ihre Sprößlinge kaum ein Wissen um ihre Herkunft von ihnen haben, und das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit dem Erzeugten ist bei dem Erzeuger lebhafter als bei dem Erzeugten das der Zugehörigkeit zum Erzeuger. Denn was von einem herkommt, das bleibt dem eigen, von dem es sein Dasein hat; selbst Zähne und Haare und dergleichen bleiben ein Stück ihres Eigentümers; für den Sprößling dagegen hat das wovon er stammt keine oder doch nur geringe Bedeutung. Endlich wirkt darauf auch die Länge der Zeit. Die Eltern haben das Kind lieb gleich wenn es zur Welt gekommen ist, die Kinder die Eltern erst wenn die Zeit fortschreitet und sie zu Verstand und Einsicht kommen. Dadurch erklärt es sich auch, weshalb die Mutterliebe die stärkere ist. Die Eltern lieben die Kinder wie sich selbst; / denn was von ihnen abstammt ist wie ein zweites Exemplar von ihnen, das sich von ihnen abgelöst hat, / die Kinder ihre Eltern als durch diese in die Welt gesetzt Die Geschwister aber haben einander lieb um der Gemeinsamkeit der Eltern willen, von denen sie stammen. Die Identität des Verhältnisses zu jenen bewirkt die Identität des Wesens zwischen ihnen selbst. Daher sagt man, sie seien eines Blutes, eines Stammes und wie man es sonst bezeichnet. So sind sie getrennte Personen und doch von Wesen dasselbe.

      Allerdings ist für die geschwisterliche Zuneigung auch das von Bedeutung, daß sie zusammen aufwachsen und gleichaltrig sind. »Gleiches Alter, gleiche Neigung«, heißt es, und Gewohnheit des Zusammenlebens macht den Kameraden. Daher ist auch das geschwisterliche Verhältnis dem kameradschaftlichen verwandt. Vettern und sonstige Verwandte gehören zum engsten Kreise der nächst Verbundenen aus eben diesem Grunde, wegen der Abstammung von denselben Personen; und das Band ist enger oder lockerer, je nachdem der gemeinsame Stammvater näher oder weiter zurückliegt.

      Die Liebe der Kinder zu den Eltern ist wie die der Menschen zu den Göttern eine Hingebung an das Erhabene und Überlegene, an das, wovon man die größten Wohltaten empfangen hat, an diejenigen, denen man Dasein und Nahrung verdankt, und die nachher auch noch für die Erziehung gesorgt haben. Dieses Verhältnis der Zusammengehörigkeit enthält auch des Erfreuenden und des Vorteilhaften mehr als das zu Fremden, in dem Maße, als die Lebensgemeinschaft eine engere ist.

      In dem Verhältnis zwischen Geschwistern findet sich auch das wieder, was das kameradschaftliche Verhältnis bietet; es findet sich, wo sie brav und überhaupt einander ähnlich sind, in um so höherem Grade, je mehr sie zusammengehören und von Geburt an sich gegenseitig lieb haben, und je mehr solche, die dieselben Eltern haben, die miteinander aufgewachsen sind und die gleiche Erziehung genossen haben, auch von Gemüt einander gleichen. Dazu kommt dann auch die Erprobung in der Länge der Zeit, die hier die stärkste und zuverlässigste ist. Auch in den übrigen Verwandtschaftsverhältnissen richtet sich die Wärme der Zuneigung nach der Nähe des Verwandtschaftsgrades.

      Zwischen Mann und Frau waltet die Liebe von Natur. Denn der Mensch ist durch seine Natur noch mehr auf das eheliche Leben, als auf das Leben im Staate angewiesen, ebenso wie die Familie ursprünglicher und unentbehrlicher ist als der Staat, und wie die Fortpflanzung allem Lebendigen gemeinsamer zukommt. Bei den anderen Wesen reicht die Gemeinsamkeit nur so weit; bei den Menschen aber hat die eheliche Gemeinschaft nicht bloß die Fortpflanzung, sondern alle Zwecke des menschlichen Lebens zum Inhalt. Denn die Aufgaben sind von vornherein geteilt, und dem Manne liegt anderes ob, als der Frau. So helfen sie sich gegenseitig aus und stellen jeder seine eigentümlichen Gaben in den Dienst der Gemeinschaft. Darum gewährt dieses Verhältnis der Gattenliebe so reichen Gewinn und so großes Glück; dazu mögen denn auch die persönlichen Vorzüge beitragen, falls beide Gatten tüchtige Persönlichkeiten sind. Denn jeder Teil hat seine eigenen Vorzüge, und eben dies kann für sie eine Quelle des Glücks werden.

      Ein Band zwischen den Gatten bilden weiter die Kinder, deshalb werden kinderlose Ehen leichter geschieden. Die Kinder sind für beide Gatten ein gemeinsamer köstlicher Besitz, und das Gemeinsame hält vereinigt. Die Frage aber, wie Mann und Frau und überhaupt solche, die sich lieb haben, miteinander leben sollen, bedeutet offenbar nichts anderes als die Frage, was in solchen Verhältnissen das Gerechte ist. Denn das Gerechte ist nicht dasselbe in dem Verhältnis zwischen Freunden, wie in dem zum Fremden, zum Kameraden oder zum Mitschüler.

      d) In der wirtschaftlichen Gemeinschaft

       Inhaltsverzeichnis

      Im Eingang haben wir gesagt, daß es drei Arten von freundschaftlichen Verbindungen zwischen den Menschen gibt und jede wieder zwei Formen zuläßt, indem die Verbundenen entweder einander gleich stehen oder der eine Teil über den anderen das Übergewicht hat. Freundschaftliche Verbindung nun kommt vor zwischen solchen, die einander an Tüchtigkeit gleich sind, und zwischen einem Manne von höherer und einem von geringerer Tüchtigkeit; es können, wo die Verbindung um des Vergnügens oder des Vorteils willen geschlossen wird, beide sich gegenseitig gleich viel Vergnügen und gleich viel Aushilfe gewähren, oder der eine mehr als der andere. Wo nun Gleichheit vorhanden ist, da muß auch die Zuneigung und müssen ihre Konsequenzen gleich sein: wo Ungleichheit waltet, da muß man Gleichheit dadurch herstellen, daß man dem Teil, der das Übergewicht hat, ein entsprechendes Mehr zugesteht.

      Daß gegenseitige Anschuldigungen und Vorwürfe in der auf den Vorteil gerichteten Verbindung ausschließlich oder vorwiegend vorkommen, ist leicht verständlich. Leute, zwischen denen ihre edle Gesinnung das Band der Freundschaft knüpft, sind von dem Eifer beseelt, einander nur Gutes zu erweisen, / denn das gehört zum edlen Charakter wie zur Freundschaft, / und eben weil ihr Wetteifer darauf gerichtet ist, gibt es weder Anschuldigung noch Streit zwischen ihnen. Denn dem, der Liebe und Wohltat erweist, zürnt niemand; dagegen wenn einer vornehm gesinnt ist, rächt er sich dadurch, daß er mit Gutem erwidert. Derjenige, der das Überlegene