BLENDE
23: AUSSEN, STRADA STATALE 65 …: Nicht weit vom Dorf entfernt. Es ist dunkel. Der militärische Verkehr ist so dicht wie zuvor. Die abgedunkelten Fahrzeuge bewegen sich langsam durch Nebel und Sturm.
Die Kamera fährt auf einen Wagen zu, der mit technischen Geräten ausgerüstet ist, um geheime Radiosender zu lokalisieren. Eines der Geräte, die dafür benutzt werden, gibt ein »Tick Tack«-Geräusch von sich, das, wenn möglich, im gleichen Rhythmus tickt wie das Lied am Ende der vorigen Szene – wie ein Echo.
Im Wagen ZWEI AMERIKANISCHE SOLDATEN (Funk-Experten der Signal Corps Intelligence Section).
ERSTER SOLDAT: »Es muss hier irgendwo sein …«
ZWEITER SOLDAT: »Im Dorf? Schon möglich …«
Der Wagen biegt in die Dorfstraße ein.
BLENDE
24. INNEN, WOHNZIMMER …: Das Fest geht weiter – jetzt auf geregeltere, feierliche Art. Die KINDER, die in der Mitte des Raums stehen, singen ein italienisches Weihnachtslied; die ERSTE NONNE dirigiert. Die anderen NONNEN und die MÜTTER stehen dabei und hören zu. Das ROTKREUZ-MÄDCHEN, der junge LIEUTENANT, JACK und TOM ruhen bequem auf Kissen auf dem Fußboden. Der KAPLAN betrachtet die idyllische Szene aus einer Ecke des Raums.
Plötzlich wird die Tür zur Straße von außen geöffnet. Der Sturm bläst Schnee und Regen in den Raum. In der offenen Tür – die beiden SOLDATEN des Signal Corps: nass, verfroren, schlammbespritzt – zwei grimmig blickende, feindselige Eindringlinge.
Aufregung. Alle im Raum stehen auf. Rufe der AMERIKANER: »Was ist los? – Was zum Teufel wollen die? – Macht die Tür zu!« usw. – Rufe der ITALIENER: »Mamma mia … Madonna …« usw. SIGNORA SILOTTI starrt die beiden Männer an – blass, unbeweglich, mit schreckgeweiteten Augen.
ERSTER SOLDAT: »Hier drin muss es sein …«
ZWEITER SOLDAT: »Lass uns die verdammte Bude durchsuchen.«
Sie kommen in den Raum herein. Der KAPLAN, der wie die anderen aufgestanden ist, tritt ihnen mit einer gewissen Autorität entgegen.
KAPLAN: »Was kann ich für euch tun, Jungs?«
ERSTER SOLDAT: »Nanu, Kaplan Martin! Guten Abend, Kaplan.«
ZWEITER SOLDAT: »Zu dumm, dass wir Ihre Feier stören müssen. Die Pflicht, Sie verstehen.«
KAPLAN: »Worum geht es? Wonach sucht ihr?«
ZWEITER SOLDAT: »Nun, sehen Sie, es gibt einen Geheimsender …«
ERSTER SOLDAT (mit strafendem Blick auf seinen Kumpel): »Sei still! Vor all diesen Spaghettifressern!« (Er flüstert dem Kaplan etwas zu.)
KAPLAN: »Ich glaube nicht … Ich hoffe nicht, dass ihr hier etwas finden werdet.«
ERSTER SOLDAT (grinsend): »Sie werden sich wundern, Kaplan.«
ZWEITER SOLDAT: »Unser Apparat da draußen im Wagen macht normalerweise keine Fehler.«
KAPLAN: »Nun, dann an die Arbeit.«
ERSTER SOLDAT (zu seinem Kumpel): »Wo schauen wir zuerst nach?«
ZWEITER SOLDAT: »Ich denke, wir können ruhig gleich hier anfangen.«
KAPLAN (nach einem kurzen Zögern): »Wenn ich einen Vorschlag machen darf, Jungs: Ich glaube, die Chance ist größer, dass ihr im zweiten Stock etwas findet – wenn überhaupt …«
ERSTER SOLDAT (ein wenig überrascht): »Okay – wenn Sie das sagen. Uns ist es egal.«
ZWEITER SOLDAT: »Da oben?«
Sie gehen nach oben. SIGNORA SILOTTI macht eine hilflose kleine Bewegung, als ob sie sie zurückhalten wollte; aber es ist zu spät. Ohne sichtbare Gefühlsregung steht sie da – lauschend, abwartend, zitternd –, als die ZWEI SOLDATEN das obere Stockwerk erreichen.
KAPLAN (zu den Kindern und Frauen, so fröhlich und beruhigend wie möglich; auf Italienisch): »Keine Sorge, Freunde. Lasst uns noch ein Lied hören, Kinder.«
Die KINDER fangen wieder an zu singen. Ihre Stimmen klingen etwas zittrig. Alle starren nach oben – wo die beiden Soldaten gerade verschwunden sind. Die Kamera folgt der Richtung, in die alle blicken.
SCHNITT AUF:
25: INNEN, ERNESTOS ZIMMER …: Das Zimmer ist dunkel, die Tür zum Korridor offen. Die SOLDATEN vom Signal Corps leuchten den Raum mit einer Taschenlampe aus.
ERSTER SOLDAT (durchsucht den Raum): »Ich wäre nicht überrascht, wenn das verdammte Ding hier irgendwo wäre …«
ZWEITER SOLDAT (singt ein bekanntes amerikanisches Lied): »Come out – come out wherever you are …«
ERSTER SOLDAT (setzt denselben Musical-Hit fort): »I know – I know you are not very far …«
ZWEITER SOLDAT (singt weiter): »So – come out …« (Das Licht der Taschenlampe fällt auf ERNESTO, der in einer Ecke hinter der Tür steht, flach an die Wand gedrückt.) »Also, komm raus! Und besser etwas flott, kleiner Mann!«
Die ZWEI SOLDATEN prusten vor Lachen. ERNESTO kommt widerstrebend aus seinem Versteck – das Gesicht verzerrt vor Angst und Wut.
ERNESTO (auf Italienisch): »Sucht ruhig weiter. Hier werdet ihr nichts finden.«
ERSTER SOLDAT: »Sag das noch mal – auf Englisch.«
ERNESTO (auf Englisch): »Nichts hier. Nicht möglich etwas finden.«
ERSTER SOLDAT: »Ach so? Reg dich nur nicht auf, Bürschchen, immer mit der Ruhe. Wir finden das schon, deshalb sind wir hier.«
Sie suchen weiter – klopfen die Wände ab usw. An einer Stelle hört der ERSTE SOLDAT einen hohlen Ton.
ERSTER SOLDAT (an seinen Kumpel gewandt): »Hör mal, Mac –: klingt komisch, oder?«
ZWEITER SOLDAT: »Sehr komisch … Mal sehen …«
Sie ziehen einen losen Ziegel aus der Mauer. Hinter dem Ziegel: der Geheimsender!
ERSTER SOLDAT (triumphierend): »Schau dir das an!«
ZWEITER SOLDAT: »Hab ich’s nicht gesagt?«
ERSTER SOLDAT: »Von wegen, du Sohn einer … Wer hat hier denn die ganze Zeit gesagt …«
In ihrer freudigen Erregung haben sie die Gegenwart ERNESTOS vorübergehend vergessen. Der Bucklige hat inzwischen eine große, altmodische Pistole hervorgezogen. Die Pistole auf die beiden Amerikaner gerichtet, springt er auf sie zu, reißt dem ERSTEN SOLDATEN die Taschenlampe aus der Hand und wirft sie aus dem Fenster. Vollkommene Dunkelheit.
ERNESTO (schon an der Tür; mit schriller, hysterischer Stimme; auf Italienisch): »Mich kriegt ihr nicht … Ihr seid Narren … Narren, Narren, Narren …«
Er verlässt den Raum – zurück bleiben die ZWEI SOLDATEN.
ERSTER SOLDAT (in völliger Dunkelheit): »Was zum Teufel …«
ZWEITER SOLDAT (gleichzeitig): »Verdammt …«
ERSTER SOLDAT: »Hast du Streichhölzer?«