»Mensch, das ist ja genau das, wovon du immer geträumt hast«, freute sich seine Tochter.
»Gratuliere, Papa.«
»Das ist aber noch nicht alles«, setzte er hinzu. »Um die ganze Sache abzurunden und damit Kreuzer keinen Rückzieher macht, habe ich ihm vorgeschlagen, das Ganze auch noch familiär zu verbinden…«
Der Blick, mit dem ihr Vater sie ansah, ließ Silvia stutzen. Doch dann ging ihr ein Licht auf.
»Du… du meinst, ich soll Stefan Kreuzer heiraten?« platzte sie lachend heraus. »Wie kommst du denn auf so einen Gedanken?«
»Na, überlege doch mal. Ihr beide seid einfach das ideale Paar, um das Unternehmen weiterzuführen, wenn wir Alten uns einmal zur Ruhe setzen.«
Bisher hatte sie es noch für einen dummen Scherz gehalten, aber nun sah die junge Frau, daß der Vorschlag absolut ernst gemeint war.
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!« rief sie und sprang ärgerlich auf. »Was denkst du dir eigentlich?«
Harald Schönauer seufzte tief auf. Er hatte geahnt, daß Silvia nicht sofort von seiner Idee begeistert sein würde. Sie war wie ihre verstorbene Mutter, impulsiv, aber auch empfindsam. An ihrer Miene konnte er erkennen, daß Silvia nicht so leicht von der Notwendigkeit dieser Heirat überzeugt werden konnte.
»Denk erstmal in aller Ruhe darüber nach«, sagte er einlenkend.
»Da brauche ich nicht drüber nachzudenken«, fauchte sie zurück und verließ das Büro.
Auf dem Gang holte sie tief Luft. Es war weniger die Absicht ihres Vaters, sie zu verheiraten, die sie so ärgerte. Väter träumten wahrscheinlich immer noch davon, für ihre Töchter den Mann auszusuchen. Vielmehr war es die Art, wie er sie vor vollendete Tatsachen gestellt hatte.
Aber das konnte er nicht mit ihr machen!
Abgesehen davon, daß sie Stefan Kreuzer zwar sympathisch fand, aber mehr nicht, gab es längst einen anderen Mann in ihrem Leben.
Martin Herweg, ein Angestellter ihres Vaters…
*
»Und nun?« fragte Martin, nachdem er die Geschichte gehört hatte.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Silvia.
»Wir sollten mit Stefan Kreuzer reden«, schlug Martin schließlich vor. »Wer weiß, was er von der ganzen Sache hält.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, erwiderte die junge Frau. »Deshalb habe ich ihn anrufen wollen, aber in seinem Büro sagte man mir, daß er verreist sei und erst in der nächsten Woche zurückerwartet würde.«
»Und wohin ist er?«
Silvia zuckte die Schultern.
»Das wollte seine Sekretärin mir nicht sagen.«
Martin holte tief Luft. Dann stand er auf und wanderte im Wohnzimmer hin und her.
»Ich kriege es raus!« sagte er. »Irgendwie erfahre ich, wo Stefan Kreuzer steckt, und dann werde ich zu ihm fahren, und wenn’s am Ende der Welt sein sollte!«
*
Nach dem Kaffeetrinken gingen sie zur Kirche hinüber. Stefan schaute Johanna immer wieder bewundernd an, wenn er glaubte, daß sie es nicht bemerkte.
Doch da hatte er sich getäuscht. Die hübsche junge Frau sah sehr wohl die Blicke, mit denen er sie ansah, und sie fragte sich nicht, was sie davon halten sollte.
Das wußte sie nämlich sehr genau!
Sie atmete tief durch, während sie den Kiesweg hinaufgingen. Indes war es nicht die Anstrengung des Gehens, sondern die Tatsache, daß Johanna spürte, wie sie dabei war, ihre Vorsätze einfach über Bord zu werfen. Schon wie Stefan sie bei ihrem Beinahezusammenstoß angesehen hatte, war ihr durch Mark und Bein gefahren.
Im Garten der Pension Edelweiß hatten sie sich wunderbar unterhalten. Marion Trenker verabschiedete sich schon bald mit dem Hinweis, es warte noch Büroarbeit auf sie, und die beiden jungen Leute blieben allein zurück.
Die Unterhaltung blieb weiterhin in Fluß. Johanna erzählte von ihrer Arbeit in der Spielzeugfabrik, und Stefan erwähnte, in welcher Branche er arbeitete. Allerdings ohne seine Position zu nennen. Das hielt er immer so, wenn er jemanden kennenlernte.
»Wie lange bleiben Sie?« erkundigte er sich.
»Zwei Wochen.«
»Schön.« Er nickte. »Ich kann leider nur eine bleiben. Aber die möchte ich wirklich auskosten. Ich habe in einem der Prospekte gelesen, daß man hier herrlich reiten kann.«
»Oje, das ist nichts für mich«, lachte Johanna und erzählte, daß sie einmal als kleines Kind von ihrem Vater auf ein Pferd gesetzt worden war, das sie prompt abgeworfen hatte.
»Man muß seine Angst überwinden«, behauptete Stefan. »Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß es ein Pferd gibt, das Sie abwirft…«
Johanna sah das Lächeln, das seine Worte begleitete, und spürte, wie sie vor Verlegenheit rot wurde.
Stefan schien es nicht zu bemerken oder er sah galant darüber hinweg. Jedenfalls beugte er sich vor und sah sie fragend an.
»Würden Sie mir die Freude machen, morgen zum Reiterhof mitzukommen?«
Johanna erschrak. Er schien es tatsächlich ernst zu meinen.
»Und mich auf ein Pferd setzen?« fragte sie entsetzt zurück.
»Natürlich«, nickte er.
»Nie im Leben!« rief sie und hob abwehrend die Hände. »Das werde ich niemals tun.«
Jetzt schaute er sie bittend an.
»Auch nicht, wenn ich Sie ganz lieb darum bitte, Johanna?«
Sie registrierte, daß er sie zum ersten Mal beim Vornamen nannte, und ein herrliches Gefühl der Vertrautheit durchfuhr sie.
Dennoch schüttelte die Sekretärin den Kopf.
»Ich habe auch gar keine Zeit«, meinte sie. »Morgen früh will ich nämlich zum Baden fahren.«
»Och, da komm ich mit«, sagte er einfach. »Und dann geht’s hinterher zum Reiten.«
Lachend gab sie sich geschlagen. Daß er mitkommen wollte, freute sie, ob sie jedoch tatsächlich ein Pferd besteigen würde, das stand noch in den Sternen.
In der Kirche blieb Stefan an der Tür stehen und schaute sich überrascht um. Es war eine einzige Pracht, die er sah. Die herrlichen Glasfenster zeigten Szenen aus der Bibel, Heiligenfiguren, die teilweise mit Blattgold belegt waren, blitzten im Schein der hereinfallenden Sonne, und überhaupt waren Gold, Rot und Blau die vorherrschenden Farben – die der Könige.
»So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen«, flüsterte er. »Dabei gibt es bei uns auch wunderschöne Kirchen. Aber diese hier übertrifft sie alle.«
Langsam schritten sie durch den Mittelgang.
Johanna freute sich, daß gerade jetzt außer ihnen keine anderen Besucher da waren. So fühlte sie sich auf eine ganz wunderbarer Art mit Stefan verbunden, als gehörte das Gotteshaus ihnen allein.
Herrlich fand sie es, ihm all das zeigen zu können, was sie zuvor von Pfarrer Trenker gezeigt bekommen hatte. Stefan staunte über das, was Johanna alles von der Kirche wußte, und schmunzelnd klärte sie ihn auf.
»Trenker«, sagte er nachdenklich, »ist der mit unseren Wirtsleuten verwandt?«
»Andreas Trenker ist sein Cousin«, erklärte Johanna.
Sie deutete auf das Gemälde, das sie schon so bewundert hatte, und auch Stefan verweilte einen Moment in stiller Andacht davor. Dann erzählte sie ihm von der