»Es wird gleich noch mal an der Tür klingeln«, erklärte er. »Das ist dann Christian Ruland, unser Förster. Gegen dich liegt eine anonyme Anzeige vor, Tobias. Du sollst gewildert haben...!«
*
Sie fanden den toten Hirschbock genau dort, wo sie ihn finden sollten. Tobias Berghofer war überrascht und geschockt zugleich, als der Förster und der Polizist schnurstracks zu dem alten Gartenhaus gingen, die Tür öffneten und das Tier herauszogen.
»Ehrlich, Max«, beteuerte er, »ich hab’ keine Ahnung, wie das dort hinkommt.«
Der Bruder des Bergpfarrers und Christian Ruland sahen sich stumm an.
»Trotzdem werd’ ich dich jetzt aufs Revier mitnehmen müssen«, erwiderte Max.
Kathi stieß einen Schrei aus, Tobias schüttelte den Kopf.
»Du glaubst mir net?« fragte er erschüttert.
»Freilich glaub’ ich dir, aber was sein muß, muß sein.«
»Aber was soll das denn? Ich hab’ nix damit zu tun. Ich hab’ noch nie in meinem Leben gewildert!«
»Das weiß ich doch«, schmunzelte Max. »Beruhige dich wieder. Auch der Christian ist von deiner Unschuld überzeugt, aber das Ganze muß echt ausschauen, für den Fall, daß wir beobachtet werden.«
Der Förster nickte. Tobias indes verstand überhaupt nichts – Kathi ebenso wenig.
»Wer soll uns denn beobachten?«
»Überleg’ doch mal«, erwiderte der Polizist. »Erst die zerstochenen Reifen bei deinem Nachbarn, jetzt der Hirsch, den man dir untergeschoben hat. Jemand will dir ans Leder, das liegt doch auf der Hand. Heut’ früh hat jemand im Forsthaus angerufen und mit verstellter Stimme behauptet, daß du gewildert hättest. Sogar wo du deine Beute versteckt hast, wußte der Anrufer. Ich hoff’, du hältst mich net für so dumm, net gemerkt zu haben, was dahintersteckt.«
Endlich begriff Tobias.
»Und jetzt?« fragte er.
Max machte ein wichtiges Gesicht und griff an seinen Gürtel.
»Jetzt werd’ ich dich festnehmen und abführen«, grinste er – und legte dem Verdutzten Handschellen an.
»Oh, Gott«, stöhnte Tobias, »warum bin ich bloß net in Afrika geblieben!«
Er sah Kathi an.
»Wart’ auf mich«, sagte er. »Ich hoff’, ich komm bald wieder zurück.«
»Darauf würd’ ich net setzen«, foppte Max ihn. »Auf Wilddieberei steht Gefängnis.«
Die Bauerntochter wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie gab Tobias einen Kuß und sah Max Trenker drohend an.
»Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, dann sollst mich kennenlernen!« sagte sie.
»Keine Angst«, lachte der Polizist. »Du bekommst ihn wohlbehalten und im Ganzen wieder zurück.«
Wenig später saßen sie auf dem Revier. Es war schon ein wenig wie ein Spießrutenlauf gewesen, als Max seinen ›Gefangenen‹ durch die Straßen geführt hatte.
Christian Ruland war wieder auf dem Weg ins Forsthaus. Er hatte den toten Hirschbock beschlagnahmt und in den Kofferraum seines Autos gelegt.
Max griff als nächstes zum Telefon und rief im Pfarrhaus an. Sebastian war zwei Minuten später da.
»Jetzt wird’s kriminell!« stellte der Bergpfarrer fest. »Wer könnt’ ein Interesse haben, dem Tobias so zu schaden?«
»Das überleg’ ich schon die ganze Zeit«, erwiderte der Heimkehrer. »Es kann eigentlich nur der Bursche sein, mit dem ich Samstagnacht aneinander geraten bin.«
»Florian Waldner!«
Sebastian nickte. Er war entsetzt über das was geschehen war, aber es erschütterte ihn auch, was Tobias über Kathi und deren Eltern erzählte.
»Darum werd’ ich mich später kümmern«, sagte der Geistliche. »Jetzt geht’s erstmal darum, die Sache mit dem Wild aufzuklären. Der Florian also. Das paßt, er war mit der Kathi befreundet und hat allen Grund, auf Tobias böse zu sein.«
»Aber wir haben keine Beweise«, stellte Max klar.
»Leider«, sagte sein Bruder. »Trotzdem werd’ ich mir den Burschen mal vorknöpfen.«
Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Die Tür zur Revierstube öffnete sich, und Alois Brandhuber trat ein.
»Was willst’ du denn hier?« fragte Max.
Der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann sah die drei Männer schweigend an. Daß der Geistliche auch da war, störte ihn ein wenig. Wenn es ihm möglich war, ging Loisl ihm lieber aus dem Weg.
Er räusperte sich und deutete auf Tobias, der auf einem Stuhl saß.
»Der da war’s net«, sagte der Alte.
Die drei sahen ihn überrascht an.
»Was war er net?« hakte der Polizeibeamte nach.
»Na, das mit der Wilderei. Wir haben sie gesehen, die geschossen haben.«
»Wer ist wir?« fragte Sebastian. »Und wer hat geschossen?«
»Wir... also der Richard und ich...«
»Richard Carpenter?« unterbrach der Geistliche ihn.
»Sag’ ich doch«, nickte Loisl ungehalten. »Also der Richard und ich waren in der Nacht los, die Heilblume zu pflücken. Das geht nämlich nur bei Vollmond, sonst entfaltet sie ihre Wirkung net...«
»Also was ist geschehen?« rief Max ungeduldig.
Der Wunderheiler erzählte. Nicht nur, daß er die beiden Männer genau beschreiben konnte, er wußte auch den Namen des einen – er lautete Georg Heppner.
Sebastian sah Loisl an.
»Du ahnst vielleicht net, wie wertvoll deine Aussage ist«, sagte er. »Aber du hast uns sehr geholfen.«
Er nickte Max und Tobias zu.
»Dann mal los!«
Während Tobias nach Hause ging, fuhr Max los, um den Knecht festzunehmen. Sebastian schlug den Weg zum Steingruberhof ein.
*
Kathi fiel ihrem Liebsten um den Hals, als er durch die Tür kam.
»Der Heppner war’s?« sagte sie erstaunt. »Der war mir noch nie ganz geheuer.«
»Aber es war noch einer beteiligt«, bemerkte Tobias. »Ich kann mir nur vorstellen, daß es der Waldner ist.«
»Florian?«
Kathi war noch erstaunter.
»Der kann doch keiner Fliege was zuleide tun.«
»Trotzdem steht er unter Verdacht. Max meint, er würd’ sehr oft mit dem Heppner zusammenhocken, und Hochwürden ist auch der Meinung.«
Tobias winkte ab.
»Aber das ist mir alles wurscht«, meinte er. »Die Hauptsache ist, daß der Ärger jetzt vorüber ist.«
»Das freut mich auch am meisten«, nickte Kathi und gab ihm noch einen Kuß. »Und jetzt?«
Tobias deutete auf den Terrassentisch.
»Jetzt kochen wir frischen Kaffee, und dann wird endlich gefrühstückt!«
Max Trenker fuhr auf den Brandnerhof und stieg aus. Eine Magd kam aus dem Haus und schaute ihn neugierig an.
»Grüß dich. Ist was gescheh’n?« fragte sie.
»Euer Knecht, ist er da?«
»Der Schorsch?«
Die