Von Flusshexen und Meerjungfrauen. Jennifer Estep. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jennifer Estep
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959915564
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oder so: Wir wünschen euch viel Freude!

      Christian Handel, September 2020

      Danke!

      Dies ist nun schon die fünfte Ausgabe unserer Märchenanthologie und ich liebe jede einzelne davon, denn sie zeigen mir jedes Mal aufs Neue, dass es sich lohnt, verrückten Ideen nachzugehen.

      Als Christian mich damals ansprach und dieses Projekt vorschlug, hatte ich keine Ahnung, was sich alles Großartiges daraus entwickeln würde.

      Es erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit, den Geschichten geschätzter Kolleg*innen wieder Drachenschuppen verleihen zu dürfen. (Auch wenn sie dieses Jahr etwas nach Fisch riechen ... ;) )

      Normalerweise hätten wir das Buch wieder im Rahmen der Frankfurter Buchmesse vorgestellt. Normal ist dieses Jahr aber gar nichts.

      Doch auch wenn sich einiges verzögert hat: Hier ist sie! Und da ich fest daran glaube, dass Wünschen hilft, wünsche ich uns allen, dass wir uns bald schon wieder unbeschwert sehen können. Vielleicht wird es noch etwas dauern. Aber ich glaube fest daran, dass am Ende alles gut wird!

      Ich möchte mich aus tiefstem Herzen bedanken bei

      – allen Autor*innen, die durch ihre Geschichten diese Anthologien überhaupt erst möglich gemacht haben.

      – Christian, der federführend diese Reihe mit so viel Engagement, Liebe und Fürsorge betreut.

      – Soufiane, für die immer wunderschönen Illustrationen.

      – Alex, für all die zauberhaften Cover.

      – unseren wundervollen Fans, die der Wind unter unseren Flügeln sind und die uns auch in schweren Zeiten unterstützen.

      – meinen Early Dragons, die so verrückt waren, ebenfalls lange vor Tages­anbruch aufzustehen, damit ich mich genötigt sah, noch weniger zu schlafen als sonst – und somit Zeit zum Schreiben hatte.

      Ich bin wahrlich ein Glücksdrache! : ) Astrid

      Das Flüstern des Meeres

      Astrid Behrendt

       Astrid Behrendt

      Astrid Behrendt muss ich euch eigentlich nicht vorstellen. Sie ist Kopf, Herz und Hand des Drachenmond Verlags. Vor fast fünfund­zwanzig Jahren hat sie den Verlag gegründet, und seitdem nicht nur an ihren Hoffnungen und Träumen festgehalten, sondern auch tatkräftig dabei geholfen, die zahlreicher anderer Menschen zu erfüllen.

      Sie backt die besten Drachenkekse der Welt, ist Mutmacherin und Buchmensch durch und durch. Um diese Geschichte rechtzeitig beenden zu können, hat sie beschlossen, sehr früh aufzustehen. Der Wecker klingelte deutlich vor fünf Uhr, und das jeden Tag.

      Inspiriert wurde sie zu ihrer Geschichte übrigens von Die kleine Meerjungfrau. Stark im Gedächtnis verhaftet ist ihr die tschechische Verfilmung, die sie – ebenso wie Drei Haselnüsse für Aschenbrödel – wieder und wieder angesehen hat. »Schon als kleines Kind hat mich die Sehnsucht der Meerjungfrau tief berührt«, gesteht sie.

      Astrid begeistert. In vielerlei Hinsicht, aber eben auch mit ihren Geschichten. Ich bin schon gespannt auf den Roman, an dem sie gerade arbeitet.

       www.drachenmond.de

       Das Flüstern des Meeres

       Erzähle mir eine Geschichte, Schwester. Eine Geschichte, wie ich meinen Prinzen treffen werde …

       Wenn das Mondlicht die Schaumkämme der Wellen liebkost und das Murmeln des Meeres nachtträge geworden ist, kann ich deine Stimme hören. Die bittenden Worte, die du unzählige Male gewispert hast, wenn der Schmerz deine Augen verdunkelte. Ich sehe meine Hand, wie sie über deine Stirn gleitet, spüre den zarten Körper, der sich Hilfe suchend an den meinen schmiegt, während die Krämpfe ihn schütteln. Und ich höre mir dabei zu, wie ich deinen Wunsch erfülle.

       »Wie werde ich meinen Prinzen erkennen?«, flüsterst du jedes Mal.

       Dies ist die eine Frage, auf die alles hinausläuft. Die Frage, die dein Halt geworden ist, wenn das Fieber deine Augen trübt. Lippen bewegen sich stumm mit meinen, während ich die magischen Worte ausspreche. Das Versprechen auf das gute Ende.

       »Es wird sein, als würden alle Sterne der Nacht auf einmal aufleuchten. Das Meer verstummt, die Zeit bleibt stehen. Seine Augen werden heller strahlen als die Sonne. Und dein Herz wird wissen: Er ist es!«

       Dann schläfst du ein. Die Hoffnung im Herzen, dass dein Körper dich nicht im Stich lässt, bis das Versprechen eingelöst werden kann. Und ich halte dich, bis die ersten Strahlen der Morgensonne den Horizont küssen, flehe um noch mehr Zeit mit dir – und um den Prinzen, um dir das Glück zu schenken, das du so ersehnst …

      »Würdest du es bitte unterlassen, schlafende Kraken um ebenfalls schlafende Familienangehörige zu knoten?« Die Stimme meines Vaters klingt streng, während er mich zurechtweist, doch mehr amüsiert als verärgert. Meine kleine Schwester kichert und blickt mit leuchtenden Augen zu mir auf. Alles, was sie zum Lachen bringt, ist einen Tadel wert.

      »Eure Cousine wird schon bald wieder abreisen, solange wünsche ich, dass sie unbehelligt bleibt.« Ein letzter mahnender Blick und der Griff um meine Flosse lockert sich.

      Blitzschnell schnappe ich die Hand meiner Schwester und wir schwimmen aus der riesigen Meereshöhle hinaus, die mein Vater fast nie verlässt.

      »Hast du die Abdrücke der Saugnäpfe auf Tirlaras eingebildetem Gesicht gesehen, als sie den Kraken endlich losgeworden ist?«

      Es ist so eine Wonne, das Kichern meine Schwester zu hören, das in unzähligen kleinen Luftblasen aufsteigt und uns umtanzt. Ich wusste, dass ihr der Streich gefallen würde. Es macht nichts, wenn wir Besuch vergraulen, denn es hat sich schon längst der nächste angekündigt. Mein Vater hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine traumverliebten Töchter schnellstmöglich und politisch geschickt zu verbinden. Doch wir wissen es nicht zu schätzen, dass uns die hoffnungsvollen Söhne der benachbarten Meeresdynastien ihre Aufwartung machen. »Spürst du was?«, frage ich meine Schwester jedes Mal neugierig, wenn ihr wieder ein Prinz hoffnungsvoll tief in die Augen geblickt hat.

      »Den dringenden Wunsch davonzuschwimmen!«, lautet stets die Antwort in diesem Ritual, das wir uns in den durchbangten Nächten ausgedacht haben. Und dann entfernen wir uns so schnell es die Etikette erlaubt, überlassen es den älteren Schwestern, neue Allianzen zu sichern und Verantwortung für unser Reich auf sich zu nehmen.

      Meine Verantwortung ist meine kleine Schwester. Niemand hatte mich darum gebeten, aber ich spüre in meinem Herzen, seit meine Mutter sie mir in die Arme gelegt hatte, dass nur ich sie verstehe und nur ich sie würde beschützen können. »Pass gut auf sie auf«, hatte meine Mutter gesagt, mir die Stirn geküsst und war, ohne sich umzusehen, aus unserem Leben geschwommen. Ich wusste, dass sie dabei weinte, denn ihre Tränen vermischten sich mit den meinen im Ozean, der uns alle in sich trug, aber nicht vor dem bewahren konnte, was unser Schicksal für uns vorgesehen hatte.

      Nichts geht verloren, was einmal vom Wasser des Meeres umspült wurde. Gefühle, Erinnerungen, Leben. Das Meer nimmt uns in sich auf und erinnert jede einzelne Geschichte. Ich sehe das Gesicht meines Vaters vor mir, der sich bekümmert abwendet, wenn sein Blick auf mich fällt.