Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Gräfin Capulet und die Wärterin ab.

      JULIA

       Lebt wohl! - Gott weiß, wann wir uns wiedersehn.

       Kalt rieselt matter Schau'r durch meine Adern,

       Der fast die Lebenswärm erstarren macht.

       Ich will zurück sie rufen mir zum Trost.

       Amme! - Doch was soll sie hier?

       Mein düstres Spiel muß ich allein vollenden.

       Komm du, mein Kelch! -

       Doch wie, wenn dieser Trank nun gar nichts wirkte,

       Wird man dem Grafen mit Gewalt mich geben?

       Nein, nein! Dies solls verwehren. Lieg du hier! -

       Sie legt einen Dolch neben sich. Wie? Wär es Gift, das mir mit schlauer Kunst Der Mönch bereitet, mir den Tod zu bringen, Auf daß ihn diese Heirat nicht entehre, Weil er zuvor mich Romeo vermählt? So, fürcht ich, ists! - Doch dünkt mich, kanns nicht sein, Denn er ward stets ein frommer Mann erfunden. Ich will nicht Raum so bösem Argwohn geben. Wie aber, wenn ich, in die Gruft gelegt, Erwache vor der Zeit, da Romeo Mich zu erlösen kommt? Furchtbarer Fall! Werd ich dann nicht in dem Gewölb ersticken, Des giftger Mund nie reine Lüfte einhaucht, Und so erwürgt da liegen, wann er kommt? Und leb ich auch, könnt es nicht leicht geschehn, Daß mich das grause Bild von Tod und Nacht Zusammen mit den Schrecken jenes Ortes Dort im Gewölb in alter Katakombe, Wo die Gebeine aller meiner Ahnen Seit vielen hundert Jahren aufgehäuft, Wo frisch beerdigt erst der blutge Tybalt Im Leichentuch verwest; wo, wie man sagt, In mitternächtger Stunde Geister hausen - Weh, weh! - könnt es nicht leicht geschehn, daß ich, Zu früh erwachend - und nun ekler Dunst, Gekreisch wie von Alraunen, die man aufwühlt, Das Sterbliche, die's hören, sinnlos macht - Oh, wach ich auf, werd ich nicht rasend werden, Umringt von all den greuelvollen Schrecken, Und toll mit meiner Väter Gliedern spielen? Und Tybalt aus dem Leichentuche zerren? Und in der Wut mit irgendeines Ahnherrn Gebein zerschlagen mein zerrüttet Hirn? O da! Mich dünkt, ich sehe Tybalts Geist! Er späht nach Romeo, der seinen Leib Auf einen Degen spießte. - Tybalt, halt! - Ich komme, Romeo! Dies trink ich dir! [Sie trinkt und] wirft sich auf das Bett.

      VIERTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Ein Saal in Capulets Hause

       Gräfin Capulet und die Wärterin.

      GRÄFIN CAPULET

       Da, nehmt die Schlüssel, holt noch mehr Gewürz!

      WÄRTERIN

       Sie wollen Quitten und Orangen haben

       Für ihre Bäckerei.

       Capulet kommt.

      CAPULET

       Auf, rührt euch, frisch! Schon kräht der zweite Hahn,

       Die Morgenglocke läutet; 's ist drei Uhr.

       Sieh nach dem Backwerk, Frau Angelika,

       Spar nichts daran!

      WÄRTERIN

       Topfgucker! Geht nur, geht!

       Macht Euch zu Bett! Ja, Ihr seid morgen krank,

       Wenn Ihr die ganze Nacht nicht schlaf!

      CAPULET

       Kein bißchen! Was! Ich hab um Kleiners wohl

       Die Nächte durchgewacht und war nie krank.

      GRÄFIN CAPULET

       Ja, ja! Ihr wart ein feiner Vogelsteller

       Zu Eurer Zeit! Nun aber will ich Euch

       Vor solchem Wachen schon bewachen.

       Gräfin und Wärterin ab.

      CAPULET

       O Ehestand, o Wehestand! Nun, Kerle!

       Diener mit Bratspießen, Scheiten und Körben treten auf. Was bringt ihr da! [Diener mit Bratspießen, Scheiten und Körben gehn über die Bühne.]

      ERSTER DIENER

       's ist für den Koch, Herr; was, das weiß ich nicht.

      CAPULET

       Macht zu, macht zu!

       Erster Diener ab. Hol trockne Klötze, Bursch! Ruf Petern, denn der weiß es, wo sie sind.

      ZWEITER DIENER

       Braucht Ihr 'nen Klotz, Herr, bin ich selber da

       Und hab nicht nötig, Petern anzugehn.

       Ab.

      CAPULET

       Blitz! Gut gesagt! Ein lustger Teufel! ha,

       Du sollst das Haupt der Klötze sein. - Wahrhaftig,

       's ist Tag; der Graf wird mit Musik gleich kommen.

       Das woll er, sagt' er ja; ich hör ihn schon.

       Musik hinter der Szene. Frau! Wärterin! He, sag ich, Wärterin! Die Wärterin kommt. Weckt Julien auf! Geht, putzt sie mir heraus! Ich geh indes und plaudre mit dem Grafen. Eilt Euch, macht fort! Der Bräutgam ist schon da. Fort, sag ich Euch. Beide ab.

      FÜNFTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Juliens Kammer

       Julia auf dem Bett. Die Wärterin kommt.

      WÄRTERIN

       Fräulein! - Nun, Fräulein! Julia! - Nun, das schläft!

       He, Lamm! He, Fräulein! Pfui, Langschläferin!

       Mein Schätzchen, sag ich! Süßes Herz! Mein Bräutchen!

       Was, nicht ein Laut? Ihr nehmt Eur Teil voraus,

       Schlaft für 'ne Woche; denn ich steh dafür,

       Auf nächste Nacht hat seine Ruh Graf Paris

       Daran gesetzt, daß wenig Ruh Ihr habt!

       Behüt der Herr sie! Wie gesund sie schläft!

       Ich muß sie aber wecken. - Fräulein! Fräulein!

       Laßt Euch den Grafen nur im Bett ertappen,

       Der wird Euch schon ermuntern; meint Ihr nicht? -

       Was, schon in vollen Kleidern? Und so wieder

       Sich hingelegt? Ich muß durchaus Euch wecken.

       He, Fräulein! Fräulein! Fräulein! -

       Daß Gott, daß Gott! Zu Hülfe! Sie ist tot!

       Ach, liebe Zeit! Daß ich je ward geboren!

       Bringt Weingeist, he! He, gnädger Herr! Frau Gräfin!

       Grafin Capulet kommt.

      GRÄFIN CAPULET

       Was ist das für ein Lärm?

      WÄRTERIN

       O Unglückstag!

      GRÄFIN CAPULET

       Was gibts?

      WÄRTERIN