Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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beiseit. Wüßt ich nur nicht, was ihr im Wege steht. Laut. Seht, Graf, das Fräulein kommt in meine Zelle. Julia tritt auf.

      PARIS

       Oh, schön getroffen, meine liebe Braut!

      JULIA

       Das werd ich dann erst sein, wenn man uns traut!

      PARIS

       Man wird, man soll uns Donnerstag vermählen.

      JULIA

       Was sein soll, wird geschehn.

      LORENZO

       Das kann nicht fehlen.

      PARIS

       Kommt Ihr, die Beicht dem Vater abzulegen?

      JULIA

       Gäb ich Euch Antwort, legt ich Euch sie ab.

      PARIS

       Verleugnet es ihm nicht, daß Ihr mich liebt.

      JULIA

       Bekennen will ich Euch, ich liebe ihn.

      PARIS

       Gewiß bekennt Ihr auch. Ihr liebet mich.

      JULIA

       Tu ichs, so hat es, hinter Eurem Rücken

       Gesprochen, höhern Wert als ins Gesicht.

      PARIS

       Du Arme, dein Gesicht litt sehr von Tränen.

      JULIA

       Die Tränen dürfen sich des Siegs nicht rühmen;

       Es taugte wenig, eh sie's angefochten.

      PARIS

       Dies Wort tut, mehr als Tränen, ihm zu nah.

      JULIA

       Doch kann die Wahrheit nicht Verleumdung sein;

       Was ich gesagt, sagt ich mir ins Gesicht.

      PARIS

       Doch mein ist das Gesicht, das du verleumdest.

      JULIA

       Das mag wohl sein, denn es ist nicht mein eigen. -

       Ehrwürdger Vater, habt Ihr Muße jetzt?

       Wie, oder soll ich um die Vesper kommen?

      LORENZO

       Jetzt hab ich Muße, meine ernste Tochter. -

       Vergönnt Ihr uns, allein zu bleiben, Graf?

      PARIS

       Verhüte Gott, daß ich die Andacht störe! -

       Früh Donnerstags will ich Euch wecken, Fräulein;

       So lang lebt wohl! Nehmt diesen heilgen Kuß!

       Ab.

      JULIA

       O schließ die Tür, und wenn du das getan,

       Komm, wein mit mir; Trost, Hoffnung, Hülf ist hin.

      LORENZO

       Ach Julia, ich kenne schon dein Leid,

       Es drängt aus allen Sinnen mich heraus.

       Du mußt, und nichts, so hör ich, kanns verzögern,

       Am Donnerstag dem Grafen dich vermählen.

      JULIA

       Sag mir nicht, Vater, daß du das gehört,

       Wofern du nicht auch sagst, wie ichs verhindre.

       Kann deine Weisheit keine Hülfe leihn,

       So nenne weise meinen Vorsatz nur,

       Und dieses Messer hilft mir auf der Stelle.

       Gott fügt' in eins mein Herz und Romeos,

       Die Hände du; und ehe diese Hand,

       Die du dem Romeo versiegelt, dient

       Zur Urkund eines andern Bundes oder

       Mein treues Herz von ihm zu einem andern

       Verrätrisch abfällt, soll dies beide töten.

       Drum gib aus der Erfahrung langer Zeiten

       Mir augenblicklich Rat; wo nicht, so sieh,

       Wie dieses blutge Messer zwischen mir

       Und meiner Drangsal richtet, das entscheidend,

       Was deiner Jahr und deiner Kunst Gewicht

       Zum Ausgang nicht mit Ehren bringen konnte.

       O zaudre nicht so lang! Den Tod verlang ich,

       Wenn deine Antwort nicht zur Hülfe spricht.

      LORENZO

       Halt, Tochter, ich erspähe was wie Hoffnung!

       Allein es auszuführen heischt Entschluß,

       Verzweifelt wie das Übel, das wir fliehn.

       Hast du die Willensstärke, dich zu töten,

       Eh du dem Grafen Paris dich vermählst,

       Dann zweifl ich nicht, du unternimmst auch wohl

       Ein Ding wie Tod, die Schmach hinwegzutreiben,

       Der zu entgehn du selbst den Tod umarmst;

       Und wenn du's wagst, so biet ich Hülfe dir.

      JULIA

       Oh, lieber, als dem Grafen mich vermählen,

       Heiß von der Zinne jenes Turms mich springen,

       Da gehn, wo Räuber streifen, Schlangen lauern,

       Und kette mich an wilde Bären fest;

       Birg bei der Nacht mich in ein Totenhaus

       Voll rasselnder Gerippe, Moderknochen

       Und gelber Schädel mit entzahnten Kiefern,

       Heiß in ein frisch gemachtes Grab mich gehn

       Und mich ins Leichentuch des Toten hüllen.

       Sprach man sonst solche Dinge, bebt ich schon,

       Doch tu ich ohne Furcht und Zweifel sie,

       Des süßen Gatten reines Weib zu bleiben.

      LORENZO

       Wohl denn! Geh heim, sei fröhlich, willge drein,

       Dich zu vermählen. Morgen ist es Mittwoch;

       Sieh, wie du morgen nacht allein magst ruhn,

       Laß nicht die Amm in deiner Kammer schlafen.

       Nimm dieses Fläschchen dann mit dir zu Bett

       Und trink den Kräutergeist, den es verwahrt.

       Dann rinnt alsbald ein kalter matter Schauer

       Durch deine Adern und bemeistert sich

       Der Lebensgeister, den gewohnten Gang

       Hemmt jeder Puls und hört zu schlagen auf;

       Kein Atem, keine Wärme zeugt von Leben,

       Der Lippen und der Wangen Rosen schwinden

       Zu bleicher Asche, deiner Augen Vorhang

       Fällt, wie wenn Tod des Lebens Tag verschließt;

       Ein jedes Glied, gelenker Kraft beraubt,

       Soll steif und starr und kalt wie Tod erscheinen.

       Als solch ein Ebenbild des dürren Todes

       Sollst du verharren zweiundvierzig Stunden

       Und dann erwachen wie von süßem Schlaf.

       Wenn nun der Bräutigam am Morgen kommt

       Und dich vom Lager ruft, da liegst du tot;

       Dann, wie die Sitte unsres Landes ist,

       Trägt man auf einer Bahr in Feierkleidern

       Dich unbedeckt in die