Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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sagte: Ei, fällst aufs Gesicht?

       Wirst rücklings fallen, wenn du älter bist.

       Nicht wahr, mein Kind? Still wards und sagte: Ja.

      JULIA

       Ich bitt dich, Amme, sei doch auch nur still.

      WÄRTERIN

       Gut, ich bin fertig. Gott behüte dich!

       Du warst das feinste Püppchen, das ich säugte.

       Erleb ich deine Hochzeit noch einmal,

       So wünsch ich weiter nichts.

      GRÄFIN CAPULET

       Die Hochzeit, ja, das ist der Punkt, von dem

       Ich sprechen wollte. Sag mir, liebe Tochter,

       Wie stehts mit deiner Lust, dich zu vermählen?

      JULIA

       Ich träumte nie von dieser Ehre noch.

      WÄRTERIN

       Ein Ehre! Hättst du eine andre Amme

       Als mich gehabt, so wollt ich sagen: Kind,

       Du habest Weisheit mit der Milch gesogen.

      GRÄFIN CAPULET

       Gut, denke jetzt dran; jünger noch als du

       Sind angesehne Fraun hier in Verona

       Schon Mütter worden. Ist mir recht, so war

       Ich deine Mutter in demselben Alter,

       Wo du noch Mädchen bist. Mit einem Wort:

       Der brave Paris wirbt um deine Hand.

      WÄRTERIN

       Das ist ein Mann, mein Fräulein! Solch ein Mann,

       Als alle Welt - ein wahrer Zuckermann!

      GRÄFIN CAPULET

       Die schönste Blume von Veronas Flor.

      WÄRTERIN

       Ach ja, 'ne Blume! Gelt, 'ne rechte Blume!

      GRÄFIN CAPULET

       Was sagst du? Wie gefällt dir dieser Mann?

       Heut abend siehst du ihn bei unserm Fest.

       Dann lies im Buche seines Angesichts,

       In das der Schönheit Griffel Wonne schrieb,

       Betrachte seiner Züge Lieblichkeit,

       Wie jeglicher dem andern Zierde leiht.

       Was dunkel in dem holden Buch geblieben,

       Das lies in seinem Aug am Rand geschrieben.

       Und dieses Freiers ungebundner Stand,

       Dies Buch der Liebe braucht nur einen Band.

       Der Fisch lebt in der See, und doppelt teuer

       Wird äußres Schön' als innrer Schönheit Schleier.

       Das Buch glänzt allermeist im Aug der Welt,

       Das goldne Lehr in goldnen Spangen hält.

       So wirst du alles, was er hat, genießen,

       Wenn du ihn hast, ohn etwas einzubüßen.

      WÄRTERIN

       Einbüßen? Nein, zunehmen wird sie eher;

       Die Weiber nehmen oft durch Männer zu.

      GRÄFIN CAPULET

       Sag kurz, fühlst du dem Grafen dich geneigt?

      JULIA

       Gern will ich sehn, ob Sehen Neigung zeugt;

       Doch weiter soll mein Blick den Flug nicht wagen,

       Als ihn die Schwingen Eures Beifalls tragen.

       Ein Diener kommt.

      DIENER

       Gnädige Frau, die Gäste sind da, das Abendessen auf dem Tisch; Ihr werdet gerufen, das Fräulein gesucht, die Amme in der Speisekammer zum Henker gewünscht, und alles geht drunter und drüber. Ich muß fort, aufwarten; ich bitte Euch, kommt unverzüglich!

      GRÄFIN CAPULET

       Gleich! -

       Der Diener geht ab. Paris wartet; Julia, komm geschwind!

      WÄRTERIN

       Such frohe Nacht auf frohe Tage, Kind!

       Alle ab.

      VIERTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Eine Straße

       Romeo, Mercutio, Benvolio mit fünf oder sechs Masken, Fackelträgern und anderen.

      ROMEO

       Soll diese Red uns zur Entschuldgung dienen?

       Wie? Oder treten wir nur grad hinein?

      BENVOLIO

       Umschweife solcher Art sind nicht mehr Sitte.

       Wir wollen keinen Amor, mit der Schärpe

       Geblendet, der den bunt bemalten Bogen

       Wie ein Tatar geschnitzt aus Latten trägt

       Und wie 'ne Vogelscheuch die Frauen schreckt;

       Auch keinen hergebeteten Prolog,

       Wobei viel zugeblasen wird, zum Eintritt.

       Laßt sie uns nur, wofür sie wollen, nehmen,

       Wir nehmen ein paar Tänze mit und gehn.

      ROMEO

       Ich mag nicht springen; gebt mir eine Fackel!

       Da ich so finster bin, so will ich leuchten.

      MERCUTIO

       Nein, du mußt tanzen, lieber Romeo.

      ROMEO

       Ich wahrlich nicht! Ihr seid so leicht von Sinn

       Als leicht beschuht; mich drückt ein Herz von Blei

       Zu Boden, daß ich kaum mich regen kann.

      MERCUTIO

       Ihr seid ein Liebender; borgt Amors Flügel

       und schwebet frei in ungewohnten Höhn.

      ROMEO

       Ich bin zu tief von seinem Pfeil durchbohrt,

       Auf seinen leichten Schwingen hoch zu schweben.

       Gewohnte Fesseln lassen mich nicht frei;

       Ich sinke unter schwerer Liebeslast.

      MERCUTIO

       Und wolltet Ihr denn in die Liebe sinken?

       Ihr seid zu schwer für ein so zartes Ding.

      ROMEO

       Ist Lieb ein zartes Ding? Sie ist zu rauh,

       Zu wild, zu tobend; und sie sticht wie Dorn.

      MERCUTIO

       Begegnet Lieb Euch rauh, so tut desgleichen!

       Stecht Liebe, wenn sie sticht; das schlägt sie nieder.

       [Zu einem andern aus dem Gefolge.] Gebt ein Gehäuse für mein Antlitz mir: Eine Maske aufsetzend. 'ne Larve für 'ne Larve! [Bindet die Maske vor.] Nun erspähe Die Neugier Mißgestalt: was kümmerts mich? Erröten wird für mich dies Wachsgesicht.

      BENVOLIO