Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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       Ein andrer Teil des Schlachtfeldes

      Getümmel. Cassius und Titinius kommen

      Cassius.

       O sieh, Titinius! sieh! die Schurken fliehn.

       Ich selbst ward meiner eignen Leute Feind:

       Dies unser Banner wandte sich zur Flucht;

       Ich schlug den Feigen und entriß es ihm.

      Titinius.

       O Cassius! Brutus gab das Wort zu früh.

       Im Vorteil gegen den Octavius, setzt' er

       Zu hitzig nach; sein Heer fing an zu plündern,

       Indes uns alle Mark Anton umzingelt.

      Pindarus kommt.

      Pindarus.

       Herr, flieht doch weiter! flieht doch weiter weg!

       Antonius ist in Euren Zelten, Herr;

       Drum, edler Cassius, flieht! Flieht weit hinweg!

      Cassius.

       Der Hügel hier ist weit genug. Schau, schau,

       Titinius! Sind das meine Zelte nicht,

       Wo ich das Feuer sehe?

      Titinius.

       Ja, mein Feldherr.

      Cassius.

       Wenn du mich hebst, Titinius, so besteig

       Mein Pferd, setz ihm die Sporen in die Seite,

       Bis es zu jener Mannschaft dich gebracht

       Und wieder her, damit ich sicher wisse,

       Ob jene Mannschaft Freund ist oder Feind.

      Titinius.

       Wie ein Gedanke bin ich wieder hier. (Ab.)

      Cassius.

       Geh, Pindarus, steig höher auf den Hügel,

       Denn mein Gesicht ist kurz; acht auf Titinius

       Und sag mir, was du auf dem Feld entdeckst.

       (Pindarus ab.)

       An diesem Tage atmet ich zuerst;

       Die Zeit ist um, und enden soll ich da,

       Wo ich begann; mein Leben hat den Kreislauf

       Vollbracht. – Du dort, was gibt's?

      Pindarus (oben).

       O Herr!

      Cassius.

       Was gibt's?

      Pindarus.

       Titinius ist von Reitern ganz umringt;

       Sie jagen auf ihn zu, doch spornt er weiter.

       Nun sind sie dicht schon bei ihm – nun Titinius!

       Sie steigen ab – er auch – er ist gefangen;

       Und horcht! sie jubeln laut. (Freudengeschrei.)

      Cassius.

       Steig nur herunter, sieh nicht weiter zu.

       O Memme, die ich bin, so lang zu leben,

       Bis ich den besten Freund vor meinen Augen

       Gefangen sehen muß!

       Pindarus kommt zurück.

       Komm, Bursch, hieher!

       Ich macht in Parthia dich zum Gefangnen

       Und ließ dich schwören, deines Lebens schonend,

       Was ich nur immer tun dich hieß', du wollest

       Es unternehmen. Komm nun, halt den Schwur!

       Sei frei nun, und mit diesem guten Schwert,

       Das Cäsars Leib durchbohrt, triff diesen Busen.

       Erwidre nichts! Hier fasse du das Heft,

       Und ist mein Angesicht verhüllt, wie jetzt,

       So führ das Schwert. – Cäsar, du bist gerächt

       Und mit demselben Schwert, das dich getötet. (Er stirbt.)

      Pindarus.

       So bin ich frei, doch wär ich's lieber nicht,

       Hätt es auf mir beruht. – O Cassius!

       Weit weg flieht Pindarus von diesem Lande,

       Dahin, wo nie ein Römer ihn bemerkt. (Ab.)

      Titinius und Messala kommen.

      Messala.

       Es ist nur Tausch, Titinius; denn Octav

       Ward von des edlen Brutus Macht geschlagen,

       Wie Cassius' Legionen von Antonius.

      Titinius.

       Die Zeitung wird den Cassius sehr erquicken.

      Messala.

       Wo ließt Ihr ihn?

      Titinius.

       Ganz trostlos, neben ihm

       Sein Sklave Pindarus, auf diesem Hügel.

      Messala.

       Ist er das nicht, der auf dem Boden liegt?

      Titinius.

       Er liegt nicht da wie lebend. – O mein Herz!

      Messala.

       Nicht wahr, er ist es?

      Titinius.

       Nein, er war's, Messala:

       Doch Cassius ist nicht mehr. – O Abendsonne!

       Wie du in deinen roten Strahlen sinkst,

       So ging in Blut der Tag des Cassius unter.

       Die Sonne Roms ging unter; unser Tag

       Ist hingeflohn; nun kommen Wolken, Tau,

       Gefahren; unsre Taten sind getan.

       Mißtraun in mein Gelingen bracht ihn um.

      Messala.

       Mißtraun in guten Ausgang bracht ihn um.

       O hassenswerter Wahn! der Schwermut Kind!

       Was zeigst du doch dem regen Witz der Menschen

       Das, was nicht ist! O Wahn, so bald empfangen,

       Zu glücklicher Geburt gelangst du nie

       Und bringst die Mutter um, die dich erzeugt.

      Titinius.

       Auf, Pindarus! Wo bist du, Pindarus?

      Messala.

       Such ihn, Titinius; ich indessen will

       Zum edlen Brutus und sein Ohr durchbohren

       Mit dem Bericht. Wohl nenn ich es durchbohren;

       Denn scharfer Stahl und giftge Pfeile würden

       Dem Ohr des Brutus so willkommen sein,

       Als Meldung dieses Anblicks.

      Titinius.

       Eilt, Messala!

       Ich suche Pindarus indessen auf. (Messala ab.)

       Warum mich ausgesandt, mein wackrer Cassius?

       Traf ich nicht deine Freunde? Setzten sie

       Nicht diesen Siegeskranz auf meine Stirn,

       Ihn dir zu bringen? Vernahmst du nicht ihr Jubeln?

       Ach, jeden Umstand hast du mißgedeutet!

       Doch halt, nimm diesen Kranz um deine Stirn;

       Dein Brutus hieß mich dir ihn geben; ich

       Vollführe sein Gebot. – Komm schleunig, Brutus,

       Und sieh, wie ich den Cajus Cassius ehrte!