Auch heute noch treffen Sie an vielen Stellen der Stadt auf Zeichen der kaiserlichen Vergangenheit. Kommen Sie mit dem Zug an, finden Sie im Bahnhofsviertel die Karls-, Otto-, Ludwig- und Rudolfstraße, allesamt nach früheren Kaisern benannt. Aber auch in der modernen Architektur der Skyline wird diese Vergangenheit für den Kenner sichtbar. Das 208 Meter hohe Bürogebäude Westend 1 wird wegen seines auskragenden Abschlusses auch als »Kronenhochhaus« bezeichnet. Die elf Zacken auf dem Dach, die in Form einer Krone an die New Yorker Freiheitsstatue erinnern, zeigen auf die Frankfurter Altstadt und somit auf den Ort der früheren Kaiserwahlen und -krönungen.
Altstadt: Neue Altstadt
Der Begriff »Neue Altstadt« mag zunächst ungewöhnlich klingen, fast wie das Paradoxon »schwarzer Schimmel«, ist aber in Frankfurt sinnvoll und wird von den Einheimischen in der Alltagssprache auch so genutzt. Das Technische Rathaus in der Braubachstraße, eine Bausünde aus den 1970er-Jahren, wurde 2010 abgerissen, um an dessen Stelle die einstige Altstadt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zu errichten.
Das Viertel zwischen Dom und Römer wurde 2018 eingeweiht und besteht aus 20 Neubauten und 15 Rekonstruktionen. Letztere sollten möglichst originalgetreu gestaltet werden, was angesichts der heutigen Baurichtlinien und Brandschutzauflagen nur eingeschränkt möglich war. Puristen der historischen Architektur bezeichnen diese Bauweise als »zu weit entfernt vom Original« und werfen das Wort »Filmkulisse« in den Raum. Andere Menschen – und diese sind angesichts der Besucherzahlen eindeutig in der Mehrheit – erfreuen sich an den prachtvoll rekonstruierten Gebäuden, allen voran an der sehenswerten Fassade des Hauses zur goldenen Waage. Es wurden alte Handwerkstechniken eingesetzt, die nur noch von wenigen Betrieben ausgeführt werden können. Dabei konnten einige sogenannte Spolien integriert werden – Originalteile aus der ehemaligen Altstadt, die das Bombardement im März 1944 überstanden hatten und an verschiedenen Orten eingelagert waren.
Das Foto zeigt einen Blick aus dem zweiten Stockwerk des Struwwelpetermuseums auf den zentralen Hühnermarkt. Genau diese Aussicht genoss in den 1750er-Jahren Goethes Tante Melber, der das Originalhaus an gleicher Stelle gehörte. Die Familie Goethe lebte hier fast zwei Jahre, während ihr eigenes Haus im Großen Hirschgraben umgebaut wurde. Im Zentrum des Hühnermarkts sieht man den berühmten Stoltze-Brunnen, oben im Bild quer den Krönungsweg.
Mehr als 30 Läden, Cafés und Restaurants rund um den Hühnermarkt bieten mannigfaltige Möglichkeiten zum Genießen, Stöbern und Ausruhen.
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Neue Altstadt
Rund um den Hühnermarkt
60311 Frankfurt am Main
Haus zur goldenen Waage
Markt 5
60311 Frankfurt am Main
Altstadt: Karmeliterkloster
Sie suchen nach einem hektischen Tag ein ruhiges, aber besonderes Plätzchen in der Altstadt? Oder wollen Sie einfach der Witterung entfliehen und nebenbei einen der größten Frankfurter Kunstschätze entdecken? Dann finden Sie im Karmeliterkloster, ganz in der Nähe des Römerbergs, genau das, was Sie suchen.
Mit dem Bau der heute leider wenig beachteten Klosteranlage wurde um 1250 begonnen. Das spätgotische Klostergebäude folgte in den Jahren 1460 – 1520. Schon beim Betreten des Kreuzgangs spüren Sie die Stille und Ruhe. Balsam für Ihre Ohren. Dabei gibt es viel zu erzählen. Die Wandbilder von Jörg Rathgeb, hier und im Refektorium im Nordtrakt, sind die größten nördlich der Alpen und zählen zu den großen Kunstschätzen der Stadt. Die spätmittelalterlichen Malereien entstanden im frühen 16. Jahrhundert und zeigen Zyklen der Ordens- und Heilsgeschichte. Die ruhige Stätte, als die sich das Kloster seinen Besuchern meistens präsentiert, war und ist es nicht immer. Einst diente es der Stadt als Warenlager, im 19. Jahrhundert zeitweise als Kaserne.
Im obersten Stock befindet sich das Archiv der Stadt mit Beständen, die ins 9. Jahrhundert zurückreichen. Wenn Sie Fragen zu Frankfurt haben, die nicht in diesem Buch beantwortet werden, können Sie hier recherchieren. Besuchen Sie aber zuerst das durch eine Tür im südlichen Kreuzgang erreichbare Archäologische Museum. Auf so manche Frage findet sich hier vielleicht eine Antwort. Für lautere Unterhaltung sorgen Klosterkonzerte im Kreuzgang und das satirische Theater Die Schmiere im Keller. Als das Kloster 1803 im Zuge der Säkularisierung in den Besitz der Stadt kam, hatte es noch einen weiteren Schatz dabei. Die Weinberge des Klosters in Hochheim am Main bildeten den Grundstock des heutigen Weinguts der Stadt. Mit fast 25 Hektar Rebfläche ist es eines der größten des Rheingaus.
Ein weiteres unbekanntes Kleinod der Altstadt ist St. Leonhard. Die Kirche aus dem Jahre 1219 liegt nur ein paar Meter weiter südlich Am Leonhardstor 25.
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Karmeliterkloster
Institut für Stadtgeschichte
Münzgasse 9
60311 Frankfurt am Main
069 212384 25
Archäologisches Museum Frankfurt
Karmelitergasse 1
60311 Frankfurt am Main
069 21235896
www.archaeologisches-museum.frankfurt.de
Innenstadt: Eschenheimer Turm
Wir Frankfurter lieben diesen Turm. Er steht einfach da und bezaubert. Betrachtet man ihn von Norden, mit dem neobarocken Wohnhaus von 1890 dahinter, fragt man sich, wie er wohl um das Jahr 1900 wirkte. Ein Jahrhundert des Um- und Abbruchs hatte die Stadt gerade hinter sich gebracht. Aus dem Schutzwall um die Stadt waren Gärten und Promenaden entstanden. Knapp 60 Türme der Befestigungsanlage, zu der auch der Wachturm gehörte, hatten weichen müssen, um auch Platz für neue Wohnviertel zu schaffen. Alles war großzügiger geworden. Wer es sich leisten konnte, war aus der beengten Altstadt ausgezogen. Drei Mal hatte der Eschenheimer Turm im 19. Jahrhundert abgerissen werden sollen. Einmal war es der französische Botschafter Hédouville, der im letzten Moment interveniert hatte.
Da stand er nun. Seiner Funktion beraubt. Irgendwie dem Neuen im Wege. So wuchs die Stadt um ihn herum und er in sie hinein. Der Turm, damals schon ein Monument, überragte mit seinen 47 Metern und rund 470 Jahren alle umgebenden Gebäude deutlich. Aber auch außerhalb seiner bis zu 2,50 Meter mächtigen Mauern war hier die Zeitenwende zu sehen. Östlich des Turms warteten, wie zu alten Zeiten, die Pferdedroschken mit ihren Kutschern in roten Westen und schwarzen Hüten unter den Platanen. Zwei der Bäume stehen heute noch dort. Hochmodern ging es nördlich des Turms zu. Von hier fuhren ab 1888 Dampfwagen der Frankfurter Lokalbahn ins nahe Eschersheim. Wegen der holprigen Strecke, die einen kräftig durchschüttelte, liebevoll »Knochemiehl« genannt.