Die Pickwickier. Charles Dickens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183319
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Gentleman. "Joe! – Der verdammte Junge, jetzt schläft er wieder – Joe, laß den Tritt hinunter."

      Der fette Junge schob sich langsam vom Bock, ließ den Tritt nieder und hielt einladend den Wagenschlag offen. In diesem Augenblicke erschienen Mr. Snodgraß und Mr. Winkle.

      "Platz genug für alle, meine Herren. Zwei innen; einer außen. Joe, mach Platz auf dem Bock. Nun, Sir, kommen Sie!" – Der stattliche Gentleman streckte seinen Arm aus und half zuerst Mr. Pickwick und dann Mr. Snodgraß in den Wagen. Mr. Winkle stieg auf den Bock, der Junge setzte sich daneben und versank sofort in Schlummer.

      "Meine Herren", sagte der stattliche Gentleman, "außerordentliches Vergnügen. Kenne Sie sehr gut, meine Herren, wenn Sie sich auch vielleicht meiner nicht mehr erinnern, Brachte letzten Winter mehrere Abende in Ihrem Klub zu – traf diesen Morgen unvermutet meinen Freund Mr. Tupman und war sehr erfreut, ihn zu sehen. Nun, Sir, und wie befinden Sie sich? Sehen vortrefflich aus – auf Ehre!"

      Mr. Pickwick dankte für das Kompliment und schüttelte dem freundlichen Herrn mit den Stulpenstiefeln herzlich die Hand.

      "Nun, und wie geht es Ihnen, Sir?" fragte der stattliche Gentleman und wandte sich mit väterlicher Teilnahme an Mr. Snodgraß. "Vortrefflich? – Nun, das ist schön – das ist schön. Und wie geht es Ihnen, Mr. Winkle. Gut? Freut mich zu hören. Freut mich wirklich ungemein. Meine Töchter, meine Herren – meine Deerns, und dies ist meine Schwester, Miß Rachel Wardle. Sie ist immer noch Fräulein, so leid es ihr auch tut. Fräulein! – Sie verstehen. Ha?" Der stattliche Gentleman stieß Mr. Pickwick vertraulich mit dem Ellenbogen in die Rippen und lachte herzlich.

      "Aber Bruder!" flötete Miß Wardle mit einem bittenden Blick.

      "Freilich, freilich", erwiderte der stattliche Gentleman. "Stimmt doch, oder nicht? Pardon, meine Herren, hier mein Freund Mr. Trundle. So, und jetzt kennen sich die Herrschaften, und da können wir's uns ja bequem machen und sehen, was da drüben alles vorgeht; dächte ich jedenfalls!"

      Der stattliche Gentleman setzte seine Brille auf, Mr. Pickwick nahm sein Fernglas, und alles stand aufrecht im Wagen und sah über die Schulter des Vordermannes den Evolutionen der Truppen zu.

      Das Manöver war in vollem Gang. Man sah eine Reihe Soldaten über die Köpfe einer andern wegfeuern und davonrennen, Karrees bilden und die Offiziere in die Mitte nehmen. Dann wurde an Strickleitern auf der einen Seite der Schanze hinab- und auf der ändern wieder hinaufgeklettert, man riß Barrikaden von Schanzkörben nieder, kurz, benahm sich so tapfer wie nur irgend möglich. Ungeheure Kanonen wurden mit Instrumenten, die wie riesige Schornsteinfegerwische aussahen, geladen, und die Vorbereitungen, bis sie losgeschossen wurden, und endlich gar das Abbrennen selbst waren mit einem so entsetzlichen Lärm verbunden, daß die Lüfte vom Angstgeschrei der Damen widerhallten. Die jungen Misses Wardle waren so erschrocken, daß Mr. Trundle eine von ihnen stützen mußte, während Mr. Snodgraß der ändern seine Schulter lieh und Mr. Wardles Schwester einen solchen Nervenschock bekam, daß es Mr. Tupman für unumgänglich notwendig hielt, seinen Arm um ihre Taille zu legen, um sie aufrecht zu halten. Alles war in der größten Aufregung, nur der fette Junge nicht, der so sanft fortschlief, als wäre der Kanonendonner ein Wiegenlied.

      "Joe, Joe!" rief der stattliche Gentleman, als die Zitadelle genommen war und Belagerer und Belagerte sich zum Essen lagerten. "Verdammter Junge, schläft er schon wieder. Bitte, möchten Sie ihn nicht ein bißchen in die Waden zwicken, Sir, anders ist er nicht zu erwecken. So, besten Dank, Sir. Den Korb ausgepackt, Joe!"

      Der fette Junge rutschte vom Bock herunter und begann den Korb auszuleeren, wobei er einen größeren Eifer entfaltete, als man bei seiner Trägheit von ihm hätte erwarten können.

      "Jetzt müßten wir allerdings zusammenrücken", sagte der stattliche Gentleman.

      Darauf wurden zunächst viele Witze über die weiten ärmel der Damen gemacht, die jetzt wohl sehr zerdrückt werden würden, und die Damen erröteten ausgiebig über die scherzhaften Einladungen, sie möchten sich doch den Herren auf den Schoß setzen, bis endlich die ganze Gesellschaft richtig Platz in dem Wagen gefunden hatte und der stattliche Gentleman den Inhalt des Korbes aus den Händen des fetten Jungen entgegennahm, der zu diesem Zweck hinten auf die Achse gestiegen war.

      "Jetzt, Joe, Messer und Gabeln!"

      Die Messer und Gabeln wurden übergeben und die Damen und Herren im Wagen und Mr. Winkle außen auf dem Bock mit diesen nützlichen Werkzeugen versehen.

      "Teller, Joe, Teller!"

      Die Teller wurden auf gleiche Weise verteilt.

      "Jetzt, Joe, das Geflügel. Verdammter Junge, schläft er schon wieder. Joe, Joe!" – Einige Winke mit einem Stock auf den Kopf, und der fette Junge erwachte langsam aus seiner Schlaftrunkenheit. – "Geschwind, gib die Eßwaren her!"

      Es lag etwas in dem Klange der letzten Worte, was den Schmalz Jüngling lebendig machte. Er sprang auf und starrte mit schwerem Auge, aus den dicken Pausbacken hervorblinzelnd, heiß und gierig auf die Speisen, die er dem Korbe entnahm.

      "Nun, mach fix!" rief Mr. Wardle, denn der fette Junge warf äußerst verliebte Blicke auf einen Kapaun, von dem er sich kaum trennen zu können schien. Mit einem tiefen Seufzer und einem glühenden Blick auf den wohlgemästeten Vogel übergab er ihn endlich mit widerstrebender Hand seinem Herrn.

      "So ist's recht – sieh genau nach. Jetzt die Zunge – die Taubenpastete. Den Kalbsbraten und den Schinken nicht vergessen – und die Hummern. Nimm den Salat aus dem Tuche, so, und die Servietten." Dies waren die hastigen Befehle, die Mr. Wardles Lippen entströmten, während er die genannten Gegenstände in Empfang nahm und jedem eine Menge Teller in die Hand gab oder auf die Knie setzte.

      "Na, ist das nicht fein?" fragte der heitere Mann, als das Werk der Zerstörung begonnen hatte.

      "Fein!" sagte Mr. Winkle und zerlegte sein Huhn auf dem Bock.

      "Glas Wein gefällig?"

      "Wenn ich bitten darf."

      "Ich will Ihnen lieber eine Flasche hinaufreichen, oder?"

      "Sie sind sehr gütig."

      "Joe!"

      "Ja, Sir?" Joe schlief diesmal nicht, weil er soeben ein Kalbfleischpastetchen stibitzt hatte.

      "Flasche Wein dem Herrn auf dem Bock. Wohl bekomm's, Sir."

      "Danke."

      Mr. Winkle leerte sein Glas und stellte die Flasche neben sich.

      "Darf ich mir gestatten, mein Herr?" sagte Mr. Trundle zu Mr. Winkle.

      "Prosit!" antwortete Mr. Winkle. Die beiden Herren stießen miteinander an, und die ganze Gesellschaft beteiligte sich.

      "Wie die liebe Familie mit dem fremden Herrn kokettiert!" flüsterte Miß Wardle, die Tante, mit echtem Altjungfernneid ihrem Bruder zu.

      "Wüßte nicht", sagte aufgeräumt der alte Herr. "Finde es ganz natürlich; sozusagen – nichts Außergewöhnliches. Mr. Pickwick, etwas Wein gefällig?"

      Mr. Pickwick, inzwischen tief in den Bauch einer Taubenpastete eingedrungen, nahm dankend an.

      "Liebe Emilie", verwies die Jungfer Tante mit Gouvernantenmiene, "sprich doch nicht so laut, Kind."

      "Aber Tante!"

      "Die Tante und der kleine alte Herr wollen, glaube ich, allein das Recht haben zu reden", flüsterte Miß Isabella Wardle ihrer Schwester Emilie zu. Die jungen Damen lachten herzlich, und die alte bemühte sich, liebenswürdig auszusehen, konnte es aber nicht zuwege bringen.

      "Junge Mädchen sind so lebhaft", sagte sie zu Mr. Tupman mit einer Miene des Bedauerns, als ob Lebhaftigkeit Konterbande und, ohne höhere Erlaubnis, sündhaft und verbrecherisch wäre.

      "Gewiß, wohl", entgegnete Mr. Tupman in einem Ton, der der erwarteten Antwort nicht ganz entsprach. "Es ist entzückend."

      "Hm!" erwiderte die jungfräuliche Tante etwas verstimmt.

      "Darf ich mir erlauben?" fragte Mr. Tupman