Drachengabe - Halbdunkel - Diesig - Finster. Torsten W. Burisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Torsten W. Burisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960742906
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schon war: seine Nase. Die Augen waren zu Schlitzen verengt, als würden sie gegen die Sonne gucken. Einige graue Haare lugten unter dem besagten, unglaublich großen Hut hervor. Sie fielen aber nicht in die Stirn, sondern drehten sich nach oben, sodass sie sich unter die breite Hutkrempe drückten. Er trug einen dunkelgrünen Mantel, der ihm einen Tick zu groß war, ein Hemd in Moosgrün und eine Hose in Hellgrün. Der Hut hatte dieselbe Farbe wie der Mantel und an dessen spitzem Ende hingen drei Kugeln nach hinten herunter, von denen jede einen Durchmesser so groß wie sein Kopf hatte. Zwei waren von demselben Grün wie das Hemd und die mittlere in dem Farbton der Hose. Dantra war davon überzeugt, dass, selbst wenn die Kugeln nur aus Filz gefertigt wären, ihr Gewicht eigentlich den Hut nach hinten herunterziehen müsste. Doch dieser schien sicher auf dem mondrunden Kopf zu sitzen.

      Dantra war gerade im Begriff, den Mund aufzumachen, um sich sein Gegenüber von Akinna erklären zu lassen, als das Männchen ihn ansprach: „Ist es nicht verboten, diese Blumen zu zerstören?“ Es war zwar eine Frage, aber es hörte sich doch eher an wie eine Ermahnung. Die Stimme war für so eine kleine Person überraschend dunkel und hatte sogar etwas Erhabenes an sich. Was allerdings Dantra nicht daran hinderte, genauso patzig, wie er es auch bei jedem anderen in dieser Situation getan hätte, zu antworten: „Ja, es ist verboten. War ein Versehen. Aber bei dem, was heute passiert ist, macht das den Kohl wohl auch nicht mehr fett, oder?“

      „Passiert? Akinna?“ Er sah die Elbin auffordernd an.

      „Ist das der Grund, warum ich ihn schon jetzt mitgebracht habe?“, begann Akinna zu erläutern. Dantra verstand nicht ganz, was sie damit sagen wollte. Beziehungsweise warum sie seine Frage, anstatt sie zu beantworten, mit einer Gegenfrage konterte. „Ist es nicht so gut gelaufen? Und war es doch nicht so leicht wie gedacht?“, fuhr Akinna fort.

      „Nein, es war nicht wirklich leicht und es lief beschissen“, warf Dantra ungehalten dazwischen. „Ich dachte, du wärst dabei gewesen. Wieso stellst du denn jetzt alles hier infrage?“, fügte er noch hinzu.

      Akinna sah ihn mahnend an. „Schweig! Auch wenn es dir schwerfällt. Ich erkläre es dir später.“

      Sie wandte sich wieder dem erwartungsvoll dreinblickenden Männchen zu und erzählte, was geschehen war. Wie sich die Schlacht als Hinterhalt herausstellte. Dass Peewee im Kampf gefallen war. Dass Dantra die aussichtslose Situation mit seiner magischen Kraft bereinigt hatte. Und selbst dass Comal bei all dem im Wald geblieben war und nicht am Kampf teilgenommen hatte. Aber alles das tat sie ausnahmslos in Form von Fragen.

      Dantra hielt sich währenddessen zurück, so wie es Akinna verlangt hatte. Zumindest bis zu dem Punkt, als der kleine Mann ihn wieder ansah und Akinna skeptisch fragte: „Hattest du ihn dir nicht auch anders vorgestellt?“

      Und sie antwortete: „Ja, habe ich das?“

      „Wieso?“, zischte Dantra sie beleidigt an. „Was ist denn an mir nicht, wie es sein sollte? Fehlt vielleicht irgendetwas?“ Missmutig sah Dantra an sich herab. Er hatte einen Kopf, einen Rumpf, vier Glieder und ein fünftes, das ihn zum Mann machte. Also was war es, das sie vermissten? Er hatte keine Ahnung, was oder wen sie suchten. Was den, der der Richtige wäre, ausmachte. Er wusste ja nicht einmal, wofür der Gesuchte der Richtige sein sollte. Fakt war aber, dass es sich bisher anhörte, als würden sie einen Mann mit einer oder mehreren besonderen Fähigkeiten suchen. Und so einer war er. Und wenn sie noch länger über ihn redeten, als wäre er gar nicht anwesend, dann würde er ihnen gleich seine besagte Fähigkeit um die Ohren hauen. Doch das sollte nicht nötig sein. Er hatte nur kurz genervt in den immer noch viel zu hellen Abendhimmel geschaut und schon war das Männchen so schnell verschwunden, wie es gekommen war. Also trottete Dantra schlecht gelaunt hinter Akinna her, zurück zu ihrem Nachtlager. Dort angekommen ließen sie sich wieder ins weiche Moos fallen.

      Akinna war natürlich aufgefallen, dass Dantra wegen ihrer offenkundigen Enttäuschung über sein Erscheinungsbild etwas geknickt war. „Du musst mich verstehen“, fing sie entschuldigend an, „ich suche jetzt schon seit über eineinhalb Jahren. Das mag in Anbetracht dessen, wie alt ich als Elbin werden kann, vielleicht nicht lang sein, wenn man sich jedoch Tag für Tag Fragen stellt wie Hast du ihn vielleicht schon getroffen, aber ihn nicht erkannt? oder Bin ich dieser Aufgabe überhaupt gewachsen?, dann kommt einem jeder Tag wie ein Monat vor. Wenn man dann bemerkt, dass man möglicherweise, ja, sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit den Richtigen gefunden hat und es ein sehr junger Mann ist, dem noch unglaublich viel Wissen und Erfahrung fehlen, wofür er zwar nichts kann“, warf sie schnell ein, da Dantra gerade im Begriff war, sich zu rechtfertigen, „und er dieses fehlende Wissen auch nicht mit einem breiten Kreuz und einem Schlachtherz in der Brust wettmacht, dann kann das schon enttäuschen. Und genau das war auch der Grund, warum ich von Anfang an etwas grob zu dir war. Ich wollte mir einfach nicht eingestehen, dass das Bild des Wegbegleiters an meiner Seite falsch sein könnte. Verstehst du das?“ Akinna sah ihn erwartungsvoll an.

      Nach einer kurzen Denkpause schaute Dantra zu ihr auf. „Also, wenn ich das richtig sehe“, jammerte er etwas wehleidig, „bin ich in deinen Augen nichts weiter als ein unwissender Hungerhaken, bei dem es reicht, wenn er sein Kinn in den Wind hält, um sich zu rasieren?“

      „Quatsch!“, gab sie entschieden zurück. Wobei sie allerdings froh war, dass er erneut seinen traurigen Blick auf seine Füße gelenkt hatte. Denn ein vergeblich unterdrücktes Grinsen über seine amüsante Selbstbeschreibung zierte ihr Gesicht. „Du bist einfach nur nicht das, was ich mir in diesem konkreten Fall vorgestellt habe. Hätten wir uns unter anderen Umständen kennengelernt, hätte ich wahrscheinlich gesagt: Hey, ich glaube, du bist ein echt netter Kerl.“ Dantra sah auf. Akinna schaute nun wieder ernst und entschlossen. Aber dennoch nahm er nichts von dem, was sie gerade gesagt hatte, für bare Münze. „Ja, ja. Und gleich willst du mir noch weismachen, dass Drachen Eier legen“, brummte er sie an.

      „Äh ...“

      „Was?“

      „Na ja, Drachen legen Eier. Genauer gesagt legt jeder Drache ein Ei in seinem Leben.“

      „Na toll!“ Nun schien die Stimmung bei Dantra vollends im Keller zu sein. „Nicht einmal das habe ich gewusst.“

      „Und damit sich das ändert, machen wir nun eine Fragerunde.“ Akinnas Aufheiterungsversuch war erfolgreicher, als sie es sich gewünscht hatte.

      Dantras Gesicht hellte sich schlagartig auf, als hätte er nur darauf gewartet, dass sie genau das zu ihm sagte. Und schon brodelte es aus ihm heraus. „Warum habt ihr gerade nur fragend miteinander gesprochen? Was war das überhaupt für ein Ding? Gehört der zur Gattung der Zwerge oder eher zu den Gnomen?“

      Akinna hob ihre Hand, um auf sich aufmerksam zu machen, und Dantra schwieg, wobei er jedoch seinen Mund geöffnet ließ, als wollte er nur kurz ihren Einwand abwarten, um anschließend sogleich fortzufahren. „Fragerunde heißt nicht, dass du ohne Unterbrechung Fragen stellen sollst“, erklärte sie ihm, „sondern dass du nach einer gestellten Frage immer erst einmal die Antwort abwartest, bis du die nächste an mich richtest. Ansonsten macht die Sache ja wohl wenig Sinn, oder?“

      „Hast ja recht“, gestand Dantra ein, „ich versuche mich zu zügeln. Ich hab eben lange auf so eine Gelegenheit warten müssen“, fügte er noch entschuldigend hinzu.

      „Also gut“, begann Akinna. „Wir haben gerade nur in der Frageform miteinander geredet, da es natürlich immer möglich ist, selbst an einem Ort wie diesem, dass irgendjemand einen belauscht. Aber da fast alle Spione der Drachen nur auf eine mangelnde Intelligenz zurückgreifen können, verstehen sie den Sinn eines Gespräches nicht, wenn sie nur Fragen, aber nie Antworten hören. Und in diesem Fall verliert das Gehörte an Wert und wird gar nicht weiter beachtet.“ Akinna kam ansatzlos zur nächsten Antwort. „Zu der Frage, wer das gerade gewesen ist, mit dem wir uns unterhalten haben. Sein Name ist Nomos. Er gehört keiner der dir bekannten Gattungen an wie den Zwergen oder Gnomen. Er ist seine eigene Spezies. Man nennt ihn einen Zlif oder auch Begleiter. Früher gab es viele von ihnen. Aber nach der Machtübernahme durch die Drachen und die damit verbundene ethnische Säuberung von magischen Geschöpfen wurden sie mehr als nur selten.“

      „Sind