»Gut – vielen Dank. Ich werde mich melden, sobald ich eingezogen bin. Vielleicht trinken Sie dann auch einmal bei mir eine Tasse Tee oder Kaffee. Ob meine Wirtschafterin allerdings Waffeln backen kann, weiß ich nicht. Sie ist wahnsinnig tüchtig, aber eine miserable Köchin. Trotzdem bin ich froh, dass sie bereit ist, mir in die Einsamkeit der Heide zu folgen. Als Witwer muss man bescheiden sein, und Waffeln bedeuten nicht die Seligkeit des Lebens.« Er lächelte.
»Waffeln macht uns meine gute Ama«, erwiderte Beate so ernst, als handle es sich um ein wichtiges Problem.
*
Werner Breuer erschien ohne vorherige Anmeldung, wie es in letzter Zeit stets seine Art gewesen war. Er fuhr fort, hatte wieder einmal ein neues Auto und darin nicht weniger als drei Koffer, die im Wesentlichen voll schmutziger Wäsche waren. Er übergab Ama mit entwaffnender Selbstverständlichkeit das Gepäck und bat sie, ihm die Wäsche schnell in Ordnung zu bringen.
Beate war gerade beim Honigschleudern. Diese wichtige Arbeit versah sie stets gemeinsam mit dem Imker.
»Komm heraus aus diesem gefährlichen Zimmer. Hier wimmelt es ja von Bienen. Man ist seines Lebens nicht sicher«, forderte ihr Mann sie auf, nachdem er sie endlich entdeckt hatte.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist, Werner«, erwiderte Beate ruhig. »Aber zuerst muss ich hier fertig sein. Geh zu Ama und lass dir etwas zu essen machen. Du siehst müde und angestrengt aus.«
Er zuckte die Achsel. »Na, so arg ist es nicht, Liebling. Aber ich bin enttäuscht, dass du jetzt keine Zeit für mich hast, nachdem ich so lange weg war.«
»Es dauert noch ungefähr eine Stunde, Werner. Bis dann. Nicht nach den Bienen schlagen! Sonst stechen sie dich und werden auch uns gegenüber nervös und aggressiv. Sie tun dir nichts, wenn du ruhig bleibst.«
Werner Breuer ergriff schleunigst die Flucht. Er hatte kein besonders inniges Verhältnis zur Natur, zum Landleben oder zu den Tieren. Vor Bienen aber hatte er fast eine panische Angst. Wie es seine Frau fertigbrachte, zwischen den summenden Bienen zu hantieren, war ihm stets ein Rätsel geblieben.
Werner schlenderte zum Haus zurück und badete ausgiebig, wobei er das Badezimmer in eine tropfende, dampfende Sauna verwandelte.
Als Beate kam, war noch nicht einmal eine Stunde vergangen. Sie fand ihren Mann auf der Terrasse bei einem Aperitif. Er hatte sich aus dem Getränkeschrank bedient und fragte nun mit der Geste des Hausherrn, ob sie auch etwas haben wolle.
»Danke, ich ziehe mich erst um, Werner. Wenn ich bei den Bienen bin, muss ich mich immer dick anziehen. Also, bis gleich.«
Beate wischte zunächst im Bad auf. Dann zog sie sich aus, duschte und schlüpfte in ihren blauen Leinenrock und die weiße Bluse. Da sie sich auch das Haar gewaschen hatte, sah sie jetzt fast genauso reizend und gepflegt aus wie vor knapp zwei Wochen, als sie Gert Rhode empfangen hatte. Doch ihre Augen leuchteten nicht.
Sie reichte Werner die Hand. Seiner Umarmung entzog sie sich.
»Da bin ich wieder«, meinte er fröhlich und unbekümmert. »Du hast sicherlich schon gedacht, ich komme überhaupt nicht mehr zurück. Stimmt es, dass du Uwe in ein Kinderheim gesteckt hast?«
»Gesteckt nicht. Ich sah keine andere Möglichkeit. Ich musste mich dazu entschließen, weil Uwe hier nicht mehr zu seinem Recht kam.«
Werner betrachtete ihre harten, schrundigen Finger. »Du arbeitest viel zu viel«, schalt er. »Eine elegante Frau hat solche Hände nicht. Schon gar nicht die Herrin von Gut Heidehof.«
Beate zog die Brauen zusammen. »Ja, ich habe verarbeitete Finger. Es ist nicht zu ändern. Wie war die Reise? Hast du dich gut amüsiert?«
Werner war betroffen. Ein neuer Unterton schwang in Beates Stimme mit. Sarkastisch und auch selbstsicher klang das, was sie da sagte.
»Auf geschäftlichen Reisen amüsiert man sich im Allgemeinen nicht«, behauptete er und deutete hinter der vorgehaltenen Hand ein Gähnen an. »Du lebst hier zwischen deinen Hühnern und Bienen und hast von der großen Welt mit ihren Härten und Schwierigkeiten keine Ahnung.«
Beate verzog den Mund. »Nein, keine Ahnung«, wiederholte sie spöttisch seine Worte. »Ich kann mir nicht vorstellen, was du tust, und ich habe auch keinen Einblick in die schweren Strapazen, denen du dich in den letzten Monaten unterziehen musstest. Du tust mir aufrichtig leid.«
»Was ist eigentlich los?«, fragte er nervös und ärgerlich. »Ich dachte, du freust dich, dass ich wieder da bin. Ich hatte vor, einen kurzen Urlaub hier zu verbringen. Den habe ich nämlich wirklich verdient.«
»Ist dir ein guter Abschluss gelungen? Hast du endlich irgendwo beruflich Fuß fassen können?«, fragte sie, wobei man hörte, dass sie kaum an diese Möglichkeit glaubte.
»Ich bin jetzt Teilhaber einer Exportfirma geworden. Die Sache läuft jetzt an. Ich brauche eigentlich nur darauf zu warten, dass die Transaktionen Gewinn abwerfen. Du darfst allerdings nicht gleich Millionen erwarten. Immerhin befinden wir uns in einer weltweiten wirtschaftlichen Flaute. Aber die ganze Angelegenheit ist solide und sicher. Ich wollte kein Risiko eingehen. Ich könnte dir sogar mit gutem Gewissen empfehlen, Geld in dieses Geschäft zu investieren.«
Beate schob die Unterlippe vor und blies die Luft durch die Nase. Sie kannte diese schwungvollen Einleitungen, die grundsätzlich darin gipfelten, dass Werner sie in irgendeiner Form um Geld anging.
»Ich werde dir kein Geld mehr geben, Werner. Dir verdanke ich es, dass der Heidehof verschuldet ist. Als wir heirateten, lag keine einzige Hypothek auf dem Gut. Du hast ein Geschäft nach dem anderen angefangen und niemals Erfolg gehabt. Wenn du jetzt wirklich erfolgreich bist, so solltest du daran denken, die Hypotheken abzulösen. Ich habe nichts mehr, was ich dir geben könnte.« Sie wies ihre Hände vor. »Du machst mir Vorwürfe, dass ich harte Finger bekommen habe. Als wir heirateten, verfügte das Gut über ausreichendes Personal und warf auch genügend ab. Dass es jetzt anders ist, darfst du wohl kaum mir ankreiden.«
»Was ist nur mit dir?«, wiederholte Werner Breuer seine Frage von vorhin. »Keinen Kuss, keine erfreuten Mienen. Schon Ama zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, als sie mich sah. Habt ihr euch gegen mich verbündet, während ich nicht da war?«
»Nein. Trotzdem hat sich einiges verändert. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass eine Scheidung für dich und mich das Beste ist, Werner. Ich bin froh, dass du gekommen bist und wir darüber sprechen können.«
Beate war ganz ruhig. Sie hatte während der Stunde beim Honigschleudern genau über alles nachgedacht und wusste, was sie sagen wollte.
»Bist du verrückt geworden? Ich denke nicht daran«, rief Werner.
»Ich habe genügend Zeit gehabt, es mir zu überlegen. Einen Skandal mag ich nicht. Auch du wirst das nicht wollen. Immerhin möchte ich dir hier mitteilen, dass ich über deinen Lebenswandel ausreichend unterrichtet bin.«
Er trank sein Glas leer. Seine Bewegungen waren etwas fahrig, denn er hatte schon eine ganze Menge getrunken.
»Soll das eine Drohung sein? Unter einem Skandal hättest du bestimmt mehr zu leiden als ich, mein Kind. Außerdem ist die Sache mit Isa längst zu Ende. Sie war eine dumme Gans, und ich kehre reumütig zu dir zurück.«
»Du gibst es also zu?«
»Wenn du es schon weißt? Ja, es ist wahr, ich war mit einer schönen Frau auf Weltreise. Davon bin ich auch so schön braun geworden.« Es stimmte, er sah wirklich nicht so aus, als habe er sich in der letzten Zeit in muffigen, stickigen Büroräumen abgeplagt. »Aber diese blöde Person ging mir schließlich auf die Nerven. Ich bitte dich in aller Form um Entschuldigung. Dass sie mir nicht viel bedeutete, ersiehst du aus der Tatsache, dass ich zurückgekehrt bin.«
Beate legte die Hände über die Ohren. Sie wollte nichts mehr hören. Wann