DER ENIGMA-VIRUS. Nick Thacker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nick Thacker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355224
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gefunden, das einst vermutlich zu einer russischen Expedition gehört hat.«

      »Wir? Ich dachte, Sie wären allein gefahren.«

      »Ich habe mich dort mit meinen Investoren getroffen. Wie Sie wissen, sind wir schon seit langer Zeit Geschäftspartner.«

      »Also war das eigentlich eine Geschäftsreise?«, erkundigte sich Josh. Er verstand immer weniger.

      »In gewisser Weise, ja. Jedenfalls haben wir dort die Todesursache dieser armen Forscher entdeckt. Eine Pflanze, deren Abwehrmechanismus darin besteht, eine hochgiftige Substanz in die Luft abzugeben. In Pulverform wurde es von dem ursprünglichen Stamm als eine Art Halluzinogen genutzt, vermute ich. Im Laufe der Jahre ist dieser Abwehrstoff jedoch zu einer tödlichen Substanz geworden.«

      »Sie reden von den Proben im Gefrierschrank? Diese Kisten, die Ihnen hinterhergeschickt worden sind?«

      Valère nickte. »Wir wollten diese Substanz zu Defensivzwecken nutzen, genau wie die Pflanze. Dafür mussten wir sie jedoch verstärken und ihre Konzentration erhöhen.«

      »Sie haben also einen Virus erschaffen?«

      »Ich habe einen entdeckt. In seinem ursprünglichen Zustand reichte die Konzentration gerade mal für ein kleines Säugetier aus, solange es nicht in größeren Mengen verabreicht wird. Aber ein paar Anpassungen hier und da …«

      »Wovon reden Sie da?« Josh war entsetzt. »Das ist keine medizinische Anwendung, Francis …«

      »Die Anwendung geht Sie überhaupt nichts an«, erwiderte Francis kalt.

      Josh trat an seinen Ball heran und hämmerte so plump auf ihn ein, dass eine braune Spur auf dem Grün zurückblieb. Der Ball sauste davon und mit wachsendem Zorn sah Josh zu, wie der Ball nach rechts driftete und zwischen den Bäumen verschwand. Ohne sich umzudrehen, begann er auf das Waldstück zuzulaufen, um seinen Ball zu suchen.

      Wie hatte er das nur tun können?, fragte er sich. Josh arbeitete nun schon seit drei Jahren mit Valère zusammen und hatte gedacht, dass er den Mann kennen würde. Er hatte geglaubt, dass sie beide daran interessiert waren, mit ihrer Arbeit Leben zu schützen und zu erhalten.

      Das jetzt klang wie das genaue Gegenteil.

      Er stampfte durch das Dickicht, das markierte, wo der Golfplatz aufhörte und das unbebaute Land begann, und hielt auf ein Kieferngrüppchen zu, in deren Richtung er seinen Ball vermutete. Als er näherkam, konnte er das Geräusch fließenden Wassers hören.

      Die Bäume standen wie Aufpasser vor einem steilen Hügel und warnten vor dem Abgrund. Das Gelände fiel steil ab und endete in einem Fluss, wo das Wasser hervorstehende Felsen umspülte und kleine Stromschnellen bildete, während es sich durch das schluchtartige Flussbett drängte.

      Josh spähte vorsichtig hinunter, aber sein Ball war nirgendwo zu sehen.

      »Ich glaube, er ist weiter drüben gelandet«, rief die Stimme seines Bosses hinter ihm. Valère hatte ihren Golfwagen zum Rand des Geländes gefahren und kam nun auf ihn zugelaufen.

      »Das können Sie nicht machen, Valère. Sie können uns nicht einfach so, an den Höchstbietenden verscherbeln. Wer will so etwas überhaupt kaufen?«

      »Es geht dabei nicht um Geld …«

      »Blödsinn!«, platzte es aus Josh heraus. »Natürlich tut es das. Warum hätten Sie mir das sonst bis jetzt vorenthalten sollen?«

      »Ich habe schon gesagt, dass es nichts ist, worüber Sie sich den Kopf zerbrechen sollten. Dieser Plan ist älter als unser Arrangement.«

      Josh sah zu, wie sein Boss seinen Driver aus der Tasche nahm. Er inspizierte ihn sorgfältig und musterte den Grafitkopf in Leichtbauweise. »Wir arbeiten schon seit Lebzeiten daran und ich werde nicht aufgeben, bevor ich es vollendet habe.«

      Josh trat einen Schritt zurück, auf den Hügel zu, während sich ein gequälter Ausdruck auf seinem Gesicht ausbreitete. »Es kommt mir so vor, als seien Sie der Terrorist. Als seien Sie nichts weiter als ein selbstgefälliger, wahnsinniger Narr.«

      »Sie haben Ihre Bezeichnungen für das, was ich tue, ich habe meine. Ich arbeite an etwas, das größer ist als alles, was Sie sich vorstellen können«, sagte Valère. »Etwas weitaus Bedeutenderes.«

      »Aber damit werden Sie nicht durchkommen«, sagte Josh empört. »Davor werden Sie nicht einfach davonlaufen können, wenn alles vorüber ist.«

      »Ich habe gar nicht vor, wegzulaufen, Josh. Ich bin hier und genau hier werde ich bleiben, und wenn ich mal nicht mehr bin, wird ein anderer meinen Platz einnehmen.«

      Josh fiel auf, dass sein Freund und Geschäftspartner ihn jetzt musterte, als inspiziere er ein Präparat. »Es ist wirklich jammerschade, Joshua.«

      »Was?« Josh riss entsetzt die Augen auf, als er sah, wie Francis mit dem Golfschläger ausholte.

      Valère schlug zu und traf Josh mit dem Schläger genau am Kopf. Es gab ein knackendes Geräusch und Josh ging augenblicklich zu Boden.

      Blut rann in und über seine Augen und verlieh der Welt einen rötlichen Schimmer. Eine Sekunde verging und er konnte gar nichts mehr sehen. Der Schmerz war absolut unerträglich. Sein Gehirn fühlte sich irgendwie matschig an. Er konnte nicht mehr denken … er konnte nicht mehr sprechen.

      »Es ist wirklich jammerschade, einen so brillanten Kopf wie den Ihren zu verlieren, mein Freund. Doch Sie liegen falsch. Ich werde damit davonkommen, denn Amerika ist nicht vereinigt genug, um sich zu retten.«

      Josh versuchte seinen Arm zu heben, um den nächsten, bevorstehenden Angriff abzuwehren,

      schaffte es aber nicht.

      Er konnte nur hilflos dabei zusehen, wie Valère erneut mit dem Driver ausholte und seinen Schädel endgültig zerschmetterte.

      Kapitel 5

      Ben und Julie saßen versteckt in der hinteren Ecke der Kantine, wo die Farbe an den Wänden schon seit Jahren unbemerkt abblätterte. Der schwache Geruch von ranzigem Frittieröl und Reinigungsprodukten war abstoßend, zugleich aber auch vertraut. Unangenehm, wenn man neu war, sonst aber eigenartig angenehm.

      Ben trank seinen Kaffee schwarz und so heiß, dass er sich beinahe verbrannte, während er auf Julies nächste Frage wartete.

      »Kannten Sie Rivera gut?«

      »Nein.«

      »Das war‘s? Das ist alles, was Sie mir bieten können?«

      »Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist, ich schließe nicht allzu schnell Freundschaften.«

      »Was hatte es mit diesem Bären auf sich?«

      »Mo.«

      »Verzeihung?«

      »Das ist der Name des Grizzlys«, erklärte Ben. »Ihr Name ist Mo.«

      »Sie haben dem Bären einen Namen gegeben?«

      »Ja, einige unserer Wiederholungstäter haben Namen. Mo ist mittlerweile schon zum dritten Mal aufgefallen, aber jetzt haben wir sie ziemlich weit weggebracht. Hoffentlich ist sie in Ordnung nach diesem Vorfall.«

      Julie machte sich ein paar Notizen in ein kleines Büchlein, das sie aus ihrer Gesäßtasche geholt hatte. Ben nippte weiter an seinem Kaffee und geduldete sich. Dabei lauschte er den Gesprächsfetzen der Ranger und Parkangestellten, die aus dem Aufenthaltsraum drangen.

      »… wahrscheinlich eine Atombombe, oder?«

      »Nein, dafür war sie viel zu klein … vielleicht war das ja ein Test oder etwas ist schiefgelaufen …«

      »… die Regierung wird auf alle Fälle versuchen, das unter den Teppich zu kehren …«

      Julie blickte hoch und sah Ben in die Augen. »Das war kein Unfall, aber es war auch ganz bestimmt kein Test der Regierung oder etwas in