»Gareth Winslow?«, fragte der Mann erneut. Gareth nickte. »Gut. Bringen Sie mich zu der Fundstelle.«
»Was soll das?«, fragte Dr. Fischer aufgebracht. »Was ist hier los?«
»Das geht Sie überhaupt nichts an«, erwiderte einer der Männer. »Gareth, gehen wir, na los.«
Gareth dachte an seine Abmachung und trat sofort in Aktion. »Okay, kommen Sie. Es ist etwa vierhundert Meter zwischen den Bäumen hindurch.«
Er ging voraus, und die drei Männer und der Rest der Gruppe folgten ihm. Als sie sich der Höhle näherten, hielt einer der Männer Gareth an der Schulter fest. »Warten Sie«, sagte er.
Gareth sah, wie er die kleine Höhle zuerst betrat und eine Minute später wieder herauskam. Dann nickte er den anderen beiden aus dem Hubschrauber zu und stieß wieder zu ihnen. Kurz darauf sprach er die verwirrten Studenten und den Professor an. »Wer leitet diese Expedition?«
Dr. Fischer hob die Hand. »Ich! Würden Sie mir bitte sagen, was hier los ist?«
Der Mann musterte Dr. Fischer abwertend. »So so. Wissen Sie, was sich in dieser Höhle befindet?«
»Ich … ich schätze schon. Wir haben sie heute Morgen durch Zufall entdeckt. Was auch immer dort drin ist, hat das verschollene russische Expeditionsteam umgebracht, dessen Überreste wir hier zu finden gehofft hatten.«
»So viel ist mir schon klar, Dr. Fischer. Ich habe Sie aber gefragt, ob Sie wissen, was genau sie umgebracht hat.«
Dr. Fischer dachte einen Moment lang nach und erwiderte dann: »Ich habe ein paar Vermutungen, aber nichts, was ich jetzt schon mit Überzeugung behaupten könnte.«
»Ich verstehe.« Der Mann marschierte zurück durch die Gruppe, gefolgt von den beiden anderen Männern. Dort gab er seine Befehle, ohne sich umzudrehen. »Markiert die Position und haltet die Koordinaten fest.« Die Männer nickten, machten auf der Stelle kehrt und eilten zurück zur Höhle.
Gareth befand sich am hinteren Ende der Versammlung und sah dabei zu, wie der Anführer wieder in den Helikopter stieg. Er hörte, wie er den Professor vom Inneren des Hubschraubers aus erneut ansprach. »Dr. Fischer, würden Sie bitte einsteigen? Ihre Erfahrung und Expertise bezüglich der Fundstücke aus der Höhle ist für uns von großem Wert.«
»Ich glaube nicht, dass dies …«
Der Mann schnitt ihm abrupt das Wort ab, indem er eine Pistole aus einem Holster an seiner Hüfte zog und sie direkt auf Dr. Fischers Gesicht richtete. »Lassen Sie es mich umformulieren, Professor, damit es nicht so … optional wirkt.«
Dr. Fischer schluckte und begann dann, in den Helikopter zu steigen. »Was ist mit den anderen? Mit den Studenten?«, fragte er.
Die zwei Männer kehrten zurück, anscheinend fertig mit ihrer Aufgabe, und sprangen in den Hubschrauber. Gareth sah sich unter den erschrockenen Studenten um und kämpfte gegen eine zunehmende Welle von Übelkeit.
Was habe ich nur getan?, dachte er. Der Helikopter, besetzt mit dem Piloten, den drei Männern und ihrem Professor, hob jetzt einen Meter vom Boden ab. Die verwirrten Studenten begannen aufgeregt zu rufen.
»Das können Sie nicht machen!«
Einer der Männer erschien jetzt an der offenen Tür des Fluggeräts und stellte Augenkontakt mit Gareth her, während er etwas vom Boden aufhob. Dieses Etwas schwenkte gestützt von einer Art Halterung herum, bis es sich kurz außerhalb der Kabine befand.
Gareth gefror das Blut in den Adern.
Es war ein Gewehr. Ein riesiges Gewehr. Gareth erkannte die gigantischen Patronen, die zu einer Goldkette des Todes zusammengefasst waren. Er stolperte panisch einen Schritt zurück und versuchte Worte zu formen. Wir müssen hier weg, wollte er sagen.
Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er fühlte, wie er abhob und heftig nach hinten gepresst wurde, als er ein neues Geräusch bemerkte. Eine Art rat-tat-tat-tat-Laut. Mit jeder Kugel, die den Lauf verließ und in einen der Studenten eindrang, sah er die Mündung der Waffe aufblitzen. Er wollte seine Augen schließen, aber das war gar nicht notwendig.
Denn jetzt wurde alles um ihn herum schwarz.
Kapitel 12
Als er an dem Zeitungsstand neben der Tür der Tankstelle vorbeilief, fiel Ben der winzige Schwarz-Weiß-Fernseher auf dem Regal darüber ins Auge. Er zeigte einen Nachrichtensender, den er nicht kannte, vermutlich ein kleiner Regionalsender, der nur hier im Süden Montanas ausgestrahlt wurde.
Sie hatten direkt hinter der Red Lodge angehalten, auf einem Stück des Highways, das aussah, als wäre es schon seit einem Jahrhundert verlassen. An der Tankstelle hatte Julie beschlossen, im Pick-up zu bleiben, während Ben kurz hineinging, um Snacks zu besorgen und die Toilette zu benutzen.
Er bat den Angestellten, die Lautstärke aufzudrehen. Der alte Mann kam der Bitte nach und Ben lauschte dem Bericht des Reporters vor dem Eingang des Yellowstone-Parks. Es gab aber offenbar nichts Neues.
Die Explosion war tatsächlich durch eine Bombe ausgelöst worden, das hatte eine Luftprobenanalyse aus dem Umkreis des Parks ergeben. Es war eine Art thermobare oder Druckluftbombe, mit einer Sprengkraft von fünf Kilotonnen. Ersten Schätzungen zufolge vermutete man, dass die Detonation größtenteils unterirdisch erfolgt war, zurückzuführen auf die große Menge Erdkruste, die an der Stelle zum Vorschein gekommen war, und die relativ geringe Explosion. Es waren aber nicht die unmittelbaren Auswirkungen der Bombe, weshalb das CDC und die Nachrichtensender beunruhigt waren. Die dünne Erdkruste unter Yellowstone war massiv erschüttert worden, was viele Risse und kleinere Beben, wie Ben sie erlebt hatte, zur Folge hatte.
Ben legte einen Schokoriegel und eine Tüte Chips auf den Tresen, zahlte bar und ging wieder hinaus zum Pick-up.
»Hab Ihnen ein paar Chips mitgebracht«, sagte er durch Julies offenes Fenster. »Wollen Sie jetzt fahren?«
»Nein«, sagte sie. »Ich genieße es, zur Abwechslung mal den Beifahrer zu spielen.« Sie lächelte.
»Da bin ich mir sicher«, erwiderte Ben. »All die Arbeit, die man dabei aufholen kann, das Lesen, unzählige Aufgaben erledigen …«
»Steigen Sie einfach ein, denn wir müssen bis heute Abend in meinem Büro sein. Haben Sie schon was von Ihrem Boss gehört? Wie war noch mal sein Name?«, fragte sie.
»Randolph. Er hat mir gerade geschrieben. Ich rufe ihn mal schnell zurück.« Ben schwang sich in den Pick-up mit dem erhöhten Fahrwerk und ließ den Motor an. Dann fischte er sein Handy aus dem Getränkehalter in der Mittelkonsole.
Es klingelte dreimal, bis Randolph abhob. Der Mann klang erschöpft. Er atmete schwer und seine Stimme klang rau. »Ben, bist du das?«
»Ist alles in Ordnung?«
»Nein, nichts ist in Ordnung, Ben. Es … nun, es gab …« Randolph holte noch einmal angestrengt Luft. »Es geht um Fuller. Er … er ist tot.«
Ben gab die Neuigkeiten flüsternd an Julie weiter. Ihre Augen weiteten sich. »Das tut mir leid«, sagte Ben ins Telefon. »Er war ein guter Mann.«
»Was auch immer ihn erwischt hat, breitet sich aus.«
»Wie meinst du das?«
»Genauso, wie ich es gesagt habe. Es breitet sich aus. Fieberhaft, sozusagen. Wir kriegen es nicht in den Griff. Es geht echt schnell. Viel schneller, als wir gedacht hätten. Die von uns, die Fuller geholfen haben, sind alle schon mit diesem Ausschlag bedeckt und unsere Haut beginnt zu brennen. Ich, Matheson, Frank, Clemens, alle, die im Raum waren, haben es. Wir befinden uns jetzt im Hauptgebäude unter Quarantäne. Matheson ist vorhin bewusstlos geworden … es sieht nicht gut aus.«
Ben wusste nicht, was er sagen sollte. »Hey, Randolph, alles wird gut. Du musst nur …«
»Ben,