C'est la vie. Peter Turrini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Turrini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783902998163
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      Peter Turrini

       C’est la vie

      Peter Turrini

       C’est la vie

      Ein Lebens-Lauf

      Mit Fotos von Moritz Schell und einem Nachwort von Silke Hassler

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      Der Abdruck der Gedichte erfolgt mit freundlicher Genehmigung des

      Suhrkamp Verlages, Berlin. Alle Rechte vorbehalten.

      Die Theaterrechte liegen beim Thomas Sessler Verlag, Wien.

      Nachwort: © Silke Hassler

      Gefördert durch das Land Niederösterreich

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      Besuchen Sie uns im Internet unter: www.amalthea.at

      © 2014 by Amalthea Signum Verlag, Wien

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlaggestaltung: Elisabeth Pirker, OFFBEAT

      Fotos: Moritz Schell

      Herstellung und Satz: Gabi Adébisi-Schuster

      Gesetzt aus der Capita

      Printed in the EU

      ISBN 978-3-85002-895-0

      eISBN 978-3-902998-16-3

      Inhalt

       C’est la vie. Ein Lebens-Lauf

       Die menschliche Tragödie als österreichische Komödie Ein Nachwort von Silke Hassler

       Zu den Bildern

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      1.

      Wenn man auf die Welt kommt, weiß man nicht, ob man glücklich oder unglücklich wird.

      2.

      Ich wurde am 26. September 1944 im Krankenhaus Wolfsberg im kärntnerischen Lavanttal geboren. Meine Mutter sagte mir später, meine Geburt hätte im Morgengrauen dieses Tages stattgefunden, um 6 Uhr früh. Im Register des Krankenhauses ist meine Geburtszeit mit 10 Uhr vormittags angegeben. Den damaligen Primarius des Spitals, den ich zu diesem Widerspruch befragen wollte, konnte ich nicht auffinden. Ich selbst bin mir ziemlich sicher, daß meine Geburt um Mitternacht stattgefunden hat. Eine Tante aus Judenburg behauptete, meine Mutter hätte ihr meine Geburt schriftlich mitgeteilt, und da sei von 1 Uhr mittags als Geburtszeit die Rede gewesen. Der Brief ist allerdings verloren gegangen. Mein Vater wiederum sagte, er sei an diesem Tage mit dem Zug von Klagenfurt nach Wolfsberg gefahren, der Zug sei unterwegs von amerikanischen Tieffliegern angegriffen worden, weshalb er, mein Vater, erst um ca. 5 Uhr nachmittags im Krankenhaus eintraf. Zu diesem Zeitpunkt sei ich höchstens zwei Stunden alt gewesen, wäre also frühestens nachmittags auf die Welt gekommen. Aus all diesen Dingen entnehme ich, daß sich nicht einmal der Anfang meines Lebens verifizieren läßt.

      3.

      Der Montag ist so traurig,

      der Dienstag ist verweht,

      der Mittwoch ist gar schaurig,

      der Donnerstag vergeht.

      Am Freitag rinnt der Regen bis in das Herz hinein,

      ich glaub, ich laß das Leben

      am besten sein.

      Am Samstag muß ich sterben,

      ich werde nicht vermißt,

      am schönsten ist das Leben,

      wenn es vorüber ist.

      4.

      Als Kind hatte ich eine schwere Krankheit, eine lebensgefährliche Krankheit, eine Vergiftung. Ich hatte vergiftete Milch zu trinken bekommen. Das geschah in den letzten Kriegsmonaten häufig, viele Kinder starben daran. Ich kam ins Spital und magerte immer mehr ab, sie legten mich schon in die Totenkammer. Sechs Wochen lang konnten mich meine Eltern nicht besuchen, sie waren ausgebombt und versuchten ein Quartier zu finden. Als mich meine Mutter wieder besuchte, war ich dick und fett und lachte sie an. Ich habe immer das Gefühl, daß ich damals gestorben bin und mich seitdem lächelnd erfinde.

      5.

      Ich will Weltmeister im Skifliegen werden, lasse diesen Plan jedoch fallen, weil er meine Ernennung zum Papst unmöglich macht. Ich sehe mich als Revolutionär an der Seite von berühmten Revolutionären, kann und will mich jedoch ideologisch nicht festlegen. Ich plane Banküberfälle, möchte mich mit Südseemädchen unter Palmen wiegen, und dann überlege ich mir, ob ich nicht ein Mönchsdasein führen sollte. Ich möchte ein Mörder sein, ein von Interpol gesuchter Killer, verspreche mir jedoch von der Rolle eines internationalen Friedensstifters eine noch größere Beachtung.

      6.

      Ich saß

      auf der Holzstiege

      vor unserem alten Haus.

      Hinter mir

      die Werkstätte

      meines Vaters.

      Vor mir

      der Spielplatz

      mit den Kindern.

      Ich hatte die Wahl

      zwischen dem Schweigen

      meines Vaters

      und dem Spott

      der Kinder.

      Ich entschloß mich

      sitzen zu bleiben

      und zu phantasieren.

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      7.

      Meine Mutter erzählte uns Buben vor dem Einschlafen Geschichten, denen eines gemeinsam war: In ihnen herrschte Gerechtigkeit, wurde Aggressivität bestraft und Gutsein belobigt, gute Taten, auch wenn sie im Verborgenen blühten, bekamen ihren gerechten Lohn, und schlechte Taten, selbst der geheimste Diebstahl, wurden früher oder später entdeckt. Meine Mutter hatte die Fähigkeit, die Dramaturgie der Geschichten zu kürzen oder zu strecken, je nachdem ob wir müde waren oder munter. Die Moral der Geschichte, Strafe oder Lob, stellte sich früher oder später ein, sie kam unausbleiblich. Die Gerechtigkeit hatte etwas Selbstverständliches und gleichzeitig Überirdisches. Sie traf ein wie ein Naturgesetz, die Menschen mochten sich verhalten, wie sie wollten, es kam der Moment des Gerichts und des Einschlafens.

      8.

      Mein älterer Bruder

      schlief auf einem Notbett

      hinter einer Bretterwand.

      Mein jüngerer Bruder und ich

      schliefen mit den Eltern

      in einem Raum.