PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt. Greig Beck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Greig Beck
Издательство: Bookwire
Серия: Primordia
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353619
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ihre Wärme. Er schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, kann ich mich an nichts erinnern. Es hätte schlimmer kommen können«, sagte er und zuckte mit den Schultern.

      »Ja.« Sie ließ ihre Hand sinken. »Du siehst immer noch fast genauso aus wie früher.« Dann legte sie den Kopf schief. »Irgendwie gefällt mir die Narbe. Ach übrigens …«, sie hielt die Kiste hoch, »… ich habe etwas für deine Mutter gemacht, einen Orangenkuchen mit Marmelade. Den mag sie am liebsten.«

      »Den mag sie am liebsten?« Er hob seine Augenbrauen und sie strahlte ihn an. »Genau, außerdem mag sie Kekse mit Pekannüssen und Brownies, die außen knusprig und innen weich sind.« Ihre Augen verengten sich: »Wenn du öfter herkommen würdest, dann wüsstest du vielleicht …« Ihr Lächeln verschwand, als sie merkte, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. »Es tut mir leid … dein Vater … ich wollte nicht …«

      »Nein, du hast schon recht. Ich hätte hier sein sollen.« Ben atmete tief durch. »Vergiss es, willst du reinkommen?«

      »Ja, gerne. Aber nur, wenn ich nicht ungelegen komme.« Emma schlich ins Haus, auf einmal sah sie etwas weniger fröhlich aus, als bei ihrer Ankunft. »Ich kann auch ein andermal wiederkommen.«

      »Jetzt sei nicht albern.« Er schloss vorsichtig die Tür und führte sie ins Wohnzimmer. »Und woher weißt du jetzt, dass meine Mutter gern Orangenkuchen mag?«

      »Tjaaa, du weißt doch, dass sie im Fitnessstudio einen Cardio-Kurs belegt, oder?«

      Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß, dass sie Sport macht, aber …«

      »Ich gehe ins gleiche Studio.« Sie hob ihr Kinn. »Manchmal verbringen wir hinterher noch ein bisschen Zeit zusammen.«

      »Das ist aber schön, danke dir.« Er musterte sie. »Daher hast du also einen so gestählten Körper!«

      Sie hob den rechten Arm und präsentierte ihren Bizeps. »Junge, das kommt vom Klettern! Ohio hat einige der besten Wände im ganzen Land! Meine Wertung ist 5.11, damit bin ich sozusagen Profi.«

      Er streckte die Hand aus und prüfte fachmännisch die Festigkeit ihrer Muskeln. »Sehr beeindruckend!« Er grinste. »Aber ich fürchte, Mom schläft gerade. Ich möchte sie jetzt nicht wecken, denn in letzter Zeit hat sie oft nicht einschlafen können.«

      »Das ist überhaupt kein Problem.« Sie hielt eine Hand hoch, während sie mit der anderen immer noch die Kiste festhielt. »Ich wollte nur den Kuchen abliefern und schauen, wie es ihr geht. Und vielleicht mal ihrem verlorenen Sohn Hallo sagen, wenn ich schon dabei bin. Also, wie geht es dir denn?«

      Er nickte anerkennend, während er die Schachtel entgegennahm. »Gut … ich fühle mich wirklich ein bisschen schuldig, dass ich nicht hier war, aber insgesamt geht es mir gut.«

      »Mach dir keine Gedanken.« Emmas Augen leuchteten auf. »Niemand hätte das ahnen können.«

      »Stimmt.« Er starrte etwas ratlos auf die Kuchenbox. »Wer hätte gedacht, dass er krank ist? Ich wette, er hat es selbst nicht mal geahnt!« Er verzog den Mund. »So ist das mit der Sterblichkeit, den einen Moment bist du noch hier, den anderen nicht.«

      »Barry war ein toller Typ. Und deine Mutter ist der beste Beweis, dass Liebe nie …« Sie unterbrach sich. »Sie wird ihn bestimmt vermissen.«

      »Das werden wir alle«, sagte Ben und deutete auf das Sofa. »Kann ich dir einen Kaffee anbieten?«

      »Gerne, mit Milch und ohne Zucker, bitte.« Emma ließ sich auf der breiten Couch nieder, während Ben in die Küche ging, wo er die Schachtel öffnete. Der Geruch des frischen Backwerks drang verführerisch in seine Nase.

      »Mmmh, vielleicht auch ein Stück Kuchen?«

      Der Kaffee war bereits fertig, also füllte er zwei Tassen und legte noch zwei Scheiben des Orangenkuchens auf einen Teller.

      Emma strahlte, als sie sah, dass er Kuchen mitbrachte. »Guter Junge! Vielleicht wird das ja auch dein Lieblingskuchen!« Sie nahm ihre Tasse und brach ein kleines Stück des Kuchens ab, das sie sich in den Mund schob.

      »Und, was meinst du, wie lange du diesmal bleiben wirst? In Ohio, meine ich.«

      »Da habe ich mir noch gar keine Gedanken drüber gemacht. Ein paar Tage, schätze ich. Das werde ich Ende der Woche entscheiden, je nachdem, wie Mom drauf ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich kann auch länger bleiben, wenn sie mich braucht. Zuhause ist eh nicht viel los.«

      Emma senkte ihren Blick, doch ihre Augen leuchteten auf. »Es wartet also niemand auf dich?«

      Er lächelte ein wenig. »Nein, keine Freundin und nicht mal eine Affäre.« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee. »Seit ich nicht mehr beim Militär bin, habe ich ein bisschen freiberuflich im Sicherheitsbereich gearbeitet, aber ich habe mir überlegt, nächstes Jahr vielleicht wieder auf die Uni zu gehen, um mein Studium zu beenden.«

      »Ach ja, richtig … der Tierfreund!« Sie nickte. »Das wäre doch toll!«

      »Und was ist mit dir?«, fragte er, bevor er die Spitze von seinem Kuchenstück abbiss.

      »Ich habe eine kleine Firma, die Klettertouren anbietet, auch Abenteuertouren und so was«, antwortete sie.

      »Du warst doch immer so ein Ass in Mathe. Wolltest du nicht eigentlich Wirtschaft studieren?«, entgegnete er schnell.

      »Ja, aber wie viele Ökonomen verbringen ihre Tage in freier Natur?« Sie hob ihr Kinn. »Hast du jemals im Frühling in einem Feld wilder Blumen gesessen? Wo nur die Bienen und die Vögel mit dir sprechen, dir die warme Sonne auf den Rücken scheint und die Bergspitzen sich vor dir ausbreiten?«

      Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber wenn du das so sagst, hört es sich traumhaft an. Scheint so, als würde die Natur wirklich einen Platz in deinem Herzen haben. Und wo wir gerade davon reden … Wie sieht es bei dir aus? … Gibt es auch einen Mister Klettertour in deinem Leben?«

      »Nicht wirklich, ich meine, nein«, lachte sie. »Hey, vielleicht warte ich ja die ganze Zeit auf deine Rückkehr!« Sie lachte wieder, aber diesmal wurden ihre Wangen etwas rot.

      Ihre Blicke trafen sich für einen Moment und Ben verlor sich fast in ihren Augen.

      »Ben, bist du das?«

      Als er den Klang der Stimme seiner Mutter hörte, drehte er den Kopf.

      »Hier unten, Mom!« Er stand auf. »Ich sollte wohl mal eben …« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter.

      Emma stand ebenfalls auf. »Ja, mach das!« Sie wischte ein paar Krümel von ihrer Jeans und ging zur Tür, wobei sie beide Handflächen in ihre Gesäßtaschen steckte.

      Ben öffnete die Tür und sie wandte sich ihm zu.

      »Ein paar von den alten Leuten treffen sich heute Abend, um ein paar Biere zu kippen, es gibt auch Spareribs. Wird bestimmt lustig, komm doch auch!«

      »Nun.« Sein erster Impuls war, dankend abzulehnen. Doch ein weiterer Blick in ihre Augen machte das unmöglich. »Klar, wann und wo?«

      Sie grinste. »Um sieben Uhr. Am anderen Ende der Stadt. Ich hole dich um Viertel vor sieben ab, okay?«

      »Abgemacht.« Er streckte ihr eine Hand entgegen und sie nahm sie. Diesmal spürte er die Furchen in ihrer Haut und betrachtete ihre Handflächen. »Oh hey, das sind ja echte Felsschaufeln!«

      Sie zog ihre Hand weg. »Die können aber auch sanft sein, wenn ich es möchte. Bis heute Abend!« Sie drehte sich um und sprang leichtfüßig die Stufen herunter, offensichtlich sehr gut gelaunt.

      ***

      Punkt 18:45 Uhr hupte es draußen und Cynthia sah von ihrem Buch auf. »Das ist dann wohl dein Date, mein Junge.« Sie lächelte.

      Ben verdrehte die Augen. »Das ist doch kein Date, Mom. Ich treffe mich nur mit ein paar alten Freunden.«

      »Emma ist ein nettes Mädchen, ich mag sie.« Cynthia sah zu, wie er seine Jacke