An der Quelle des Lebens. Eugen Drewermann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eugen Drewermann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783843612487
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Reichtums, der Sicherheit, der Abhärtung gegeneinander und der Anpassung. Wir haben die Chance, einander das Glück der Liebe, der Freundschaft, des Verständnisses, der Güte, des Wagemuts zu schenken – lauter Dinge, die man nicht im Laden kaufen kann. Wir haben die Chance, einander zu begleiten mit Mitgefühl, Mitleid, Sensibilität, Poesie, Kreativität, Phantasie und dem Reichtum des Herzens.

      Zwischen Staub und Sternen 227

      KEIN MENSCH KOMMT AUF DIE WELT ohne die Frage, ohne das fast unstillbare Bedürfnis, in der Liebe eines anderen zu hören und zu wissen, dass es mit seinem Dasein etwas Erwünschtes, geradezu Notwendiges ist. Nur dann wird er sich selbst wagen und mutig in sein Leben treten.

      Der offene Himmel 110

      EIN MENSCH VERMAG sich zu seiner eigenen Person nur zu formen im Gegenüber zu einer anderen Person, die ihn vorbehaltlos akzeptiert und meint …; ein Mensch kann einen anderen nur akzeptieren in dem Maße, wie er selbst mit sich eins geworden ist.

      Glauben in Freiheit II 278

      ZUR SELBSTERKENNTNIS GELANGT JEMAND nur, der sich anerkannt und gemocht fühlt; wer Angst hat, ist zu verwirrt, sich richtig zu sehen; wahrhaftig sich selbst gegenüber wird jemand nur durch Vertrauen; und Selbstfindung ist möglich allein in dem Empfinden, geliebt zu werden.

      Liebe, Leid und Tod 702

      JE WEITER DIE LIEBE zu wachsen vermag, desto mehr an Wahrheit und Schönheit im Wesen des anderen wird sie entdecken und freizusetzen vermögen.

      Liebe, Leid und Tod 61

      DAS EINZIGE, WAS WIR TUN SOLLTEN, ist, den andern zu begleiten, dahin, wohin er selbst gehen möchte, um nach Hause zu kommen. In den Stunden, wo es dunkel wird und wo er Angst hat, keinen Weg mehr sieht und sich sehr allein fühlt, braucht er uns an seiner Seite. Nicht weil wir es besser wüßten für ihn, aber weil wir gemeinsam mit vier Augen besser sehen als er allein mit angstverwirrten zwei Augen.

      Wort des Heils, Wort der Heilung I 165

      WENN ZWEI MENSCHEN EINANDER BEGEGNEN und sie erleben sich ganz stark als Person, ist die Energie, die zwischen ihnen strömt, Liebe. Die Liebe selber ist nicht Person, aber sie ist dasjenige, was Menschen zu Personen macht und was sie als Personen miteinander verbindet … Nur im Vis-à-vis der Liebe gestaltet sich ein Mensch als Individuum. Das ist Geist: eine Kraft, die es vermag, das Schönste, Riskanteste, Ungeheuerlichste auf dieser Welt hervorzubringen, das wir kennen: einen freien, individuellen Menschen in seiner Schönheit, Größe, Ausgesetztheit und Behütetheit.

      Daß alle eins seien 108

      ICH BETONE GERADE auf dem Hintergrund der Freud’schen Psychoanalyse, wie notwendig es ist, Menschen zu be­­gegnen, die uns erlauben, die eigene Person zu entfalten, und daß ein solches Miteinander des personalen Austauschs nur möglich ist durch eine gemeinsame Geborgenheit in einer absoluten Person.

      Wort des Heils, Wort der Heilung I 159 f.

      WENN WIR EINEN MENSCHEN so anreden, daß wir die Tiefe seines Wesens berühren, wenn wir sein Du so aussprechen, daß es seinen Namen möglichst vollständig verdichtet und bezeichnet, so öffnet sich seine Person und wird für uns zu einem Weg, der ins Unendliche hinüberführt.

      Das Markusevangelium II 476 f.

      MENSCHEN VERMÖGEN FÜR IHR LEBEN selber verantwortlich zu zeichnen, und sie sind imstande, die Hypothek des Elternhauses noch einmal zu durchdenken, sogar eines Tages zu verlassen, und es ist oft nur eine Frage des Zeitpunkts: wann wir Menschen begegnen, die imstande sind, uns dort herauszuführen … Wenn wir nur beginnen, wirklich zu leben, werden wir andere Menschen finden, genauso sehnsüchtig wartend nach der gleichen Weite und Größe ihres Lebens, und sie werden uns sehr nahe sein.

      Zwischen Staub und Sternen 26

      WAS DICH – UND ALLE WELT – IM DASEIN BEGRÜNDET, ist der Umstand, daß mit dir gesprochen wird, daß du ein Angeredeter bist, daß Gott mit deinem Namen dich ins Dasein gerufen hat. Gott ist in diesem ursprünglichen Verständnis diejenige Stimme, die du hören mußt, um zu wissen, wer du selber bist, und die dich davor bewahrt, nur eine Woge im Meer der Natur oder nur ein Rädchen im Getriebe der Gesellschaft (gewesen) zu sein. Was dich zur Person macht jenseits der Natur, jenseits der Gesellschaft, ist Gott, der dich ganz umgreift mitsamt deinen Fehlern und Schwächen.

      Von Krieg zu Frieden = Kapital und Christentum III 355

      EIN KIND WIRD zu einem seiner selbst bewußten Ich und schließlich zu einer „Person“ in eigentlichem Sinne, indem es zu sprechen lernt – diese Aussage behält ihre Richtigkeit; doch ein Kind lernt nur zu sprechen, wenn eine andere Person mit ihm spricht – und diese Aussage ist (als notwendige und hinreichende Bedingung von allem, was die Personwerdung angeht) jetzt noch weit wichtiger. Eine Person formt sich nur in Gegenwart des Wohlwollens und der Zugewandtheit einer anderen Person … Eine solche Beziehung darf nicht in irgendwelche „Interessen“ eingebunden sein, sie muß vielmehr fernab jeder äußeren Zwecksetzung die Person des anderen selber zum Ziel haben. Sprechen kann man und muß man in diesem Zusammenhang deshalb unbedingt von Gnade; und zwar in vollem Bewußtsein, daß dieses Wort auf das engste mit der Vorstellung eines persönlichen Gottes verknüpft ist. Denn zu tun ist es im Umfeld der Personwerdung um nicht mehr und nicht weniger als um eine Dimension der Existenz, in welcher dieser selber eine unbedingte Geltung zukommt. Jene bedingungslose Zuwendung, die eine Mutter ihrem Kinde schenkt, um es zu einem eigenen und eigenständigen Wesen sich entwickeln zu lassen, jene offene Haltung eines gewährenlassenden Wohlwollens, das die Voraussetzung einer jeden gelingenden psychotherapeutischen Sitzung darstellt, erschafft allererst den Raum, in welchem eine Person zu sich selbst heranzureifen vermag. Verstehen wir „Gnade“ als eine bedingungsfreie, unverzweckte Bejahung und Bestätigung des Selbstseins eines anderen, so bildet sie die unerläßliche Voraussetzung dafür, daß so etwas wie eine Person überhaupt entstehen kann. Nicht in dem Sinne also stellt „Person“ ein Symbol dar, als sie innerhalb einer kulturellen Sprachgemeinschaft ein Ensemble möglicher sozialer Bedeutungen vertritt, sondern insofern, als sie auf den Raum einer unbedingten Güte verweist, innerhalb deren sie selbst sich vollzieht.

      Atem des Lebens II 617; 619 f.

      EIN ICH IST EIN SELBST, das sprechen und seine eigene Geschichte erzählen kann … Ein Mensch reift nur all­mählich zu sich selbst, langsam nur wird er, was er ist, und doch ist er nicht erst am Ende, was er suchend immer schon war: eine Person. Woher also kommt dieser Drang, durch die Maske [= lat. persona] hindurch ein eigenes Wort aus­zusagen, in der verordneten Rolle ein eigenes Stück auf­zuführen, ja, es als eine innere Überzeugung geltend zu machen, eine Person zu sein mit einem Recht auf ein ­eigenes Leben?

      „Das kommt daher, daß Gott dich selbst bei deinem Namen gerufen hat“, lautet die christliche „Erklärung“ (mit Bezug auf das Prophetenwort in Jes 43,1: „Bei deinem Namen rief ich dich. Mein bist du.“) … – Das Merkwürdige ist, daß unsere bisherigen neurologischen Bemühungen an dieser Stelle auf etwas prinzipiell Unerklärbares stoßen, das, weil unerklärbar, zugleich die wirkliche Ebene angibt, auf welcher das Problem zur Lösung ansteht. Die Neuro­logie, so viel ist eigentlich von vornherein klar, kann die Frage, wie wir dahin kommen, uns für „Personen“ (in angegebenem Sinne: für eigenständige, selbstbewußte, sprach­fähige Subjekte) zu halten, mit ihren Methoden definitiv nicht beantworten … Wenn Person ein sprachfähiges Subjekt ist, versteht es sich, daß das, was wir eine Person nennen, selber eine Hervorbringung der menschlichen Gemeinschaft, ein soziales beziehungsweise ein kulturelles Konstrukt, darstellt.

      Von daher ergibt sich zugleich, warum es rein neurologisch unmöglich ist, die Person zu „erklären“: – Ihre Wirklichkeit ist nicht in einem individuellen Gehirn begründet, sondern in den sozialen, interpersonalen Vorgängen, die zwischen menschlichen „Gehirnen“ (zwischen Menschen im Austausch von Gefühlen, Gesten, Worten, Gedanken, Absichten) stattfinden … So entsteht der Eindruck der eigenen Personalität durch den Prozeß eines interperso­nalen Austauschs. Allerdings ergibt sich dieses „Selbst­konzept“ mit den frühesten Entwicklungsschritten der menschlichen Psyche, mithin in einem Zeitraum, zu dem später kein episodisches (autobiographisches) Gedächtnis mehr zurückreichen wird. Daran liegt es, daß das