Das Jahrhundert des Populismus. Pierre Rosanvallon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pierre Rosanvallon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783868549850
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der zu seinem Förderer wurde. Gaitán hatte mehrfach Gelegenheit, an Versammlungen von Mussolini teilzunehmen und zeigte sich beeindruckt von dessen Fähigkeit, seine Zuhörer*innen zu beherrschen und die Energie einer Menge zu steuern. Er studierte sogar sorgfältig die Gestik des Duce und seine Art, die Stimme zu modulieren, um sich der Aufmerksamkeit seines Publikums zu versichern – Techniken, die er für sein eigenes politisches Handeln in Kolumbien übernahm. Als »Kandidat des Volkes« wurde Gaitán, zugleich Antikapitalist und Gegner der traditionellen Oligarchie, im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen von 1948 ermordet (wir kommen später auf sein Werk zurück). Seit dieser Zeit steht sein Name symbolisch für den lateinamerikanischen Populismus, in seiner Sprache wie in seinem antioligarchischen Engagement, mitsamt seinen Ambiguitäten. Er wurde von Fidel Castro ebenso bewundert wie von Juan Perón. Perón, der sich ebenfalls als Homme-peuple verstand, der von »Depersonalisierung« sprach, um die Pläne zu bezeichnen, die die Revolution in ihm angelegt habe4, und davon überzeugt war, dass seine Individualität in der der Argentinier*innen aufgegangen sei.

       Die organische Führungsfigur

      1Bezeichnenderweise sagt Jean-Luc Mélenchon über La France insoumise: »Wir wollen keine Partei sein. Die Partei ist das Werkzeug der Klasse. Die Bewegung ist die organisierte Form des Volkes«, Le 1 Hebdo, Nr. 174, 18. Oktober 2017.

      2Vergleiche dazu mein Werk Le Peuple introuvable. Histoire de la représentation démocratique en France.

      3Siehe Jorge Eliécer Gaitán, Escritos politicos.

      4Rede vom 1. Mai 1974, in Juan Domingo Perón, El modelo argentino, Gualeguaychú 2011, S.11.

      5Rede vom 12. Juli 2012. Wortwörtlich wiederholt am 9. und 24. September 2012.

      6Erwähnt sei, dass der Subcommandante Marcos das permanente Tragen einer Sturmhaube seit seiner Flucht nach Chiapas (Mexiko) in diesem Sinne rechtfertigte: Als man ihn fragte, wer sich hinter der Maske verberge, antwortete er: »Wenn du wissen willst, wer Marcos ist, nimm einen Spiegel, das Gesicht, das du darin