Welche heiligen Schriften?
Die kürzlich übernommenen jüdischen heiligen Schriften.
Julius Firmicus Maternus war ein heidnischer Astrologe aus dem vierten Jahrhundert, der zum Christentum konvertierte und schließlich ein angesehener und freimütiger Verteidiger des christlichen Glaubens wurde. Um 346 schrieb er einen Brief an die Söhne von Kaiser Konstantin, Konstans und Konstantius II., die zu dieser Zeit gemeinsame Regenten des Reiches waren. Der Brief trägt den Titel De errore profanarum religionum [Über den Irrtum heidnischer Religionen]. Götzenverehrung und Tieropfer waren zu dieser Zeit im Reich verboten, aber die Gesetze, die diese Formen heidnischer Anbetung verboten, wurden nicht durchgesetzt. Das beschäftigte Firmicus, und daher schrieb er seinen Brief.
Darin erinnert Firmicus die kaiserlichen Brüder daran, dass sie Gottes Diener sind und es daher in ihrer Verantwortung lag, das Heidentum aus dem Reich zu tilgen. Das umfasste die Vernichtung und Beschlagnahmung heidnischer Tempel sowie die Vernichtung der Heiden selbst, wenn sie sich nicht bekehren wollten. Firmicus war ein Fan der Zwangsbekehrung. Er war davon überzeugt, dass die Zwangsbekehrten denen, die sie dazu zwangen, später danken würden. Selbst wenn später das Jenseits meinte. Und wie rechtfertigte dieser vom Heidentum bekehrte Christ dieses gewalttätige und potenziell blutige Vorgehen?
Mit Bibelstellen.
Die Bibelstellen, die er auswählte, um seinen Aufruf zur Gewalt gegen die Heiden zu stützen, kamen aus dem Mund Moses. Der ursprüngliche Kontext war unwichtig, denn schließlich ist die Bibel die Bibel. Und die ganze Bibel ist gleichermaßen inspiriert und gleichermaßen verbindlich. Folgenden Text hatte er ausgewählt:
„Das gilt selbst dann, wenn der Verführer dein eigener Bruder oder dein Sohn, deine Tochter, deine geliebte Frau oder dein bester Freund ist, an dem du wie an deinem eigenen Leben hängst. Vielleicht sagt einer von ihnen heimlich zu dir: ‚Komm, lass uns anderen Göttern dienen!‘ Es werden Götter sein, die du nicht kennst und von denen auch deine Vorfahren nichts wussten, Götter von nahen oder fernen Völkern, ja selbst Götter, die man am anderen Ende der Welt verehrt. Hör nicht auf ihn und geh nicht darauf ein!
Du darfst den Vorfall nicht vertuschen und deinen Freund oder Verwandten nicht schonen. Hab kein Erbarmen mit ihm! Wirf selbst den ersten Stein, um ihn zu töten, und nach dir sollen die anderen aus deinem Volk ihn steinigen. Er muss unbedingt sterben! Denn er wollte, dass du dem HERRN die Treue brichst, deinem Gott …“6
Schwer zu widerlegen.
Also ließen sie es sein.
Bald darauf waren die Heiden Freiwild.
In Jesu Namen.
Im elften Jahrhundert fand der erste Kreuzzug statt. Moderne Historiker haben überzeugend argumentiert, dass die Kreuzzüge angesichts ihres geopolitischen Kontextes gerechtfertigt waren. Was niemand zu rechtfertigen versucht, ist die Art und Weise, wie Kirchenführer die Bibel einsetzten, um Reiche und Arme gleichermaßen zu motivieren, die lebensgefährliche Reise in den „Nahen Osten“ zu unternehmen, um dort die Sarazenen aus der Heiligen Stadt zu vertreiben. Kirchenführer bewaffneten das Christentum, indem sie jedem, der sich dem Kreuzzug anschloss, eine „Du kommst aus der Hölle frei“-Karte anboten. Die Doppelzüngigkeit dieser Kombination aus alten und neuen Bundeskonzepten ist leicht zu übersehen. Die Kirche setzte Texte aus dem alten Bund ein, um Gewalt im Namen Gottes zu sanktionieren, und versprach den Teilnehmern die Version des Himmels aus dem neuen Bund. Am Ende waren muslimische Ungläubige nicht die einzige Gruppe, die darunter litt. Tausende von Juden wurden ermordet und ihr Eigentum beschlagnahmt. Warum? Auch das war für sie ganz einfach. Juden waren für die Kreuzigung Jesu verantwortlich. Das machte sie zu Feinden Gottes und damit zu Feinden der Kirche. Und die Aussage der Bibel war deutlich. Feinde Gottes müssen bestraft werden. Am Ende fanden Kirchenführer in der jüdischen Bibel die Rechtfertigung dafür, Juden zu misshandeln. Zugegeben, ihre Interpretation und ihre Art, Texte aus dem Zusammenhang der jüdischen Bibel zu reißen, war grauenvoll.
Aber genau darum geht es mir.
REFORMATOREN ZU HILFE!
Im vierzehnten Jahrhundert hatte sich die Kirche so weit von den Grundsätzen des neuen Bundes entfernt, dass es einen kircheninternen Reformbedarf gab. Als die interne Reform scheiterte, nahmen die Reformatoren Abstand von der Autorität der Kirche, und das Ergebnis war der Protestantismus – ein Begriff, der aus einem Brief stammt, der im Jahr 1529 gegen ein Edikt protestierte, das gegen die Lehre von Martin Luther protestierte.
Die theologischen Grundlagen der protestantischen Bewegung lassen sich am besten in den Fünf Soli zusammenfassen:
Sola scriptura.
Sola gratia.
Sola fide.
Solus Christus.
Soli Deo Gloria.
Die Fünf Soli waren eine Antwort auf bestimmte Verzerrungen des neuen Bundes. Die Reformatoren waren in erster Linie darüber besorgt, wie die Kirche die Lehren der Erlösung und der Autorität verzerrte. Indem sie von heidnischen und jüdischen Traditionen Anleihen machte, hatte die Kirche ihr eigenes Priestertum eingesetzt. Wie in allen Religionen des Altertums dienten die Priester als Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Das verschaffte ihnen außergewöhnliche Macht und Einfluss in einer Welt, in der die Alphabetisierungsraten niedrig waren und der Zugang zur Schrift eingeschränkt wurde. Kirchenführer behaupteten, dass sich ihre Autorität aus einer Kombination aus Heiliger Schrift, Tradition und dem Wort des Papstes ableite. Darauf antworteten die Reformatoren mit „Sola scriptura!“, allein die Schrift! Auch wenn die Reformatoren gelegentlich heftig darüber diskutierten, welche Dokumente als „Schrift“ betrachtet werden sollten, stellten sie nie die Autorität der Heiligen Schrift infrage.
Was die Erlösung anbelangt, so hat die Kirche einen ziemlich komplizierten Ansatz zusammengeschustert. Das Heil wurde erworben durch eine Kombination aus neuen und alten Bundeskonzepten in Verbindung mit dem, was sie sich ausgedacht hatten. Im Wesentlichen kam die Erlösung durch Gottes Gnade, gute Werke und dann die Buße für die nicht-so-guten Werke sowie auf Fürbitte der bereits verstorbenen Heiligen.
Das war ursprünglich bestimmt für einen verwirrenden letzten Abend im Gemeindesommerlager gedacht.
Auf all dies antworteten die Reformer mit „Sola Gratia! Sola fide! Solus Christus! Soli Deo Gloria!“ Das Heil kommt allein durch den Glauben, allein durch die Gnade, allein in Christus, allein zur Ehre Gottes!
Dank der Reformatoren sind nicht nur Protestanten überwiegend Bibelmenschen, auch in der katholischen Kirche hat sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil Richtung Bibel eine Menge getan. Immer weniger Katholiken glauben, dass man sich den Himmel mühsam verdienen müsse. Das haben evangelische Christen schon ein paar Jahrhunderte vorher genießen können. Wir alle kennen Johannes 3,16. Viele haben eine Entscheidung für ein Leben mit Jesus getroffen.
Manche mehrere Male.
Die meisten von uns sind davon überzeugt, dass wir unser Heil nicht verlieren können. Also sind wir gut gerüstet für die Frage, wem wir letztendlich Rechenschaft schuldig sind und wie wir Zugang zu unserem Vater im Himmel erhalten. Aber es wäre ein großer Fehler, wenn wir annehmen würden, dass unsere Art des Christentums frei sei von allen Überresten des alten Bundes.
Das ist es nicht.
NICHT IMMUN
Die heutige Kirche leidet unter ihrer eigenen Version von vermischter und angepasster Theologie (mix-and-match theology), mit der sie immer wieder auf ein – ihrer Meinung nach – richtiges Verhalten pocht. Mit Vermischen und Angleichen meine ich unsere nicht enden wollende Gewohnheit, auf Konzepte, Lehren, Sprüche und Erzählungen des alten Bundes zurückzugreifen, um unsere eigenen Lehren, Sprüche und Erzählungen zu stützen. Hier ist eine Auswahl einiger der „Überbleibsel des alten Bundes“, nur um Ihren Appetit zu wecken.
Warum stehen in den USA Christen hinter der Bewegung, die Zehn Gebote in Klassenzimmern und Gerichtsgebäuden an die Wand zu hängen? Warum nicht Teile der Bergpredigt?
Warum geben wir