Das Wechselspiel von Köln. Franziska Franke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franziska Franke
Издательство: Bookwire
Серия: Krimi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958132283
Скачать книгу
manchmal in Mogontiacum besucht?«, fragte ich, denn irgendwie verwirrte mich die Geschichte noch immer.

      »Nein, niemals.« Das klang nach nur über meine Leiche kommt der über die Schwelle meines Hauses. »Was hat man dir eigentlich noch alles über uns erzählt?« Sie sah mir angriffslustig in die Augen und musterte mich scharf. »Und ich kenne noch nicht einmal deinen Namen!«

      »Dein Diener hat ihn nicht ausgerichtet?«, fragte ich erstaunt und stellte mich nochmals vor.

      Währenddessen suchte ich vergeblich nach einem Vorwand, um unter vier Augen mit dem Mädchen zu sprechen, das der Unterhaltung schweigend, aber mit neugierigem Gesichtsausdruck gefolgt war. Auch sonst schien sie zugänglicher als ihre Schwester zu sein. Aber es wollte mir nichts einfallen.

      »Der Lagerkommandant möchte, dass ich mit dem Freund deines Mannes spreche«, informierte ich meine Gastgeberin, die diesen Namen streng genommen nicht verdiente, da sie mich noch immer nicht bewirtet hatte. Julia Marcella verschränkte die Arme vor der Brust und warf mir einen mörderischen Blick zu. »Aber vorher habe ich noch eine Frage«, erklärte ich unverdrossen. »War dein Gemahl in letzter Zeit oft krank?«

      Die Witwe saß steif auf ihrem Stuhl und fühlte sich offenbar nicht wohl in ihrer Haut.

      »Er hat sich den ganzen Winter lang mit einer bösartigen Erkältung herumgeplagt«, erklärte sie dann und wischte sich eine Träne aus dem rechten Auge.

      Die kleine Schwester warf ihr einen überraschten Seitenblick

      zu, der die Worte der Witwe Lügen strafte. Bezeichnenderweise hatte auch Tiberius nicht erwähnt, dass Probus Marcellus kränkelte. Ich überlegte, wer Interesse am Tod des Bankiers gehabt haben könnte. Außer der Ehefrau, die sein Vermögen geerbt hatte, wohl nur übervorteilte Kunden und zahlungsunwillige Schuldner.

      »Hatte er Feinde?«, erkundigte ich mich trotzdem.

      »Natürlich nicht! Er war allseits beliebt«, erklärte die Hausherrin mit einem sarkastischen Unterton.

      »Bei seinem Beruf musste er sich zwangsläufig unbeliebt machen«, stellte ich fest und zählte der Witwe die geläufigsten Methoden auf, mit denen Geldwechsler ihre Kunden betrügen.

      »Davon verstehe ich nichts«, behauptete sie etwas hochnäsig. »Mein Gemahl hat sich jedenfalls strikt an die staatlich verordnete Höchstgrenze von zwölfeinhalb Prozent für Kredite gehalten.«

      »Dafür, dass du angeblich nichts vom Bankgeschäft verstehst, kennst du dich aber gut mit den Tarifen aus«, bemerkte ich boshaft.

      »Ich meinte, dass ich nichts von illegalen Machenschaften verstehe«, präzisierte die Witwe. »Aber selbstverständlich führe ich jetzt die Geschäfte meines verstorbenen Gatten.«

      »Wenn man von dem Gehilfen absieht, der in der Wechselstube am Forum arbeitet.«

      Es kostete mich einige Mühe, auf die Verwendung eines unfreundlichen Adjektivs zu verzichten.

      Julia Marcella schwieg einen Augenblick lang und ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Je länger ich die Wandbilder betrachtete, desto deutlicher wurde, dass sie sich thematisch von denen meiner Villa unterschieden. Wie es für ein Landhaus angemessen war, zeigten diese bukolische Szenen, während die Dekoration dieses Stadthauses leidenschaftliche Liebe zum Gegenstand hatte: Götterpaare und unglückliche Liebesabenteuer zwischen Göttern und Sterblichen.

      »Er ist keine große Leuchte, aber wenigstens hütet er das Geschäft«, brummte die Witwe schließlich.

      Bevor ich meine Befragung fortsetzen konnte, huschte ein unscheinbares Dienstmädchen herein, das ein Körbchen so behutsam in den Händen hielt, als sei es ein Kleinkind.

      »Das ist ein Geschenk von Quinctilius Rufinus. Sein Diener hat es gerade vorbeigebracht. Etwas zu Naschen vom neuen Konditor neben der Hafen-Therme«, erklärte das Mädchen leicht lispelnd und platzierte das Körbchen auf den Tisch.

      Jetzt sah ich, dass es feines Konfekt enthielt. Offenbar hatte der Militärtribun seine Bemühungen noch nicht aufgegeben. Pina errötete leicht, aber wohl nicht aus Schüchternheit, sondern vor Ärger, während ihre Schwester das Geschenk wohlwollend betrachtete.

      »Der Konditor soll ganz ausgezeichnet sein«, erklärte Julia Marcella verzückt. »Sag bitte dem Diener, dass er seinem Herrn unseren Dank ausrichten soll.«

      Pina verzog das Gesicht. Sie hob die Hand in einer Geste der Resignation und starrte dann kläglich auf den Boden, um dem Blick der Hausherrin auszuweichen, die gerade ansetzte, sie zu tadeln.

      »Private Widersacher oder Konkurrenten, mit denen er verfeindet war, hatte dein Gemahl also nicht?«, hakte ich nochmals nach, um die Schwestern an meine Existenz zu erinnern.

      Wieder verneinte die Hausherrin auf eine ziemlich brüskierende Art. Meine Augen suchten die ihrer jüngeren Schwester, die aber nur hilflos mit den Schultern zuckte.

      »Es interessiert mich, woher der Legat die Namen der Schuldner deines Mannes kennt«, erkundigte ich mich.

      »Er hat mich um eine Liste mit ihren Namen gebeten.«

      Ich traute Julia Marcella ohne Weiteres zu, viel zu hohe Summen angegeben zu haben.

      »Bewahrte dein Gemahl die Schuldscheine im Haus oder in seiner Wechselstube auf?«, fragte ich, in der Hoffnung die Originale einsehen zu können.

      »Ich glaube nicht, dass ich diese Frage beantworten muss«, sagte die Hausherrin knapp und gab mir damit endgültig zu verstehen, dass sie nicht gedachte, mit meinesgleichen über die Geschäfte ihres verstorbenen Gemahls zu sprechen.

      Erbost erhob ich mich, murmelte einen Abschiedsgruß vor mich hin und verließ die unkooperative Witwe und ihre stumme Schwester. Auf dem Weg zum Ausgang sammelte ich Cicero auf, der – wie ich nicht ohne Neid feststellte – in der Küche verpflegt worden war. Er war wirklich ein Glückpilz, denn die Diener wussten genau, welches Fleischstück vor dem Dünsten seltsam gerochen hatte und welches Gemüse beim Putzen auf den Küchenboden gefallen war. Cicero stopfte sich noch schnell eine Olive in den Mund und folgte mir dann kauend.

      »Einen Augenblick noch«, sagte ich zu dem Diener, der uns zur Haustür geleitet hatte.

      Kein anderer Sklave war in Sichtweite, also konnte ich einen Bestechungsversuch wagen. Als ich hastig eine Sesterz aus meinem Beutel kramte, blieb der Blick des Jungen auf der Bronzemünze haften und seine Augen begannen zu leuchten.

      »Kannst du der Schwester deiner Herrin unbemerkt einen Brief zustecken?«, fragte ich leise und der Diener nickte, noch immer die Sesterz atemlos fixierend.

      Ich würde gern ungestört mit dir sprechen, schrieb ich auf meine Schreibtafel. Kannst du morgen zum Drususdenkmal kommen? Ich schlug den frühen Morgen vor, damit das Mädchen den Ausflug als Einkauf auf dem Marktplatz ausgeben konnte und schloss das Diptychon.

      Der Junge riss mir den Brief aus der Hand und ließ ihn unter den Gürtel seiner Tunika verschwinden. Dann griff er gierig nach der Münze, deren Empfang er mit einem komplizenhaften Grinsen quittierte.

      Aus den Augenwinkeln betrachtete ich Cicero, der mit unbewegter Miene neben mir stand. Er war ein verständiger Bursche und wusste sicherlich, dass ihn die Privatangelegenheiten seines Herrn nichts angingen.

      »Was erzählt man denn so in der Küche?«, wollte ich draußen auf der Straße wissen.

      »Alle sagen, die Herrin war ziemlich ungehalten über die ständigen Aufenthalte des Herrn in Colonia Claudia Ara Agrippinensium.«

      Das ließ sich nicht auf Dauer vor der Dienerschaft verbergen! Auf dem Rückweg überlegte ich, wer vom Tod des Bankiers profitierte. Natürlich dachte ich wieder an seine Kunden. Da aber die Witwe die Geschäfte weiterführte, wären sie dadurch ihre Schulden nicht losgeworden. Es blieben also nur die Ehefrau, die seiner ständigen Abwesenheit überdrüssig war, oder persönliche Feinde, von denen ich nichts wusste.

      Während