Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von Deyen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stephanie von Deyen
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740946593
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      »Und was ist mit Emely?« José schaute böse in Mikes Richtung, was Emely veranlaßte, wieder zu weinen.

      Das machte das Verhör nicht gerade einfacher. Die Männer mußten schreien, um die Kleine zu übertönen. Mike schrie ohnehin, teils um gehört zu werden, mehr aber noch, weil er unheimlich nervös war. Man wollte ihm etwas anhängen, das er gar nicht brauchen konnte und das geeignet war, all seine Pläne durcheinanderzubringen. Wenn er an Maurena dachte, wurde ihm ganz schlecht. Wie sollte er ihr die Verspätung nur erklären?

      »Emely wurde mir am Flughafen von einer Unbekannten übergeben. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.«

      »Name der Frau?«

      »Ich kenne ihn nicht. Sie hat sich nicht vorgestellt. Bitte, glauben Sie mir doch!«

      »Sie haben sich nie zuvor gesehen, und sie übergibt Ihnen das Kind. Einfach so.« Josés Stimme klang zynisch, doch das merkte

      Mike in seiner Aufregung nicht.

      »Ja, so war es«, bestätigte er erleichtert.

      »Das glauben Sie doch selbst nicht!« schrie der Beamte so laut und so unmißverständlich, daß sich eine Übersetzung erübrigte.

      Mike fuhr ebenso zusammen wie Emely, die vor Schreck ihr Schreien einstellte. Mit ängstlich erhobenen Ärmchen saß sie auf der erhöhten Holzplatte, die dunklen Augen verweint, das Mündchen schmerzlich verzogen.

      Nun zeigte sich, daß Mike vielleicht leichtsinnig, aber nicht hartherzig war. Tröstend nahm der die Kleine in die Arme, und sie ließ es sich gefallen. Sie lehnte das Köpfchen an Mikes Brust und schien sich in ihr Schicksal zu fügen.

      »Na also«, brummte José, etwas milder gestimmt.

      »Wenn Sie darin einen Beweis für meine Vaterschaft sehen, muß ich Sie enttäuschen. Ich bleibe bei meiner Aussage, und ich kann das Kind nicht behalten. Leider.«

      José sandte einen hilfesuchenden Blick zur gräulich verrauchten Decke. Heilige Maria, wie konnte man nur… Der Beruf des Polizeibeamten war wahrhaftig nicht leicht, ganz besonders seit es Touristen in Andalusien gab.

      Die Diskussion ging weiter. In ihrem Verlauf war es Mike, der immer wieder hilfesuchend nach oben schaute. Man wollte ihm einfach nicht glauben. Eine Frau, die freiwillig ihr Kind weggab, noch dazu ein so süßes kleines Mädchen, diese Vorstellung lag für José abseits jeder Glaubwürdigkeit.

      Die dolmetschende Sekretärin war noch am ehesten bereit, den Worten des Deutschen zu glauben. Auf sie machte er nicht nur einen seriösen Eindruck, ihr gefiel er auch. Seine imponierende Größe, die sportlich muskulöse Figur und die unwahrscheinlich blauen Augen faszinierten sie.

      Die Sekretärin war es dann auch, die das für Mike so unerfreuliche Gerede zu Ende brachte. »Geben wir die Kleine doch ins Kinderheim Santa Monica und warten ab, ob sich die Mutter meldet. Andernfalls kann immer noch entschieden werden, was geschehen soll«, schlug sie vor.

      »Wie die Sache auch ausgeht, ich habe nichts damit zu tun. Halten Sie das bitte fest«, meldete sich

      Mike und übergab Emely rasch der Sekretärin, die sie bereitwillig entgegennahm.

      »Momento! Wo können wir Sie erreichen, solange Sie sich in Andalusien aufhalten?«

      »Nirgendwo. Ich trampe von einem Ort zum anderen«, schwindelte Mike geistesgegenwärtig.

      Während José noch überlegte, ob Cramer nicht sicherheitshalber festgehalten werden konnte, verließ dieser fluchtartig das Gebäude.

      *

      Maurena de Derceville, selbst nie pünktlich, kam Mike mit finsterem Gesicht entgegen. »Du kommst drei Stunden zu spät«, bemerkte sie statt der erhofften Begrüßung.

      Mike kam nicht gern in das schweinchenrosa Schloß am Meer, das mit seinen weißen Schnörkeln aussah wie das Werk eines Zuckerbäckers. Hier regierte Helene de Derceville, die sich Elèn nannte, seit sie mit dem reichen Franzosen verheiratet war. Alles mußte nach ihrer Pfeife tanzen, nach dem Tod von Maurice noch mehr als zuvor.

      »Tut mir leid, mein Schatz, ich habe die Maschine verpaßt, konnte erst mit dem nächsten Flug kommen.« Diese Ausrede hatte sich

      Mike inzwischen zurechtgelegt, denn von seinem Abenteuer am Flughafen wollte er Maurena nichts erzählen, weil sie ihm noch viel weniger geglaubt hätte, als der pflichtbewußte José. »Ich bin vom Flughafen mit dem Taxi direkt hierher gefahren«, bekräftigte er die unwahre Aussage. Eigentlich haßte Mike Lügen, aber in diesem Fall hielt er sie für unumgänglich.

      Maurena runzelte die hübsche Stirn. »Du hast den Flug verpaßt? Das zeugt nicht gerade von großer Sehnsucht.« Mit herrischer Geste hob Maurena den Kopf mit den kupferroten Ringellocken. Die dichte Pracht in dem ganz besondern Ton weckte schon beim ersten Hinschauen das Interesse jedes Mannes. Bei Mike verursachte Maurenas Anblick stets ein gewisses Kribbeln unter der Haut. Er war verrückt nach ihr, nach ihrem einzigartigen Körper, nach ihrer weichen Haut und dem süßen Duft von Sommerblumen, der sie stets umgab. Auch jetzt fühlte Mike, wie sein Blut rascher durch die Adern floß, wie sein Herz dumpf und unruhig schlug.

      Zwei Wochen noch, dann wurde Maurena seine Frau, würde mit ihm nach Deutschland ziehen, und er brauchte nie mehr Angst zu haben, daß im fernen Marbella ein flotter Spanier die geliebte Frau betörte.

      »Und ob ich mich nach dir sehne«, widersprach Mike und hob die Arme, um seine künftige Frau hineinzuschließen. »Tag und Nacht denke ich an dich. Kaum habe ich mit dir telefoniert, möchte ich schon wieder deine Stimme hören. Ich bin halb krank vor Unruhe. Selbst meinem Vater ist das aufgefallen. Deshalb deckt er mich neuerdings rücksichtslos mit Arbeit ein. Ich soll keine Zeit zum Nachdenken haben, meint er. Das war auch der Grund, weshalb ich nicht rechtzeitig am Flughafen war. Wir hatten Besuch aus Schweden. Ein wichtiger Abnehmer, der das Werk kennenlernen wollte. Ich mußte ihn herumführen und seine Fragen beantworten. Das hat unheimlich Zeit gekostet. Maurena, sobald wir zusammen wohnen und leben, wird das alles anders. Ich freue mich wahnsinnig darauf, denn ich liebe dich.« Es war die Wahrheit. Mike hielt seine künftige Frau für das begehrenswerteste Geschöpf dieser Erde. Dabei hatte er sich noch nie Gedanken darüber gemacht, daß sie sich bisher immer nur für zwei oder drei Tage sahen und sich dabei gar nicht richtig kennenlernen konnten.

      Welches Risiko er damit einging, störte ihn nicht. Die Verliebtheit dominierte, und Maurena verstand es gut, sie ständig noch zu schüren.

      In seinen Armen lehnte sie ihren schlanken, biegsamen Körper weit zurück. Ihre glitzernden grünen Augen blitzten ihn herausfordernd an. »Es gibt reichlich Gelegenheit, mir diese Liebe zu beweisen. Dreihundert Einladungskarten für unsere Hochzeit müssen raus.«

      »Das dürfte kein Problem sein«, antwortete Mike lachend.

      »Elèn ist aber der Ansicht, daß sie alle handgeschrieben sein müssen.« Seit Maurena erwachsen war, nannte sie ihre Mutter beim Vornamen.

      Mike zog die Augenbrauen hoch. »Sag mal, müssen wir all die Leute einladen? Ich möchte viel lieber mit dir allein feiern.« Mike haßte dieses eitle Getue, das für die Familie de Derceville sehr wichtig war.

      »Elèn sagt, es wäre ein Skandal, wie viele unserer Freunde nicht berücksichtigt werden können. Aber man muß sich eben auch nach den örtlichen Gegebenheiten richten. Kein Hotel verfügt über einen größeren Saal als das Hilton, und da haben eben nur dreihundert Leute Platz.«

      Mike zog Maurena enger an sich. »Ich weiß schon jetzt, daß ich ungeduldig die Minuten zählen werde, bis wir allein sind. Den Flug in die Karibik habe ich schon bestellt. Wir gehen dort auf ein wunderschönes Segelboot. Nur wir beide und die Mannschaft, die uns jeden Wunsch von den Augen ablesen wird.«

      Maurena fand das langweilig, widersprach aber nicht. Nur mit Mike auf einem Schiff, das durch die Karibik segelte, da gab es ja nur einen, der sie bewunderte, und das war Maurena nicht genug. Die Männer der Crew zählten für sie nicht. »Wir laufen doch jeden Tag eine Insel

      an und gehen an Land,