Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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sie noch mit dem Abendessen warten sollte, dann schlüpfte er in seine Jacke und eilte aus dem Pfarrhaus. Der Streifenwagen stand bereits unten an der Straße. Sebastian lief den Kiesweg hinunter und stieg ein. Max fuhr sofort los.

      »Warum bist’ eigentlich net Polizist geworden?« fragte er seinen Bruder. »Bei deinem kriminalistischen Gespür hätte kaum ein Straftäter eine Chance. Also, wieso weißt du, daß der Neumayr auf dem Brandtnerhof ist?«

      Sebastian berichtete von der Begegnung mit dem jungen Mann, am Tag, bevor er von Max erfahren hatte, daß nach Thomas gefahndet wurde.

      »Im Gasthaus hatte er zufällig gehört, daß der alte Tobias im Krankenhaus liegt, und sich gedacht, daß ein einsamer Bergbauernhof ein ideales Versteck ist. Als du mir dann von dem Fahndungsaufruf erzählt hast, da kam mir die Beschreibung gleich so bekannt vor. Zum Glück ist die Frau Tappert sehr ordentlich und bewahrt die ausgelesenen Zeitungen immer für das Altpapier auf. Ich hab’ mir die entsprechenden Nummern herausgesucht, und in einer fand ich neben dem Artikel auch ein Foto des Gesuchten. Ich hatte mir schon vorgenommen, hinaufzufahren und mit dem Thomas Neumayr zu reden. Aber leider hatte ich in den letzten Tagen soviel zu tun, daß ich net dazu gekommen bin. Wie hast du denn erfahren, daß er sich dort versteckt?«

      »Ich würd’ gern erstmal wissen, warum du mich net gleich darüber informiert hast?« entgegnete Max und sah seinen Bruder von der Seite her an. »Du weißt schon, daß es deine Pflicht gewesen wär’…«

      Der Bergpfarrer nickte.

      »Da hast’ natürlich recht«, gab er zu. »Allerdings – ich hab’ mit dem Burschen nur kurz geredet, aber ich bin überzeugt, daß er kein Betrüger ist. So, wie der ausschaut, nein, ganz bestimmt net!«

      Der Polizeibeamte seufzte. Da hatte wieder einmal die langjährige Erfahrung im Umgang mit Menschen, die Sebastian besaß, den Ausschlag gegeben.

      »Du glaubst also net, daß er es war? Ich weiß ja net, was in den Ermittlungsakten steht, aber die Kollegen von der Münchner Kripo werden schon ihre Gründe haben, einen Haftbefehl zu beantragen.«

      »Ach, so stichhaltig können die Gründe net sein«, gab der Seelsorger zu bedenken. »Sonst hätten sie ihn net erstmal wieder auf freien Fuß gesetzt.«

      »Also, ich hab’ mich im Ort umgehört«, erzählte Max. »Die Hotels und Pensionen abgeklappert und die Wirte nach ihren Gästen befragt. Doch nirgendwo war einer abgestiegen, auf den die Beschreibung paßte. Heut’ morgen erst hab’ ich dann auch ein aktuelles Foto des Flüchtigen bekommen. Damit bin ich noch einmal losgezogen. Aber erst heut’ abend wurd’ ich fündig. Eine der Haustöchter im Löwen hat einen Gast auf dem Foto wiedererkannt und eindeutig als Thomas Neumayr identifiziert. Er war tatsächlich in der Gaststube und hat das Madel nach dem Weg zum Brandtnerhof gefragt. Leider hatte die Bedienung zwei freie Tage und heut’ erst in der Spätschicht wieder angefangen. Sonst hätt’ ich vielleicht schon eher davon erfahren.«

      Ein Wagen kam ihnen mit hoher Geschwindigkeit entgegen. Der Fahrer hatte ein solches Tempo drauf, daß der Polizist ganz rechts an die Seite fuhr, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.

      »Himmel, was ist das denn für ein Verkehrsrowdy?« entfuhr es Sebastian.

      »Das war der Stadler-Lorenz«, sagte Max. »Keine Ahnung, warum der so rast. Aber bei Gelegenheit werd’ ich ihn mir vorknüpfen. Jetzt ist mir der Thomas Neumayr wichtiger. Da vorn ist der Hof.«

      *

      Alois und Maria Brandtner saßen gemütlich im Wohnzimmer und schauten sich eine Volksmusiksendung im Fernsehen an. Vor dem Bauern stand ein Bierkrug auf dem Tisch, seine Frau hatte sich ein Glas Wein eingeschenkt.

      »Sag’ mal, hat’s net eben an der Tür geklopft?« fragte Maria plötzlich und hob lauschend den Kopf.

      Loisl nahm die Fernbedienung und schaltete den Ton aus.

      »Hast’ recht«, nickte er und stand auf. »Möchte bloß wissen, warum das Madel net öffnet.«

      Er zog die Hose hoch, die während des Sitzens ein wenig heruntergerutscht war und schlurfte zur Tür.

      »Andrea ist bestimmt noch im Garten«, meinte die Bäuerin. »Wahrscheinlich hat sie gar net gehört, daß da jemand gekommen ist.«

      Draußen klopfte es erneut. Maria erhob sich ebenfalls und folgte ihrem Mann. Die Dielentür wurde geöffnet und das Ehepaar blickte erstaunt auf die beiden späten Besucher.

      »Max?« fragte Loisl. »Ist was passiert?«

      Er sah den Bruder des Polizisten.

      »Sie auch, Hochwürden? Was ist denn los?«

      Max Trenker hatte seine Dienstmütze abgenommen.

      »Grüß dich, Brandtnerbauer«, sagte er. »Ich müßt mal mit dem Herrn Neumayr reden. Ist er da?«

      Verwundert sahen Loisl und Maria sich an.

      »Neumayr? Wer soll das sein?«

      »Thomas Neumayr – er soll hier bei euch arbeiten.«

      Der Bauer schüttelte den Kopf.

      »Das muß ein Irrtum sein. Unser Knecht heißt Thomas Korber…«

      Sebastian tippte seinen Bruder an. Max nickte.

      »Also, dann den Thomas Korber eben. Wo steckt er denn?«

      »Was willst’ denn überhaupt von ihm?« wollte der Brandtner wissen.

      »Das ist eine dienstliche Angelegenheit«, entgegnete der Polizeibeamte. »Jetzt sag’ schon, wo ich ihn finden kann.«

      Der Bauer hob hilflos die Arme und ließ sie wieder fallen.

      »Wo wird er sein? Wenn er net draußen sitzt, dann wohl in seiner Kammer, im Gesindehaus. Aber ich weiß immer noch net…«

      Max war bereits hinausgegangen. Pfarrer Trenker hob beruhigend die Hand.

      »Ich erklär’s euch«, sagte er. »Der Mann, der bei euch als Knecht untergekommen ist, heißt net Korber, sondern Neumayr. Thomas ist sein richtiger Vorname. Die Münchener Polizei sucht ihn wegen angeblicher Betrügereien. Er soll im großen Stil Anleger um ihr Geld betrogen haben.«

      Entsetzen zeichnete sich bei diesen Worten auf den Gesichtern der Eheleute ab.

      »Wenn ihr mich fragt, dann ist das alles ein großer Irrtum«, fuhr Sebastian fort. »Ich halte den Thomas net für einen Betrüger. Deshalb hab’ ich meinen Bruder begleitet und möcht’ mit eurem Knecht sprechen.«

      »Ich versteh’ das alles net«, schüttelte der Bauer den Kopf. »Sie selbst haben ihn doch zu uns geschickt.«

      »Was hab’ ich?« fragte der Geistliche erstaunt. »Wie kommst’ denn darauf?«

      Ratlos sah Loisl seine Frau an.

      »Ja, aber, er hat uns doch Grüße von Ihnen ausgerichtet.«

      Sebastian verstand und schmunzelte.

      »Das mit den Grüßen ist schon richtig«, klärte er den Irrtum auf. »Ich hab’ den Thomas an dem Tag kennengelernt, als er zu euch auf den Hof kam. Wir sind uns auf dem Weg begegnet, und er hat mich gefragt, ob er richtig sei, weil er schon befürchtete, sich verlaufen zu haben. Dabei sind wir kurz ins Gespräch gekommen, und er hat mir von dem Unglück mit Tobias erzählt. Natürlich hab’ ich ihm dann auch Grüße an euch aufgetragen.«

      »Ach, so war das«, meinte der Bauer. »Und ich hab’ geglaubt, er käm’ auf Ihre Empfehlung.«

      »Irren ist menschlich, Brandtnerbauer. Mach’ dir nix d’raus.«

      Sebastian sah zur Tür. Max kam herein.

      »Weg«, sagte er mit enttäuschtem Gesicht. »Der Vogel ist ausgeflogen.«

      Die vier sahen sich ratlos an.

      »Glaubst’ wirklich, daß er fortgelaufen ist?« fragte der Bergpfarrer. »Er konnte doch