Ein glücklicher Mensch. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Автор
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Жанр произведения: Сказки
Год издания: 0
isbn: 9783954628650
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dir mein Zeichen. Das sind meine Tränen, die ich für dich, für deine Kinder und ihr Elend vergossen habe. Bring sie in den Garten und lasse sie dort. Daraus werden Kräuter wachsen. Nenne sie ‚Sonnentränen‘. Sammle diese Kräuter, lass sie trocknen, mache daraus Extrakte und trage sie in die Welt. Du kannst damit viele Krankheiten heilen. Und dann lasse ich dir noch ein Zeichen – dieses Korn, aus dem eine Pflanze wachsen wird. Du nennst sie die Blume der Sonne. Das wird ein Medikament für dich sein. Dann solltest du noch das Gebet ‚Mein Mütterchen Sonne‘ lernen. Wenn es dir an Brot mangelt, dann sag: ‚Mütterchen Sonne, gib mir Brot!‘ Wenn es dir an Geld mangelt, dann sag: ‚Mütterchen Sonne, gib mir Geld!‘“

      Nachdem sie den Menschen so belehrt hatte, erstrahlte sie in ihrer ganzen Pracht und verschwand. Aber die Hütte des Armen war noch den ganzen Tag in den Sonnenstrahlen versunken. Dieser, seine Frau und die Kinder dankten mit erhobenen Händen und sagten:

      „Mütterchen Sonne, wir danken dir für den Besuch.“

      Sobald es dem Menschen an etwas mangelte, so sprach er dieses Gebet, welches ihm die Sonne beigebracht hatte. Und gleich hatte er alles nach seinen Bedürfnissen. Der Mensch hörte auf, den Boden zu bestellen, und wurde ein bekannter Arzt, der viele Kranke mit den Kräutern, welche ihm die Sonne geschenkt hatte, heilte. Und er selbst trank den Absud von der Sonnenblume und gab seinen Kindern etwas davon. Von diesem Getränk wurden alle weise und stark.

      ZWEI ADLIGE IM HIMMEL

      Einmal setzten sich ein Fürst, ein Edelmann und ein Pfarrer an einen Tisch, um Karten zu spielen. So spielten sie, bis sie keine Lust mehr hatten. Da sagte der Fürst:

      „Lasst uns mit dem Kartenspiel aufhören. Lasst uns eine interessantere Beschäftigung finden! Jeder von uns soll zum Beispiel eine Geschichte erzählen.“

      „Einverstanden!“, rief der Edelmann erfreut aus. „Aber diese Geschichte soll unerhört sein. Und wenn einer von uns sagt: ‚Das stimmt nicht!‘, der soll dann eintausend Goldtaler an den Erzähler zahlen.“

      „Gut“, war auch der Pfarrer einverstanden. „Dann los!“ Als Erster begann der Fürst:

      „Im Schloss meines Vaters gab es einen sehr schlauen Wirtschafter. Wenn er Kohl aussäte, wuchs der so groß, dass man in einem Kohlblatt wie in einem Boot die Memel überqueren konnte.“

      „Das mag sein. Das kann schon stimmen!“, bestätigten der Edelmann und der Pfarrer.

      Dann fing der Edelmann an, seine Geschichte zu erzählen:

      „Die Köchinnen in meinem Schloss haben einmal einen Käse gemacht, welchen es auf der ganzen Welt noch nicht gab. Der war so groß wie eine weite Wiese und erstreckte sich von unserem Schloss bis zum Nachbarschloss. Als man den Käse beschweren wollte, blieben ein paar Dutzend Pferde im Käse stecken und verschwanden darin.“

      „Das mag sein. Das kann schon stimmen!“, bestätigten wiederum der Fürst und der Pfarrer. Dann war der Pfarrer dran, der beschlossen hatte, den Fürsten und den Edelmann aus dem Häuschen zu locken.

      „Einmal säte ich am Pfarrhaus Bohnen aus. Alle Bohnen wuchsen wie gewöhnlich, nur eine schoss so in die Höhe, dass ihre Spitze den Himmel erreichte. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen hinaufzuklettern, um zu schauen, wie es im Himmel so ist. So bin ich hochgeklettert und durch die Wolken bin ich gleich zum Thron des lieben Gottes gelangt.

      Hier kamen alle um mich herum und fragten, wie ich in den Himmel gelangt sei. Und ich habe so einen Schreck bekommen, dass ich kein Wort mehr sagen konnte. Ich tat dem lieben Gott wohl leid, dass er mir seine Mütze geschenkt hat …“

      „Wenn du im Himmel warst, dann hast du vielleicht unsere Eltern gesehen?“, fragten der Edelmann und der Fürst schmunzelnd.

      „Natürlich habe ich sie gesehen“, erwiderte der Pfarrer. „Sie sahen bloß sehr kümmerlich aus: Beide in Lumpen gekleidet und zerfetzt, hüteten sie am Rande eines Sumpfes Schweine. Vor lauter Mitleid musste ich ihnen die Mütze, welche mir der liebe Gott geschenkt hatte, geben. Dann fingen sie aber an, wegen dieser Mütze wie kleine Kinder zu streiten: Der eine zog sie zu sich, der andere wiederum zu sich. Als der liebe Gott das gesehen hatte, ließ er sie mit fünfundzwanzig Rutenschlägen züchtigen.“

      „Du bist ein Lügner“, schrien der Fürst und der Edelmann gleichzeitig mit einer Stimme. „Es ist unerhört, dass Edelmänner Schweine hüten und mit Ruten geschlagen werden.“

      „Nun, wenn ich lüge, dann gehört das Geld mir!“, sagte daraufhin der Pfarrer, nahm je eintausend Goldtaler von den beiden und ging fröhlich nach Hause.

      ZWEI BRÜDER UND DAS PECH

      Es waren zwei Brüder, von denen der eine sehr reich und der andere arm war.

      Als sie nach Riga fuhren, spannte der reiche Bruder ein Paar wohlgenährte Pferde vor seinen Wagen und belud diesen mit allerlei Waren; der Arme warf auf seinen kleinen Karren einige Flachsbündel, schirrte eine einfache Stute an und fuhr los.

      In Riga angekommen, verkaufte der Reiche schnell seine Waren und füllte seinen Geldbeutel voll mit Goldmünzen.

      Und der Arme hielt gerade am Markt an, stieg von seinem Karren und drehte sich kurz weg, um ein paar Worte mit einem Bekannten auszutauschen, dann wendete er sich wieder um und sah, dass weder sein Pferd noch sein Wagen da waren. Hastig stürzte er umher, aber Pferd und Wagen waren spurlos verschwunden, denn, wie es heißt, wer nichts hat, dem wird genommen!

      Er ging zu seinem reichen Bruder, erzählte ihm, was ihm zugestoßen war, und bat ihn, wenigstens dreißig Groschen für die neuen Bastschuhe zu leihen. Aber sein Bruder wollte nichts davon hören. Der Arme wurde noch trauriger und lief seufzend mit seinen abgewetzten Bastschuhen nach Hause.

      So ging er langsam und leise seines Weges. Als er durch den Wald kam, dämmerte es schon. Aber was kann ihm schon die Dunkelheit ausmachen?! Plötzlich sah er, wie ihm ein weißer, großer Mensch entgegenkam. Der Arme erschrak, fasste dann aber seinen ganzen Mut zusammen und ging weiter. Als er sich dieser Gestalt näherte, fragte er sie: „Wer bist du?“ Die weiße Gestalt antwortete: „Ich bin dein Pech.“

      „Mein Pech?!“, wunderte sich der Arme. „Bist du aber groß! … Könntest du dich wenigstens etwas kleiner machen?“

      „Gut! Wenn du möchtest, kann ich das tun.“

      Daraufhin wurde das Pech um die Hälfte kleiner. Der Arme bat es noch einmal, kleiner zu werden. Das Pech verkleinerte sich bis auf die Größe eines Kleinkindes.

      „Mach dich noch kleiner!“, bat der Arme. „Werde für mich ganz klein!“

      Das Pech verkleinerte sich auf Nussgröße. Jetzt holte der Arme seine Tabakdose aus der Tasche, passte den Moment ab, nahm die Nuss und legte sie in die Tabakdose. So verschloss er sein Pech in der Tabakdose, steckte sie in die Tasche und ging weiter.

      Als er eine Wassermühle erreichte, holte er die Tabakdose hervor, warf sie in den Teich, betrat die Mühle und bat den Müller, übernachten zu dürfen. Vor dem Schlafengehen unterhielt er sich noch mit dem Müller und erzählte ihm über seinen Vorfall in Riga und andere Plagen.

      Am frühen Morgen verabschiedete ihn der Müller, gab ihm zehn Goldtaler auf den Weg und schenkte ihm ein gutes Pferd. Der Mann freute sich sehr. Als er wieder zu Hause war, besorgte er sich alles, was er brauchte, und sein Leben wurde mit jedem Tag besser.

      Nach einigen Jahren holte der Arme auch seinen reichen Bruder ein. Dieser wunderte sich, wie seinem Bruder alles so schnell hatte gelingen können. Eines Tages fragte der Reiche seinen Bruder, wie er so reich werden konnte. Der Arme erzählte dann, wie er damals unterwegs aus Riga sein Pech in die Tabakdose eingeschlossen und in einen Teich geworfen hatte, und wie der Müller ihn beschenkt hatte. Seitdem war es ihm immer besser gegangen.