5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745213874
Скачать книгу
war eine schmucklose Wohnung in einem trostlosen Betonblock. Sie enthielt kaum Möbel, dafür einige Kisten mit Zeitungsausschnitten und Papieren.

      Dazu Berge von Superhelden-Comics.

      Die Durchsuchung war ziemlich gründlich, aber zunächst auch nicht sehr erfolgreich. Nichts, was irgendwie auf das Motiv hindeuten konnte, dass diesen Erichsen dazu getrieben hatte, einen Mord zu begehen und einen weiteren zu versuchen.

      Dann fand Moeller einen Schlüssel, der hinter den Badezimmerschrank geklebt war.

      "Sieht aus wie ein Schlüssel zu einem Bankschließfach oder so etwas ähnlichem", kommentierte Simitsch.

      Moeller nickte.

      "Wird sich ja wohl herausfinden lassen, wo dieses Ding 'reinpasst!"

      48

      Als Carola Feller an diesem Tag das Hauptpostamt verließ, schien die Sonne. Sie hatte Feierabend, aber sie wollte noch nicht nach Hause.

      Sie ließ ihren Wagen auf dem Parkplatz am Hauptpostamt stehen und ging den schmalen Fußweg entlang, der zwischen Rathaus und Musikschule auf die Altenaer Straße führte, die bereits zur Fußgängerzone in der Innenstadt gehörte. Es war viel los. Das gute Wetter hatte die Leute aus den Häusern geholt. Cafés hatten Stühle und Sonnenschirme aufgestellt.

      Ein Straßenkünstler brachte ein Abbild der Lüdenscheider Erlöser-Kirche auf das Pflaster, das er von einer Postkarte herunterkopierte.

      Carola ließ sich von der Menge treiben, bis sie den Sternplatz erreichte. Links war etwas grün, ansonsten herrschten Stahl, Beton und Glas vor.

      "Heh, warte mal!", rief eine Frauenstimme hinter ihr und riss sie aus ihren Gedanken.

      Carola drehte sich um.

      Ihre Kollegin Ingrid kam ihr entgegen.

      "Hör mal, Carola, du lässt dich in letzter Zeit nirgends mehr sehen..."

      "Naja..."

      "Ist irgend etwas?"

      "Nein."

      "Hör mal, ich habe ein bisschen Zeit. Kommst du mit auf einen Cappuccino oder ein Eis?"

      Carola sagte nicht nein.

      Im nahen Stern-Center gab es eine Eisdiele. Gleich nebenan war ein Schwimmbad, nur durch eine Glaswand getrennt. Das sorgte für eine Art Urlaubsatmosphäre. Der leichte Chlorgeruch war ein Teil davon.

      Carola hörte Ingrids Erzählungen kaum zu. Wie durch Watte hörte sie die neuesten Scheidungsgerüchte aus dem Kollegenkreis, die immer wieder durch kreischende Kinder aus dem Schwimmbad unterbrochen wurden, die sich todesmutig vom Einmeterbrett stürzten.

      "Erzähl du doch mal was", forderte Ingrid dann. "Du bist so schweigsam. Ist was?"

      Carola sah Ingrid an und fragte dann: "Sag mal, kennst du einen zuverlässigen Anwalt und Notar?"

      "Oh", machte Ingrid. "So schlimm ist es schon mit euch. Das überrascht mich aber!"

      49

      Martin Feller saß in sich gekehrt vor einer Tasse Kaffee.

      Er blickte nicht auf, als Sven in die Küche kam und sich einen Teller Cornflakes auffüllte, wobei er mindestens eine Handvoll auf dem Boden verstreute.

      "Wo ist Mama?", fragte Sven.

      "Schläft noch", murmelte Feller.

      Sven zuckte die Schultern und schüttete Milch und Zucker über die Flocken.

      "Macht sie doch sonst nie", meinte er dann mit vollem Mund.

      "Macht sie heute aber. Sie hat erst später Dienst."

      "Was ist eigentlich los mit euch? Ihr redet kaum noch miteinander, ihr scheint euch so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen..."

      Feller blickte auf. Sein Blick war leer.

      "Wir werden uns trennen", kündigte er dann an.

      "Aber... Warum?"

      Schulterzucken.

      "Es geht halt nicht mehr."

      Sven hörte zu kauen auf.

      "Einfach so?", fragte er dann.

      Feller schüttelte den Kopf.

      "Nein, nicht einfach so."

      "Und wann?"

      "Sie sucht eine Wohnung, aber das ist nicht so einfach. Das weißt du ja."

      Das Telefon klingelte. Feller stand auf und schlurfte in den Flur. Sven hörte, wie er abhob und sich meldete.

      "Ja?"

      "Hier ist Charly."

      Feller atmete tief durch. Das konnte eigentlich nichts Gutes bedeuten.

      "Charly! Was gibt's!"

      Es redete nicht lange drum herum.

      "Du, wir haben hier Schwierigkeiten mit einem ungedeckten Scheck! Am besten, du kümmerst dich selbst um die Sache!"

      "Mein Gott, Walter!", brummte Feller und grunzte dann eine Sekunde später: "Ja, ich bin gleich da!"

      Er knallte den Hörer auf die Gabel und kam zurück in die Küche geschlurft.

      Er wandte sich an seinen Sohn, der gerade dabei war, ausgiebig in der Nase zu bohren.

      "Sagst du deiner Mutter, dass ich mit der Reparatur von ihrem Golf noch nicht fertig bin?"

      "Warum steht er dann noch immer bei uns auf dem Hof, anstatt in der Werkstatt?"

      "Charly holt ihn nachher ab. Also, du sagst es deiner Mutter, woll?"

      "Ja, wenn ich sie noch sehe", murmelte Sven undeutlich und ohne aufzublicken.

      "Versprichst du es mir?"

      "Ja."

      "Sag ihr, sie soll meinen Wagen nehmen. Und ich nehme den Bulli."

      Sven atmete tief durch und sah seinen Vater ziemlich genervt an.

      "Ich sag's ihr."

      "Bestimmt?"

      "Bestimmt."

      "Bis nachher, Junge."

      Als Feller hinausging, kam ihm eine äußerst bieder gekleidete Dame entgegen. Sie trug einen dunklen Faltenrock, obwohl sie dafür vermutlich dreißig Jahre zu jung war. Die dunklen Bügel ihrer Brille verstärkten den strengen Zug ihres Gesichts.

      "Darf ich Sie einen Moment stören?" Es war nur eine rhetorische Frage. Sie wartete Fellers Erwiderung gar nicht ab. "Ich komme von der Freien Kirche des christlichen Fundamentes. Vielleicht haben Sie schon davon gehört, dass..."

      "Hören Sie, ich habe keine Zeit", knurrte Feller.

      "In der Presse werden Sie sicher gelesen haben, dass eine Filiale von Beate Uhse nach Lüdenscheid kommen soll. Vermutlich in der Hochstraße. In der Nähe befinden sich zwei Schulen und unsere jungen Menschen sind auf diese Weise schutzlos der Unmoral ausgeliefert. Jesus sagt: 'Lasst die Kinder zu mir kommen!' Sie sind das Wichtigste! Wir müssen vor allem sie vor dem Einfluss Satans schützen..."

      "Entschuldigen Sie, ich habe andere Probleme", erwiderte Feller schroff. Er ging einfach an ihr vorbei.

      "Möchten Sie vielleicht ein klärendes, seelsorgerisches Gespräch?"

      Feller drehte sich noch einmal kurz um. "Nein, danke!" Und mit bissigem Unterton fügte er dann hinzu: "Und im übrigen werde ich diesen Laden sicher häufiger betreten, als Ihr Gemeindezentrum!"

      50