Bon Courage. Hannelore Gottschalk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hannelore Gottschalk
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783534271948
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alemannischer und romanischer Lebens- und Geistesart gebracht. Mittelalterliche Burgruinen, keltisch-römische Kultstätten, Sternstunden hoher Kunst – nicht nur in Strasbourg oder Colmar –, romanische Klöster, verträumte Blumenwiesen und Höhenblicke auf romantische Flußtäler und das Grün weitausschwingender Weinterrassen herab gehören zu diesem Land zwischen Oberrhein und Vogesen. Künstler, Dichter, Mystiker und Humanisten haben hier gelebt, und die Wechselspiele der Geschichte haben überall ihre Spuren hinterlassen.

      Bergland, Hügel, Tiefebene – jede der drei geologischen Zonen des Elsaß hat ihren eigenen Reiz. Auf unserer Sprachkursreise können wir jedoch immer nur wenige Orte ansteuern. Aber diese werden Ihre Neugier auf weitere Entdeckungen wecken. Diesmal wenden wir uns, von Strasbourg kommend, einer der schönsten Landschaften des Elsaß zu, der Route du vin, der Weinstraße.

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      Dompeter

      Gleich bei Avolsheim, einem der heiteren Dörfer inmitten von Rebgärten, finden wir auf freiem Feld Dompeter, eine kleine frühromanische Basilika, die als älteste Kirche des Elsaß gilt. Rechnet man die vorkarolingischen Heiligtümer hinzu, auf denen dieses Gotteshaus steht, dann stimmt das auch. Der volkstümliche Name Dompeter ist von Domus Petri – Haus des Apostels Petrus – abgeleitet. Hier, »an diesem Ort«, besagt eine Inschrift, ist »das Haus der Lebensquelle und der Hoffnung auf Gnade.« Leiten sich diese Worte vielleicht auch vom Dompeter-Brunnen her, der schon in vorchristlicher Zeit eine geheiligte Stätte war?

      Neben St. Peter als Namenspatron über dem Portal entdecken wir an der rechten Säule des Eingangs – als Kapitellschmuck zwischen den archaischen Köpfen von Adam und Eva – ein maskenhaftes Gesicht mit einem Hirschgeweih: wahrscheinlich der keltische Hirschgott Cernunnos – ein Rätsel aus mythischer Vorzeit.

      Weiter auf der Route du vin, mit einer Kette liebevoll gepflegter Städtchen wie Obernai und Barr, erreichen wir Andlau. Es wartet nicht nur mit stattlichen Fachwerkhäusern aus der Zeit der Renaissance auf, sondern auch mit einer Abteikirche aus dem 12. Jahrhundert, deren Fassade, Portal und Krypta zu den eigenwilligsten Schöpfungen romanischer Kirchenbaukunst im Elsaß zählen. Besonders eindrucksvoll die geradezu archaisch anmutenden Reliefs am Portal und der Portalzone: Adam und Eva, wie sie aus dem Paradies vertrieben werden. Auf dem Fries dann wieder Figuren aus dem Volksleben, unter denen auch ein Weinpanscher nicht fehlt.

      Und überall in den Städten und Weinorten, so auch in Ribeauvillé, mittelalterliche Fachwerkhäuser, von denen jedes ein individuelles Eigenleben zu führen scheint.

      Ein Juwel elsässischer Romanik auf unserer Route ist die ehemalige Benediktinerabtei Murbach. Zu beiden Seiten des rosafarbenen Sandsteinbaus erheben sich die grünen Flanken des Waldes wie eine mit Bedacht gewählte Einfassung einer besonderen Kostbarkeit. Das Kloster war im 12. Jahrhundert eines der mächtigsten unter allen Reichsabteien. Als architektonisches Kunstwerk ist der hochaufragende Bau mit seiner ernsten Linienführung und der symbolischen Ausdruckskraft seiner Skulpturen eine Schöpfung von europäischem Rang. Die Entstehungsgeschichte des Klosters führt bis ins 8. Jahrhundert zurück. Sogar Karl der Große ließ sich als Pastor Murbacensis titulieren.

      Zuletzt besuchen wir noch Eguisheim, ein Städtchen, das im Sommer beinahe in einer Flut von Blumen ertrinkt. Sein Mittelpunkt ist die imposante Burgruine, einst eine von Wassergräben umgebene Festung. Die Grafen von Eguisheim hatten hier ihren Stammsitz. Das Geschlecht zählte zum ältesten Adel des Elsaß. Es brachte 1002 sogar einen heiliggesprochenen Papst hervor: Leo IX., der die strenge Klosterreform der Cluniazenser unterstützte und Roms absolute Autorität in der Kirche wiederherstellte.

      Ummauert wurde Eguisheim Mitte des 13. Jahrhunderts, als es ein Bistum von Strasbourg geworden war, das es zur Stadt erhob.

      Heute laden auch hier, wie überall an der Weinstraße, die Winzer zur déustation, zur Weinprobe, ein. Aber Vorsicht, damit Ihnen die Zunge nicht zu schwer wird! Sie wollen ja noch viele französische Wörter gebrauchen und verständlich aussprechen. Dazu sind Edelzwicker, Pinot noir oder gris, Gewürztraminer, Tokayer oder Muskateller, nur in sehr geringen Mengen genossen, förderlich.

      Die nächste Etappe unserer Tour de France führt nach Besançon und in die Franche-Comté, die Freigrafschaft von Burgund.

      A bientôt, auf bald!

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      2 A In Besançon

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      La citadelle

      Ringförmig von den silbriggrünen Wassern des Doubs umflossen, liegt der Kern dieser schönen, ebenso lebendigen wie geschichtsträchtigen Hauptstadt der Franche-Comté gleich einer Perle in glitzernder Fassung. Dort, wo die auf 118 Meter ansteigende Landzunge den Flußkreis durchbricht, erhebt sich die mächtige Zitadelle von Vauban. Ludwig XIV. ließ dieses imposante Fort auf bereits vorhandenen älteren Verteidigungsanlagen durch seinen Festungsbaumeister errichten, nachdem Besançon, das seit 1555 den spanischen Habsburgern unterstand, von den Franzosen erobert und 1678 Frankreich einverleibt worden war. Vorher, seit 1307, ist das alte Bisanz freie Reichsstadt gewesen. 1384 fiel es an das neue Herzogtum Burgund.

      Die Ursprünge seiner wechselvollen Geschichte aber reichen viel weiter zurück. Das antike Vesontio war die Hauptstadt der keltischen Sequaner, die Julius Caesar 52 v. Chr. unterwarf. Den heutigen Festungsberg – schon in galloromanischer Zeit von einer Mauer umgeben – krönte eine Akropolis, die wahrscheinlich einen dem Jupiter Capitolinus geweihten Tempel barg. Wenn wir das weitläufige Gelände der Vaubanschen Zitadelle durchstreifen, beeindrucken nicht nur die mächtigen Mauern, Türme und Vorwerke oder der 132 Meter tief in den Fels hineingeschlagene Brunnen. Von der Höhe herab, mit dem weiten Blick über die »grünste von Frankreichs Städten«, die sich mit ihren nunmehr 120.000 Einwohnern längst über die Doubsschleife hinaus erstreckt, ist es, als offenbarte die Zeit selber sich in ihren Schichtungen. Als Zentrum der französischen Uhrenindustrie verfügt Besançon ja auch über eine alte Tradition der Zeitmessung.

      Viele Rollen waren der Zitadelle im Laufe der Geschichte zugefallen. Die Kadetten Ludwigs XIV. wurden hier gedrillt. Im 18. und 19. Jahrhundert dienten die Gebäude als Kaserne und Staatsgefängnis, und während des Zweiten Weltkriegs war das heutige Kultur- und Freizeitzentrum Erschießungsstätte der gegen die deutsche Besatzung kämpfenden Patrioten. Neben einem Folklore- und einem Naturkundemuseum dokumentiert das Musée de la Résistance et de la Déportation diesen schlimmen Zeitabschnitt unserer Geschichte.

      Die Rue des Fusillés de la Résistance, die Straße der erschossenen Widerstandskämpfer, führt von der Zitadelle direkt hinunter zur cathédrale St-Jean, dem Johannesmünster. Der Grundriß – zwei Apsiden ohne Hauptfassade – verweist möglicherweise auf eine karolingische Vorgängerkirche. Im Inneren der Kathedrale verbinden sich Stilelemente von der Romanik bis zum Barock auf erstaunlich harmonische Weise. Zur Johanneskathedrale gehört auch eine kunstreiche astronomische Uhr aus dem 19. Jahrhundert, die mit ihren 70 Zifferblättern und 30.000 Einzelteilen 122 Daten übermittelt. Zwar nicht so berühmt wie die große Uhr im Straßburger Münster, ist sie doch ein kaum weniger erstaunliches Meisterwerk.

      Nur wenige Schritte in Richtung Grande Rue, der 2000 Jahre alten Hauptachse der Stadt, und wir begegnen an der Porte Noire der Römerzeit. Mythologische, allegorische und kriegerische Themen sind die Vorlage für den reichen bildhauerischen Reliefschmuck des wohlproportionierten Triumphbogens, der wahrscheinlich Ende des 2. Jahrhunderts, zur Zeit Marc Aurels, des Philosophen auf dem Imperatorenthron, errichtet wurde.

      Eine besondere Stimmung vermittelt neben der Porte Noire der Square Archéologique Castan. Die Anlage hat ihren Namen von dem Archäologen, der hier im vorigen Jahrhundert ein halbkreisförmiges römisches Gebäude ausgrub, das man zunächst als Theaterruine deutete. Heute vermutet man darin die Überreste eines Nymphäums, einer Brunnenanlage, deren beachtliches Ausmaß acht aufrecht