„Die Cops schnüffeln überall herum. Ich habe dich ja angerufen, als sie heute am frühen Abend noch mal aufgetaucht sind, um Rita zu verhören.“
„So?“, fragte Big Brian. „Aber die wird nichts sagen“, war er überzeugt. „Die hängt am weißen Pulver und weiß genau, dass sie nichts mehr bekommt, wenn sie nicht pariert. Man mag ja viel über sie sagen können, aber bescheuert ist sie nicht.“
„Wenn du mich fragst, ist sie mindestens ein solches Sicherheitsrisiko wie Jennings...“
„Ja, nur mit einem Unterschied. Ich habe Ritas Bruder versprochen habe, dass ich auf seine Schwester aufpasse, bevor er an den Schussverletzungen starb, die ihm so ein Bastard von den SOUTH BRONX TIGERS beigebracht hatte! Und ich halte mein Wort.“
Es war dunkel und die Mitglieder der Gang hatten sich wie üblich mit ihren Maschinen in ihrer gut ausgerüsteten Werkstatt getroffen, die auf einem stillgelegten Industriegelände einer Firma namens Matthews Inc. lag, dessen Besitzverhältnisse unklar waren.
„Mir wird das Ganze jedenfalls zu heiß“, meinte Billy, der Barkeeper mit dem Stachelhalsband. „Wenn man wegen ’ner Drogensache verknackt wird, hat man zumindest die Chance, irgendwann mal wieder das Tageslicht zu sehen, so fern man keinen Trottel als Anwalt hat. Aber Mord...“
„Früher warst du auch nicht so zimperlich!“, wies Big Brian ihn zurecht.
Billy verzichtete auf eine Antwort.
Er wusste genau, dass er jetzt besser nichts sagte. Big Brian war kurz vor einem seiner cholerischen Anfälle und was dann geschah, konnte niemand vorhersehen.
Das Gesicht des Gang Leaders verzerrte sich zu einer grimmigen Maske.
In diesem Moment klingelte sein Handy.
Big Brian griff zum Apparat und nahm ihn ans Ohr.
„Ja?“
„Hier ist Rita Aldosari!“
„Was willst du?“
„Gerechtigkeit, Brian. Du hast den Mann umgebracht, den ich geliebt habe.“
„Hey, ich habe dir das doch erklärt. Der Kerl hätte uns alle in Gefahr gebracht. Und ich habe es deinem Bruder versprochen, auf dich aufzupassen!“
„Wenn er wüsste, wie du mich zugerichtet hast, würde er sich im Grab umdrehen, Brian. Was bist du nur für ein mieser Bastard!“
„Hey, was ist los mit dir? Ich werde mich von dir nicht beschimpfen lassen! Ich dachte, die Sache wäre geregelt und du wärst wieder in der Spur! Scheint aber nicht so zu sein.“
„Du könntest wenigstens sagen, dass es dir Leid tut.“
„Was? Meinst du die paar Ohrfeigen?“
„Das mit Dusty. Ich habe ihn nämlich wirklich geliebt.“
„Okay, okay, es tut mir leid, aber es war nicht zu vermeiden! Der hätte uns schließlich alle in Schwierigkeiten gebracht und ich habe kein Lust, meine Geschäfte aus dem Knast betreiben zu müssen wie Kimble, das arme Schwein!“
30
Rita kannte die Nummer von Brian Mallones Prepaid Handy, wir hatten mit ihr abgemacht, dass sie Big Brian zu einem bestimmten Zeitpunkt anrufen und in ein möglichst langes Gespräch verwickeln sollte. Wir konnten den Standort von Brians Handy dann anpeilen und waren auf diese Weise sicher, dass er sich auch tatsächlich an dem Treffpunkt aufhielt, von dem Rita uns gegenüber gesprochen hatte. Außerdem hatten wir das Gespräch auf Band. Vor Gericht würde Brian Mallone es schwer haben, sein eigenes Geständnis zu widerlegen.
Ein Hubschrauber flog über den Hof, auf dem die Harleys der Gang aufgebockt waren. Etwa dreißig G-men und außerdem zusätzliche Kräfte der City Police nahmen an diesem Einsatz unter unserer Federführung teil.
Alle Straßen und Zugänge zu diesem abgelegenen Industriegelände waren abgesperrt worden.
Wir pirschen uns in schusssicheren Westen und mit Headsets an den Treffpunkt der Gang heran. Die Pistolen hielten wir im Anschlag. Bis das Signal zum Einsatz über Interlink-Verbindung gegeben wurde, warteten wir.
Clive Caravaggio hatte die Einsatzleitung.
Er gab das Signal zum Losschlagen.
Von überall her stürmten wir auf das Gelände vor.
Eine Megafonansage forderte die BRONX DEVILS zum Aufgeben auf. Manche wollten das einfach nicht wahrhaben. Ein paar Schüsse fielen. Pump Guns, automatische Pistolen und Uzi- Maschinenpistolen wurden abgefeuert. Für dreißig lange Sekunden tobte ein Feuergefecht. Mehrere der Gangmitglieder sanken getroffen zu Boden.
Dann sahen die anderen ein, dass sie keine Chance hatten und ergaben sich. Der Reihe nach wurden sie von unseren Leuten festgenommen und man las ihnen die Rechte vor.
31
Die Mitglieder der BRONX DEVILS wurden in Transporter der City Police geladen. Jeder von ihnen würde erkennungsdienstlich behandelt werden. Von Jennings fanden wir zunächst keine Spur, aber die Kollegen der SRD sowie unsere eigenen Erkennungsdienstler standen bereit, um notfalls die Nacht durchzuarbeiten. Jede noch so kleine Spur musste ausgewertet werden.
Brian Mallone war leicht an seinem Piratentuch zu erkennen. Das hatte er schon getragen, als er zum ersten Mal straffällig wurde und sein Foto in den über das Datenverbundsystem NYSIS zugänglichen Kriminaldaten gespeichert worden war.
An Brian Mallone heran zu kommen, war gar nicht so einfach. Ein wolfsähnlicher Hund hielt sich dauernd in seine Nähe auf und knurrte jeden, der es wagte, näher als drei oder vier Yards an den Gang Leader heranzutreten.
„Wenn Sie es gut mit Ihrem Hund meinen, dann leinen Sie ihn an und sorgen dafür, dass er ruhig bleibt“, meinte Milo, der mit seiner Pistole in der Hand vor ihm stand. „Andernfalls wären wir gezwungen zu schießen.“
„Ganz ruhig, Devil“, meinte Brian, kniete nieder und kraulte das Tier hinter den Ohren. „Der tut nichts.“
„Das sagen alle“, meinte ich. „Leinen Sie das Tier an, damit wir es auch abtransportieren können!“
„Machen Sie’s das doch selber!“, knurrte Mallone.
„Als Beweismittel ist er für uns lebend oder tot gleich wertvoll“, sagte Milo gelassen. „Wir haben nämlich ein Hundehaar im Fluchtwagen gefunden – und wenn die DNA passt,