Sechs utopische Thriller. Conrad Shepherd. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Conrad Shepherd
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745202267
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Ich habe etwas für Sie.«

      »Dann nichts wie herein in die gute Stube«, sagte Conroy und öffnete die Tür.

      Augenblicklich bohrte sich ihm die Mündung einer großkalibrigen Waffe in den Bauch. Sie lag in der Hand eines großen, braunhäutigen Mannes, der auf den ersten Blick einen sympathischen Eindruck machte – bis auf den zynischen, desillusionierten Zug, der in seinen Mundwinkeln nistete.

      »Los, zurück mit Ihnen!«, drängte er mit rauer Stimme.

      Conroy folgte dem Druck der Waffe und ging rückwärts bis in die Mitte seines Apartments.

      »Keine Sperenzchen«, befahl der kräftige Nepalese, »und halten Sie Ihre Hände ruhig!«

      Conroy folgte dem Befehl; von einem Wissenschaftler war kein heldenhaftes Reagieren gefordert und wurde von dem Eindringling auch nicht erwartet, da er die Sache ziemlich ruhig anging.

      Die Pistole dirigierte ihn an die Wand neben der Tür zum Bad.

      »Gesicht zur Wand, Hände dagegen, Beine auseinander!«, kommandierte Conroys ungebetener, wenn auch nicht gänzlich unerwarteter Gast im besten Filmstil. Sicher hockte er in seiner kargen Freizeit nur vor der TV-Scheibe.

      Conroy lehnte sich gegen die Wand.

      Eine große Hand klopfte ihn gekonnt und rasch ab, fand nichts. »Du kannst reinkommen«, sagte Conroys Gast laut; die Tür wurde bewegt und eine zweite Person trat ein.

      »Sie können sich jetzt wieder umdrehen, Mister, aber Hände in den Nacken!«

      Sie waren zu zweit. Natürlich. Polizisten traten nur als Team auf. Beide waren Angehörige jener Mischrasse, die sich aus der Verbindung Nepals mit Indien ergeben hatte. Der zweite Mann ähnelte mehr einem Mungo und hatte ein unruhiges Flackern in den Augen.

      Während der erste seine Waffe bereits wieder eingesteckt hatte, starrte Conroy genau in das schwarze Loch der Mündung der Kanone des zweiten.

      Conroy grunzte: »Polizei?«

      »Detektiv-Sergeant Malabar, Metropolizei. Merkt man es so deutlich?«

      Conroy zuckte die Schultern.

      Malabar sagte: »Das ist Sergeant Nathu.«

      »›Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen‹, kann ich wohl nicht sagen.«

      »Ist auch nicht vonnöten.«

      Ihre Augen blickten unbeteiligt. Die Polizisten waren weder böse noch besonders freundlich. Was sie hier taten, war ihre Arbeit, nichts weiter. Der Größere ging um Conroy herum, während Nathu ihn in Schach hielt. Die beiden waren ein gutes Team. Aufeinander eingespielt, ergänzten sie sich großartig. Hände klopften den SY.N.D.I.C.-Agenten ab, fanden natürlich nichts. Malabar trat zur Seite und gesellte sich wieder zu Nathu.

      »Sie sind Doktor Morton Conroy?«

      »Das ist mein Name«, bestätigte Conroy nickend. »Darf man erfahren, was Sie von mir wollen?«

      »Wir nichts.«

      Die unruhig flackernden Augen Nathus waren stur auf Conroy gerichtet, als sein Vorgesetzter durch den Raum ging und etwas zu suchen schien.

      »Brauchen Sie deshalb diese Zimmerflak?«

      »Steck sie endlich weg, Nathu!«, befahl Malabar aus einer Ecke.

      Lustlos versenkte Nathu die Waffe unter der Achsel. Conroy erklärte er: »Sie können die Arme wieder herunternehmen. Einen Rat: An Ihrer Stelle würde ich keine Schwierigkeiten machen.«

      »Erwarten Sie denn welche?«

      Conroy erhielt keine Antwort. »Was jetzt?«, erkundigte er sich und löste die Hände vom Nacken. Er bewegte die Schultern, um die leicht verkrampften Muskeln zu lockern.

      »Wir werden eine Fahrt unternehmen.«

      »Wohin?«

      »Die Fragen stellen wir«, machte ihm Malabar klar.

      »Gut. Was wollen Sie eigentlich von mir?«

      »Sie fragen ja schon wieder!« Der Detektiv-Sergeant schüttelte tadelnd den Kopf. Doch dann bequemte er sich doch zu einer Antwort: »Der Lieutenant möchte ein paar Worte mit Ihnen wechseln, Doktor.«

      »Wenn's unbedingt sein muss«, seufzte Conroy. Er war zu müde, um sich gegen die beiden aufzulehnen. Außerdem verkörperten sie Recht und Ordnung in Schrinagar. Und der gute Angus Santana hatte ihm eingeschärft, alles zu unterlassen, was ihn in eine Konfrontation mit den örtlichen Behörden bringen würde.

      »Gehen wir«, entschied Malabar.

      Nathu betrachtete Conroy vier Sekunden lang mit distanziertem Interesse und fügte mahnend hinzu: »Keine Tricks!«

      *

      Der Schein einer Arbeitslampe hüllte die kleine Bronzestatue der Göttin Schiwa auf der zerschrammten Schreibtischplatte wie in Sonnenlicht. Der Mann dahinter widmete diesem Bild einige Sekunden lang seine ungeteilte Aufmerksamkeit, was Morton Conroy Gelegenheit gab, ihm die seine zuzuwenden

      Lieutenant Hoja war ein derbknochiger Inder in einem modernen Anzug. Sein samthäutiges Gesicht war viereckig und wie von ungeschickter Hand aus Ton modelliert. Dunkle Augen lagen unter zerfransten Brauen verborgen. Damit es ja keine Zweifel an seiner Wichtigkeit gab, sagte ein hochglanzpoliertes Metallschild zwischen all den Terminals auf seinem Schreibtisch jedem, der es wissen wollte, dass der Mann dahinter Polizeioffizier Nam Hoja war. Jetzt hob er den Blick

      »Eine unglückliche Sache, Doktor Conroy«, sagte er mit leiser, milder Stimme und einem Ausdruck permanenter Traurigkeit auf dem Gesicht.

      Morton ließ sich davon nicht täuschen; es galt, auf der Hut zu sein.

      »Inwiefern?«

      Hoja blätterte in den Legitimationen des SY.N.D.I.C.-Agenten.

      »Setzen Sie sich doch... bitte!« Mit einer knappen Geste deutete er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

      Conroy setzte sich, legte die Hände auf die abgewetzten Armlehnen und stellte fest, dass der Stuhl äußerst unbequem war. Nun, Delinquenten, die zum Verhör hierher gebracht wurden, hatten wohl keinen Komfort zu erwarten.

      Der Lieutenant lehnte sich zurück, so dass sein Gesicht aus dem Lichtkreis der Lampe verschwand. Sein Blick musterte Morton Conroy. Schließlich sagte er: »Nachdem Sie jetzt sitzen, würde ich vorschlagen, alles zu erzählen, Sahib Conroy. Versuchen Sie erst gar nicht, mich anzulügen. Ich bin durchaus in der Lage, kontrollieren zu können, ob es den Tatsachen entspricht, was Sie aussagen.«

      Das bezweifle ich, dachte Conroy und sagte laut: »Ich verstehe nicht... was möchten Sie von mir?«

      »Eine Aussage!«

      »Worüber?«

      Hoja blickte den SY.N.D.I.C.-Agenten einen Moment lang starr an. Dann senkten sich wieder die Wimpern. Noch klang seine Stimme sanft, als er erwiderte: »Das Problem ist... ähm... dass jemand vor kurzem anrief und unserer Dienststelle eine Schießerei in den alten Hafenanlagen meldete.

      »Und?«

      »Stellen Sie sich vor, wir fanden sogar vier Leichen, als wir die angegebene Adresse, Mahin Road 354, erreichten.«

      »Ich sehe noch immer keinen Zusammenhang zwischen Ihren angeblichen Leichenfunden und meiner Person. Tut mir leid, Lieutenant, aber was Sie brauchen, ist die Adresse eines Leichenbestatters, weiter nichts.«

      Hoja schüttelte betrübt den Kopf. Der traurige Ausdruck auf seinem Gesicht verstärkte sich.

      »Sie machen es einem aber auch schwer, Doktor. Dieser anonyme Anrufer gab uns auch den Tipp, einmal die Gästedateien des Hotelcomputers aus dem Maniloa International zu überprüfen sowie