Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745204407
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nickte. „Einverstanden.“

      Ibn Achbar grinste. „Du hast großes Vertrauen zu mir.“

      „Du bist ein Ehrenmann“, sagte der Berufsmörder.

      „Ich könnte dich nach dem Mord an meinem Onkel um einen Kopf kürzer machen lassen.“

      „Warum solltest du das tun?“, fragte er.

      „Um vor meinem Volk besser dazustehen.“

      Mudji griff wieder nach seinem Glas.

      „Ich habe keine Bedenken. Du wirst bezahlen. Auf mein Schweizer Bankkonto. Und ich werde Yanba sehr lange fernbleiben.“

      Ibn Achbar lachte rau.

      „Du traust mir also doch nicht so ganz.“

      „Vorsicht ist die Mutter der Weisheit“, erwiderte Halef Mudji. „Wann soll es geschehen?“

      „So bald wie möglich. Ich habe genug vom Warten. Ich will endlich haben, was mir gehört.“

      „Ich begebe mich morgen nach Djeha und treffe die Vorbereitungen“, sagte Mudji, doch damit war der Neffe des Scheichs nicht einverstanden. Er schüttelte den Kopf.

      „Es darf nicht in Djeha geschehen. Du wirst meinen Onkel töten, wenn er außer Landes ist.“

      „Hat er die Absicht, Yanba in absehbarer Zeit zu verlassen?“

      Ibn Achbar nickte. „Er wird sich mit seiner Familie nach Europa begeben.“

      „Ein offizieller Staatsbesuch? Das würde meine Arbeit erschweren.“

      „Er reist privat nach Deutschland, scheint kein Vertrauen zu den eigenen Ärzten zu haben, will sich anderswo gründlich untersuchen lassen.“

      „Gibt es einen Grund dafür?“

      „Er ist sechzig Jahre alt und der Meinung, sein Volk müsse von einem gesunden Staatsoberhaupt regiert werden. Sollte man ihm in Deutschland diese völlige Gesundheit nicht bescheinigen, würde er die Regierungsgeschäfte seinem Sohn Harun übergeben, und dazu darf es nicht kommen.“

      „Wenn ich Rashid Achbar töte, rückt sein Sohn doch automatisch nach.“

      Es funkelte grausam in Ibn Achbars Augen.

      „Mein Cousin wird es nicht wagen, nach Djeha zurückzukehren und mir die Macht streitig zu machen. Der Schmerz über den Tod seines geliebten Vaters wird ihn zerbrechen. Er wird nicht mehr geeignet sein, die Geschicke eines Staates zu lenken.“

      „Du sprichst von ihm, als wäre er ein Feigling und ein Weichling. Ich würde mich an deiner Stelle vor diesem Mann in Acht nehmen. Das Volk liebt ihn, und er hat in verschiedenen Situationen Mut und Entschlossenheit bewiesen.“

      „Er ist keine so starke Persönlichkeit wie sein Vater. Rashid Achbar stützt ihn. Wenn ich ihn dieses Halts beraube, wird er stürzen.“

      „Es wäre besser, wenn ich ihn ebenfalls töten würde“, sagte Halef Mudji nüchtern.

      Doch Ibn Achbar winkte ab.

      „Das ist nicht nötig. Du konzentrierst dich auf meinen Onkel. Sobald Rashid Achbar tot ist, kehre ich nach Djeha zurück. Dann wird nach zwanzig Jahren endlich der richtige Achbar über das Volk von Yanba regieren. Harun wäre verrückt, wenn er nach Hause käme. Ich würde ihn des Hochverrats bezichtigen und öffentlich hinrichten lassen. Das weiß er.“

      „Du hast dir sehr viel vorgenommen“, sagte Mudji grinsend.

      „Ja...“, sagte Ibn Achbar gedehnt. „Und es wird mir gelingen. Rashid Achbar muss sterben - in Bergesfelden. Höre weiter meinen Plan ...!“

      2

      Blond, hübsch und blauäugig war Lydia Fersten. Ein ungemein sympathisches Mädchen von knapp zwanzig Jahren, modern gekleidet und ansteckend quirlig. Sie war noch nie in der Wiesen-Klinik gewesen, deshalb hatte sie sich das große Gebäude schon draußen sehr beeindruckt angesehen, und nun staunte sie drinnen über die spürbar angenehme Atmosphäre. Manche Krankenhäuser sind nüchtern und unpersönlich, haben das Flair von Operationsfabriken, von Fließbandbehandlung und Computertherapie. In der Wiesen-Klinik stand der Mensch im Vordergrund, und alles, was um ihn herum passierte, war in erster Linie auf ihn und sein Wohlbefinden abgestimmt.

      Dr. Richard Berends, der Chefarzt, stand auf dem Standpunkt, die Klinikatmosphäre dürfe den Patienten nicht deprimieren, sondern müsse mit dazu beitragen, dass er so rasch wie möglich wieder gesund wurde.

      Lydia Fersten fragte den Pförtner nach dem Weg zu Dr. Berends und bekam eine ausführliche Auskunft. Als sie wenig später aus dem Lift trat, sah sie den Chefarzt. Ihr Vater hatte ihn ihr beschrieben, deshalb erkannte sie ihn sofort. Er war ein Mann, zu dem man auf Anhieb Vertrauen fasste, groß, sportlich, aufrichtig und seriös. Eine echte Persönlichkeit war der Leiter der Wiesen-Klinik, das spürte Lydia gleich. Er hatte eine Ausstrahlung, über die nur außergewöhnliche Menschen verfügen, und Lydia erkannte jetzt schon, dass sie keinen besseren Entschluss hätte fassen können. Es war richtig gewesen, hierher zu kommen.

      Dr. Berends war nicht allein. Er unterhielt sich mit einem jungen Kollegen.

      „Haben Sie eine Elektrophorese und eine Untersuchung der Knochenmarkzellen vorgenommen?“, wollte der Chefarzt soeben wissen.

      „Ja“, sagte der junge Arzt.

      Lydia Fersten blieb stehen und wartete, bis der Mediziner auf sie aufmerksam wurde.

      „Und?“, fragte der Chefarzt.

      „Die Anzeichen deuten auf eine Makroglobulinämie hin. Da es sich um eine seltene Erkrankung handelt, habe ich keine Erfahrung damit. Ich habe Lymphdrüsenschwellungen, Milz- und Lebervergrößerung und Blutarmut festgestellt.“

      „Es ist bekannt, dass dieses Leiden, das erst in höherem Lebensalter auftritt, und bei dem es sich um eine Neubildung des lympathischen Systems handelt, von unterschiedlicher Bösartigkeit sein kann.“

      Der junge Arzt nickte. „Die Patientin ist neunundsiebzig Jahre alt. Welche Therapie schlagen Sie vor, Dr. Berends?“

      „Wir werden die Patientin in den nächsten Tagen sehr genau beobachten.“

      Der junge Mediziner schaute den Leiter der Wiesen-Klinik überrascht an. „Ist das alles?“

      „Die Krankheit zählt zu den Paraproteinämien und verläuft häufig ohne Behandlung gutartig mit einer Dauer von zehn und mehr Jahren, Herr Kollege. Eine Therapie mit Zytostatika wäre nur bei einem rasch fortschreitenden Fall angezeigt.“

      „Ich verstehe“, sagte der junge Arzt. „Vielen Dank, Dr. Berends.“

      Als er sich umwandte und ging, wurde der Chefarzt auf Lydia Fersten aufmerksam. Sein intelligenter Blick huschte rasch an ihr auf und ab, aber es war ihr nicht unangenehm. Es gab Männer, die versuchten auf diese Weise herauszufinden, welche Chancen sie hatten. Bei Dr. Berends hatte Lydia dieses Gefühl nicht. Er begegnete bestimmt allen Menschen mit diesem wachen Interesse. Ein kleines, verlegenes Lächeln huschte über ihr apartes Gesicht.

      „Ich bin Lydia Fersten.“

      „Fräulein