Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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junge Chatte tat, was ein Krieger auf dem Pfad der Ehre niemals tun würde…

      Obwohl er sich anschlich und somit eine Gefahr darstellen musste, sagte er einfach „Ich habe Hunger!“

      „Dann geh voran, dem kann abgeholfen werden…“ hörte er Worte, die keine Gefahr verhießen. Neben den Alten fanden sich ein etwas Jüngerer und ein ganz Junger, beide mit einem Frame bewaffnet, ein.

      Der junge Chatte hatte verloren, wenn es sich um Feinde handelte. Weil er die Ansammlung der dürftigen Hütten längere Zeit beobachtete, war er anscheinend entdeckt worden. Die Bewaffneten gelangten, ohne von ihm gesehen worden zu sein, in seinen Rücken und erwarteten ihn, als er sich erneut annäherte. Auch verlegten sie ihm den Fluchtweg.

      Eine Hüttentür öffnete sich. Mit drei Framen im Rücken trat er ein.

      „Mutter, der Bursche hat Hunger! Gib ihm etwas und dann stellen wir ein paar Fragen…“

      Der Blick des jungen Chatten irrte über die Dürftigkeit der Hütte, die ihm nichts zur Zugehörigkeit zu irgend einem Stamm verriet. Zuletzt blieb sein Blick an dem Jüngeren hängen. Sein Haar war ungeschnitten lang. Er war sicher, vor sich Chatten zu haben…

      Während er eine dünne Suppe, mit etwas unerfindlich Dicken darin, was aber kein Fleisch war, in sich hinein schaufelte und dazu an einem Fladenstück Brot kaute, dachte er sich eine Lügengeschichte aus. Er wusste, die Geschichte sollte möglichst einfach sein…

      Waren es Chatten, würden sie es verstehen, wenn er von einem Überfall der Hermunduren berichten würde. Wären es Hermunduren, so glaubte er, weil er diesen Anwohnern bisher nichts getan hatte, würden diese ihm auch nichts tun. Er schob die Holzschüssel von sich, dankte dem Alten für seine Gastfreundschaft und wartete.

      „Mit der Gastfreundschaft…“ hob der Alte an „… ist es so eine Sache… Ein Gast schleicht sich nicht an…“

      „Was sollte ich sonst tun, wollte ich wissen, zu welchem Stamm ihr gehört?“

      „Warum musst du das Wissen?“

      „Würden mich Hermunduren willkommen heißen, wäre ich ein Chatte? Wie reagierten Chatten auf einen Hermunduren…“

      „Höre auf mit dem Unsinn…“

      Der junge Chatte spürte, dass dieser Empfang anders verlief, als er es sich vorgestellte hatte.

      „Was meinst du?“ fragte er leise zurück.

      „Ist doch egal, ob Chatte oder Hermundure, wenn du als ehrlicher Gast kommst…“

      Daran dachte der Chatte zu keinem Zeitpunkt. Ein Gast war ein Gast, wie auch im Hause seiner Eltern… Ihm war dieser Gedanke gar nicht in den Sinn gekommen, weil er aus einer Bedrohung kam, die er selbst verschuldete. Also glaubte er die ganze Zeit an ihn umgebende Feinde. Wie sollte er darauf antworten?

      „Was ist nun, seid ihr Chatten?“ fragte er noch einmal voller Hoffnung. Der junge Chatte begriff, dass ein Vorprellen nützlicher wäre, denn ein Schweigen oder nach Ausflüchten suchen…

      „Ist es nicht unwichtig, ob ich Chatte oder Hermundure bin, wenn ich dich in Gastlichkeit aufnahm? Du hast mein Brot gebrochen…“ grunzte der Alte und fügte leiser werdend an: „Was meinst du, wie wichtig dies für mich wäre, zwischen zwei so mächtigen Stämmen? Ich habe es vergessen, wo mein Vater, nein sein Vater oder war es vielleicht dessen Vater oder gar dessen Vorfahre schon, herkam und hier eine Hütte baute… Es ist zu lange her, als das wir uns erinnern könnten…“

      „Dann seid ihr keine Chatten?“ fragte der Gast leise

      „Es ist ohne Bedeutung, junger Chatte! Warum sollte ein junger Mann, ob nun Chatte oder Hermundure, ein Feind sein? Ist er nicht hilflos, hungert, schlief tagelang im Wald? Du trägst keine Waffe, nicht einmal ein Messer, der Knüppel… na ja… Ich sehe darin keine Bedrohung, sondern nur, dass sich ein vielleicht Ängstlicher gegen Gefahren schützt… Bist du ängstlich, junger Chatte?“

      „Und du, alter Mann?“ Der junge Chatte und griff nach seinem Knüppel. Der alte Mann lachte.

      „Wäre ich ängstlich, hätte ich dich sofort getötet!“

      „Hättest du es denn gekonnt?“ fuhr der Jungkrieger auf.

      „Meinst du, mein junger Gast, ich könnte in dieser Wildnis überleben, wäre ich nicht zum Töten bereit? Auch ich war einst jünger und folgte dem Ruf meines Fürst zum Kampf. Dort musste ich auch die Waffe anwenden, wollte ich überleben… Also, was gibt dir Grund, an meiner Fähigkeit zu zweifeln… “

      „Dein Alter und vielleicht auch deine Weisheit…“ Der Chatte antwortete sehr leise.

      „Oho, ein junger Chatte, auf dem Weg der Ehre gescheitert, spricht von Weisheit… “

      Fast hätte der junge Chatte eine das Scheitern aufhellende Frage gestellt und so seine Beteiligung an einem Versagen zugegeben. Im letzten Moment beherrschte er sich. Gab es kein Eingeständnis, gab es auch keine Schuld!

      Dennoch sollte ihm schnell eine Antwort einfallen, die diese Behauptung des Alten aus dem Denken räumt.

      „Du hast recht. Ein Gast ist ein Gast, auch wenn er, wie ich, das Anklopfen versäumte… Bin ich ängstlich? Ja und auch nein! Habe ich eine Waffe, außer dem Knüppel? Nein, dafür aber ein Pferd im Wald…“

      „… nicht mehr! Es steht in unserem Stall…“ warf der Junge ein und fügte an „… ich sah dich kommen, dein Pferd verbergen, uns beobachten und dachte mir, dass du Hunger hattest und Hilfe brauchen könntest…“

      „In diesem Fall, Alter, ist es wirklich ohne Bedeutung, welchem Stamm du angehörst…“ brachte der Chatte gepresst hervor. „… deinen Sinnes ist es, einen Gast zu ehren und Hilfe zu bieten… Ich kann Hilfe gebrauchen… “

      Der Chatte überlegte. Er zögerte. Gestand er das Scheitern, war der Ruf des Bruders zerstört, ob der Alte nun die Schande empfand, bezeugte oder auch verkünden würde…

      „Ich kann zwar Hilfe gebrauchen, aber kann keine Geschichte erzählen… Ich nehme, was ich bekomme! Hilfe ohne Geschichte oder auch keine Hilfe, dafür aber mein Pferd und meine Freiheit, sonst muss ich mir dies erkämpfen…“

      „Langsam, junger Chatte, mit dem Kampf ist es auch so eine Sache… Erschlägst du unsere Familie, was ich nicht glaube, wird dich mein Stamm suchen und töten, und deine Familie auch! Damit wäre dir nicht geholfen… Erschlage aber ich dich, würde ich diese Tat, weil sie unnötig ist, mein Leben lang verfluchen… Du schützt ein Geheimnis, dass dir dein Leben wert ist… Also…“ Der Alte schien ein letztes Mal zu zögern. „… wird dir geholfen!“ Der Alte brachte zum Ausdruck, was er dachte und verkündete einen Entschluss.

      Fasst wäre der junge Chatte dem Alten um den Hals gefallen. Endlich wendete sich das Blatt des Unglücks…

      „Welche Hilfe brauchst du?“ fragte der Alte und musterte den jungen Gast.

      „Ich muss dich trotzdem fragen, ob du Chatte oder Hermundure bist…, denn bist du ein Hermundure, wirst du keine Antwort auf meine Bitte wissen…“

      „Stelle doch erst die Frage und sieh dann, wie die Antwort ausfällt…“ Der Alte schien auch klug genug, ein Geheimnis hüten zu wollen.

      Noch einmal wog der junge Chatte ab, was er verlieren könnte oder gewinnen würde und sprach dann seinen wichtigsten Wunsch aus.

      „Ich muss zum Fürst der Mattios!“

      Der Alte dachte nach. „Das wird nicht einfach… Kennst du den Fürst?“

      „Nein, aber ich bringe eine Botschaft…“

      „Von wem?“

      „Ist die Herkunft mehr von Bedeutung, als die Tatsache, dass ich die Botschaft trage?“

      „Du stellst eine kluge Frage… Eine Botschaft kann viel bedeuten… Gutes oder Schlechtes? Ich habe schon Boten