Wolken über Gut Schönwiesen. Stefan Kretzschmar. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Kretzschmar
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347048614
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von Otto und Helene von Lüdeburg eröffnet. Die Tanzfläche füllte sich mit Paaren der angereisten Gäste. Reinhard, der Sohn des Barons, forderte Leonore auf, den ersten Tanz mit ihm zu tanzen. Er hatte schon vor Monaten versucht, sich an Leonore heran zu machen. Er liebte zwar Leonore nicht so sehr, dafür aber die Güter, die ihr Vater Otto von Lüdeburg besaß, umso mehr.

      Anton und Konrad amüsierten sich mit den Töchtern des Potsdamer Kaufmannes Laubengang. Sie tanzten und lachten und waren schon zu Beginn des Abends fröhlich und vergnügt. Nur Felix stand etwas abseits und seine Blicke suchten immer wieder Leonore. Nachdem einige Zeit vergangen war kam Leonore auf Felix zugelaufen.

      „Na, junger Mann, warum stehen Sie so abseits?“

      Felix wurde etwas verlegen und antwortete zaghaft. „Wenn ich Sie um den nächsten Tanz bitten dürfte, wäre ich sehr glücklich.“ Ein Lächeln huschte Leonore übers Gesicht.

      „Natürlich, ich würde gern mit ihnen tanzen“, sprach Leonore und zog Felix am Arm auf die Tanzfläche des Saales.

      Reinhard schaute entgeistert auf das sich im Reigen der Musik drehende und wiegende Tanzpaar. Die Situation verschlimmerte sich schlagartig. Reinhard provozierte und pöbelte Felix nach dem Tanz ständig von der Seite an. Leonore, die mitbekommen hatte, dass Reinhard immer mehr zu stänkern begann, bat Felix, den Rest des Abends sich bei den Familien von Otto oder Max aufzuhalten. Konrad, der alles mitbekommen hatte und sich so viel Dreistigkeit von diesem Schnösel nicht vorstellen konnte, suchte nun nach einer Gelegenheit, Reinhard eine Abreibung zu verpassen. Gewollt ungeschickt wirkend rempelte Konrad beim Vorbeigehen Reinhard an. Der Rempler war so heftig, dass Reinhard sein Glas nicht mehr festhalten konnte und dieses zu Boden fiel. Klirrend zersprang das halbvolle Glas auf dem Boden des Saales. Reinhard drehte sich zornig um und schrie Konrad an.

      „Sie Tollpatsch, was fällt ihnen ein, mich derart zu stoßen!“ Konrad entschuldigte sich höflich. „Tut mir leid mein Herr. Es war bestimmt keine Absicht meinerseits, sie anzustoßen.“

      Konrad ließ Reinhard einfach stehen und gab einer Bediensteten Bescheid, dass sie das zersplitterte Glas am Boden beseitigen solle. Das Gesicht von Reinhard wurde darüber immer grimmiger, dass Konrad ihn mit einer so lapidaren Entschuldigung einfach so stehen ließ. Die umstehenden Herrschaften waren entzückt über das Auftreten von Konrad, endlich einer, der dem nicht sehr beliebten Sohn vom Herrn Baron Paroli bot.

      Reinhard lief schnell zwei Schritte hinter Konrad her und forderte ihn auf, dass er wegen dieser peinlichen Situation draußen weiter mit ihm sprechen wolle. Beide liefen aus dem Saal und standen sich auf dem breiten Podest der steinernen Treppe gegenüber. Keiner von beiden zeigte sich beeindruckt vom Gegenüber. Noch völlig in Rage zog Reinhard plötzlich seinen Degen aus der Scheide und wollte Konrad damit einen Hieb versetzen. Im selben Moment trat Philipp aus der Eingangstür. Philipp hatte natürlich das Vorgefallene mit angesehen. Er stand nur etwa fünf Meter neben der großen Eingangstür des Saales und unterhielt sich gerade mit der Familie Friedrich von Kaltesleben aus Potsdam. Als Reinhard Felix aufforderte, mit ihm nach draußen zu gehen, wusste Philipp sofort, dass es zwischen den beiden eine Auseinandersetzung geben würde.

      Philipp unterbrach höflich seine Unterredung mit der Familie von Kaltesleben und eilte schnellen Schrittes zum Ausgang des Saals. Er kam gerade noch zur rechten Zeit um sich Reinhard in den Weg zu stellen. „Sie nehmen sofort den Degen herunter, oder Sie bekommen einen Hieb mit meinem Säbel.“

      Reinhard wusste, dass Philipp nie zum Spaß solche Worte wählte. Er steckte den Degen scheinbar ein wenig ehrfürchtig zurück in die Scheide und tat so, als würde er kehrt machen, um zurück zu den feiernden Gästen zu gehen.

      Philipp versicherte Konrad noch: „Wenn es zu weiteren Auseinandersetzungen kommen sollte, ich bin für Sie immer zu sprechen.“ Dann drehte er sich um und ging zurück in den Festsaal.

      Als Reinhard merkte, dass Philipp durch die Eingangstür verschwand, wandte er sich erneut an Konrad. „Wir sehen uns am Donnerstag gegen zwei Uhr nachmittags am Gestüt Wittenfurt zum Duell mit Pistolen. Zwei Sekundanten können Sie als Begleitung mitbringen.“

      Konrad war so überrascht von dieser Aufforderung, dass er es kaum glauben konnte. Sein erstes Duell und dann auch noch mit einem Adligen. Konrad erwiderte sofort: „Jawohl, ich nehme die Aufforderung zum Duell an.“ Danach begaben sich beide zurück in den Saal, wo die Gäste tanzten bis in den Morgen oder sich mit anderen Spielen belustigten und vergnügten.

      Reinhard, schlecht gelaunt nach dem Disput mit Konrad, hatte keine Lust mehr, länger auf dem Fest zu verweilen, schloss sich den ersten Gästen, die in seine Richtung fuhren, an und verließ die Feier. Nachdem Reinhard abgereist war, konnte Felix nun zusammen mit Leonore ungestört die letzten Stunden des Festes verbringen. Keiner der noch Anwesenden störte mehr ihre Gemeinsamkeit.

      Beim Abschied sahen sie sich schon ein wenig verliebt an und Felix strich Leonore sanft über ihr schulterlanges Haar. Er flüsterte Leonore noch ins Ohr, er wünsche ihr eine gute Nacht. Als auch die letzten Gäste den Saal verlassen hatten, fielen alle in ihre Betten und schliefen tief und fest bis zum nächsten Mittag.

      Nach dem Aufstehen nahmen die Gäste noch einen kleinen Imbiss und verabschiedeten sich von den von Lüdeburgs. Familie Vogelsang und die Gastgeber umarmten sich herzlichst und wünschten sich gegenseitig ein baldiges Wiedersehen. Felix und Leonore nahmen sich beim Abschied in die Arme und vereinbarten ein Wiedersehen in nicht allzu ferner Zeit. Konrad kam als Letzter aus dem Gästehaus, verabschiedete sich ebenfalls höflich von den von Lüdeburgs und stieg rasch in die Kutsche der Familie Vogelsang ein. Beim Hinausfahren aus dem Anwesen winkten alle noch einmal zu den von Lüdeburgs zurück.

      Während der vierstündigen Rückfahrt musste Konrad immer nur an sein bevorstehendes Duell mit Reinhard denken. Wie gut konnte der Sohn vom Herrn Baron mit der Duellpistole umgehen? Wie würde es wohl ausgehen? Angst hatte Konrad vor dem Duell mit Reinhard nicht, er hatte schon so manchen Schuss aus einer Pistole abgefeuert. Konrad konnte es kaum erwarten, Felix und Anton von seinem Duell mit dem Sohn vom Herrn Baron zu berichten, er musste sie unbedingt einweihen.

      Gegen Abend hielt die Kutsche vor dem Stadthaus der Familie Vogelsang in Magdeburg an. Max und Hedwig waren schon im Eingang des Hauses verschwunden. Konrad hatte Felix und Anton an den Armen festgehalten und die beiden sacht zur Seite hinter den Hausgiebel gezogen. Fragend sahen Felix und Anton Konrad an.

      „Was ist los?“, fragte Anton überrascht.

      „Ich habe euch etwas sehr Wichtiges zu sagen. Das müsst ihr aber unbedingt für euch behalten. Ich duelliere mich am Donnerstag zwei Uhr mit Reinhard von Lichtenfeld. Das Duell findet am Gestüt Wittenfurt statt.“

      „Was, du willst dich duellieren und dann ausgerechnet mit diesem ungehobelten Klotz von Lichtenfeld?“.

      „Sei es wie es sei“, sprach Konrad entschlossen weiter. „Ich brauche euch als Sekundanten. Seid Ihr dabei?“.

      „Natürlich sind wir dabei“, antworteten beide gleichzeitig. „Aber?“

      „Nichts aber, das Duell will ich, auch wenn es mein erstes oder letztes ist. Also abgemacht, am Donnerstag fahren wir zum Gestüt des Besitzes der von Lichtenfelds.“

      Nach dem Abendbrot gingen alle etwas zeitiger schlafen, es war doch eine kurze Nacht bei den von Lüdeburgs gewesen. Alle schliefen bald ein, nur Felix musste mit Konrad noch eine Weile flüsternd diskutieren. Felix konnte es gar nicht so richtig fassen, dass Konrad das alles eigentlich für ihn auf sich genommen hatte. Konrad war davon ausgegangen, dass es höchstens zu einer kleinen Rauferei kommen werde. Dass es aber auf ein Duell mit Pistole hinaus laufen würde, hätte er nie für möglich gehalten. Der Donnerstag war schneller da, als die drei es wahr haben wollten.

      Die aufgehende Sonne schickte ihre ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster des Stadthauses. Anton, Felix und Konrad gingen wie immer früh aus dem Haus. Anton hatte eine Kutsche vom Fleischermeister Rademann ausgeborgt. Die Familienkutsche konnte er ja schlecht vorfahren lassen, das wäre ja viel zu auffällig gewesen. Das Duell musste unbedingt geheim gehalten werden. Max und Helene hätten es niemals zugelassen, dass sich Konrad mit einem der von Lichtenfelds