STROM
Seegang kann durch Meeresströme noch gefährlicher werden. In zahlreichen Seekarten (und ausführlicher in den verschiedenen Stromatlanten) werden die Stärken und Richtungen der Ströme angegeben. Setzt Strom gegen den Wind, so werden die Wellen kürzer und steiler; weht der Wind mit der Strömung, wird der Seegang flacher und länger. Treffen zwei verschiedene Ströme aufeinander, läuft die See wild durcheinander. In Gezeitenrevieren ist beides möglich. So reizvoll sie auch sind, die Schifffahrt ist – vor allem in Küstennähe – dort gefährlicher als auf gezeitenfreien Meeren. »Nordsee ist Mordsee« hieß deshalb ein Film. Im Kapitel Gefährlicher Seegang werden hierzu zwei Beispiele – die Seegatten und die Races (Stromschnellen) im Ärmelkanal – beschrieben. Dass aber auch ohne nennenswerte Gezeiten Strom und Seegang Schiffe vernichten können, zeigt ein drittes Beispiel der Küste vor Südnorwegen. Sie alle belegen eindrucksvoll, wie wichtig die Reiseplanung ist.
SEEBÜCHER
Warnungen vor Schifffahrtsgefahren, wie sie auf der vorangehenden Seite und im Kapitel Gefährlicher Seegang beschrieben sind, findet man in Seehandbüchern und zum Teil auch in nautischen Reiseführern. Deren Benutzung war in der Sportschifffahrt lange Zeit nicht vorgeschrieben, doch im September 2001 hat der Gesetzgeber die Schiffssicherheitsverordnung geändert. Seitdem müssen auch auf Yachten unter deutscher Flagge amtliche oder nichtamtliche Ausgaben von Seebüchern mitgeführt werden.
Das Standardwerk für die Gewässer rund um die britischen Inseln, einschließlich der Nordsee und der Atlantikküste bis Gibraltar, ist der Reeds Nautical Almanac. Das Werk ist über 1.000 Seiten stark und erscheint jährlich neu. Es ist nur auf Englisch lieferbar.
Die amtlichen deutschen Werke:
• Seehandbücher
• Monatskarten
• Jachtfunkdienst
• Gezeitentafeln
• Stromatlanten
sind für die kommerzielle Schifffahrt gedacht und nur mit Einschränkungen für die Sportschifffahrt geeignet. Leser mit entsprechenden Sprachkenntnissen finden in englischsprachigen Veröffentlichungen in der Regel die besseren Informationen.
Jan Werners Törnführer enthält hunderte wertvoller – manchmal lebenswichtiger – Informationen. Wer darin liest, wird sich fragen, wie man ohne das Buch dieses Seegebiet überhaupt befahren kann.
NAUTISCHE REISEFÜHRER
Mit ihren interessanten touristischen Hinweisen eignen sich nautische Reiseführer (Törnführer) besonders gut zur Reiseplanung. Sie beschreiben die Häfen mit den Liege- und Versorgungsmöglichkeiten. Die Hafenpläne sind größer und übersichtlicher dargestellt als in Seekarten. Fotos zeigen, wie es wirklich aussieht.
Auch der Weg von der hohen See in kleine enge Häfen ist mit einem Törnführer leichter zu finden. Welche Landmarken von hoher See kommend zuerst sichtbar sind, wo Gefahren lauern, ob man bei Nacht oder bei starkem Wind besser nicht einlaufen sollte, das sagt ein nautischer Reiseführer. Viele Skipper orientieren sich daher vor dem Anlaufen eines Hafens zuerst im nautischen Reiseführer. In die Seekarte schauen sie danach.
Gerti und Harm Claußen beschreiben in ihrem Törnführer Schweden – Die Westküste, wie sich die weißen Häuser, Villen und Hotels des südlich des Kullen gelegenen Örtchens Mölle hinziehen. Wer weiter liest, wie sich der alte Fischerort zu einem beliebten Badeort entwickelte, möchte gern dorthin. »Achtung«, heißt es weiter, »bei starken westlichen Winden ist wegen der starken Strömung und des unregelmäßigen Seegangs vom Einlaufen dringend abzuraten.« Allein wegen dieser Information hat sich für den Verfasser der Kauf des Törnführers gelohnt.
MONATSKARTEN
Eine Darstellung der nautischen Reiseplanung wäre unvollständig, ohne die Monatskarten zu erwähnen. Monatskarten – die oft verwendeten amerikanischen Karten heißen Pilot Charts, die englischen Admiralty Routeing Charts – sind nautische Planungskarten. Sie enthalten für ein großes Seegebiet, etwa den Atlantik mit seinen Rand- und Nebenmeeren, statistische Angaben über die Wetterverhältnisse. Dazu sind die Karten in Gebiete von jeweils fünf Breitenund fünf Längengraden unterteilt, in denen Windsterne die mittleren (statistischen) Windverhältnisse beschreiben. Die zwölf Monatskarten machen auch Angaben zu Strömungen, zur typischen Wetterlage, zu Luft- und Wassertemperaturen, zu Eisberg- und Treibeisgrenzen, zu charakteristischen Wellenhöhen, zur Sichtigkeit, zur Missweisung, zu Schifffahrtsrouten und zu den Großkreisentfernungen.
Windrose aus den amerikanischen Pilot Charts. Die Pfeile fliegen mit dem Wind. Ihre Länge wird vom Ansatz der letzten Fieder bis zum Kreis gemessen. An der Skala abgegriffen, gibt sie die prozentuale Windhäufigkeit an. Die Zahl der Fiedern zeigt die durchschnittliche Windstärke. NW-Wind wehte mit durchschnittlich 6 Bft. und wurde in 20 % aller Fälle beobachtet. SW-Wind erreichte im Durchschnitt 5 Bft. und herrschte in 15 % der Zeit.
Monatskarten dienen zur Klimanavigation, mit der die klimatisch günstigste Reisezeit und Route bestimmt werden soll.
Die gleichen Windverhältnisse in einem Windstern einer deutschen Monatskarte. Länge und Richtung der Pfeile haben dieselbe Bedeutung. Weil sich hier die Pfeile aus Windstärkenklassen zusammensetzen, lässt sich auch ablesen, wie sich die Häufigkeit auf die Windstärkenklassen verteilt. So herrschte z. B. in 20 % aller Beobachtungen Westwind, und zwar in 10 % ≥ 8 Bft., in 5 % 6–7 Bft., in 2,5 % 4–5 Bft. und in 2,5 % 1–3 Bft.
Ein Schatz voller nautischer Informationen verbirgt sich in den Monatskarten. Um ihn zu heben, wird etwas Zeit benötigt. Die Karten sind im Original vierfarbig und 67 cm × 43 cm groß. Sie enthalten statistische Angaben zu Windverhältnissen, die Sturmwahrscheinlichkeit und die Häufigkeit von Wellen über 12 Fuß Höhe; Meeresströmungen und Missweisung werden ebenso vermerkt wie die mittleren Luft- und Wassertemperaturen sowie wichtige Großkreisdistanzen (oben nicht enthalten). Die Daten sind in jahrzehntelanger Erfahrung gewonnene Durchschnittswerte. Es liegt im Wesen der Statistik, dass in einem bevorstehenden Einzelfall durchaus Abweichungen von den angegebenen Verhältnissen auftreten können. Zur Planung einer Ozeanreise sind Pilot Charts unverzichtbar, weil sie die Bandbreite der zu erwartenden Wetterverhältnisse aufzeigen.
WETTERBERICHTE
Vor jedem Auslaufen ist ein aktueller Seewetterbericht einzuholen. Das