Dr. iur. Otto N. Bretzinger
2 Überblick über die Möglichkeiten für die Übergangszeit zwischen Schule und Berufsausbildung bzw. Studium
Wer nach der schulischen Ausbildung nicht unmittelbar eine Berufsausbildung aufnehmen oder mit einem Studium beginnen will, hat mehrere Möglichkeiten.
Im Rahmen eines Freiwilligendienstes besteht die Möglichkeit, sich ehrenamtlich für die Gesellschaft zu engagieren.
Es bestehen verschiedene Gelegenheiten, sich auf eine Berufsausbildung vorzubereiten (z.B. Praktikum, betriebliche Einstiegsqualifizierung).
Um die Zeit bis zu einer Berufsausbildung oder einem Studium zu überbrücken, kann man vorübergehend jobben und Geld verdienen. Neben einem "normalen" Arbeitsverhältnis kommt insbesondere ein sogenannter 450-Euro-Job in Betracht.
Probleme gibt es, wenn die Ausbildung unterbrochen wird, weil der Jugendliche nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule keinen Ausbildungsplatz findet oder arbeitslos ist.
Und selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, nach Beendigung der Schulzeit zunächst eine längere Auszeit zu nehmen. Die Pause kann beispielsweise dazu dienen, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, sich selbst zu finden und zu orientieren, zu reisen oder im Ausland Sprachen zu lernen. Wenn sich junge Menschen über längere Zeit »ausklinken«, spricht man von einem Gap Year (Lücken- oder Brückenjahr), also von einer bewusst eingelegten Pause zwischen zwei Lebensabschnitten.
2.1 Freiwilligendienst leisten
Jugendliche, die sich sozial, politisch oder kulturell engagieren wollen, können einen Freiwilligendienst leisten, und so die Zeit nach Beendigung der Schulausbildung bis zum Beginn einer Berufsausbildung oder eines Studiums sinnvoll nutzen, um anderen zu helfen. Das Engagement erfolgt ehrenamtlich, es ist zeitlich befristet und zum Teil gesetzlich geregelt.
Zu den bekanntesten Freiwilligendiensten gehören
der Bundesfreiwilligendienst,
die Jugendfreiwilligendienste (freiwilliges soziales Jahr und freiwilliges ökologisches Jahr),
der Europäische Freiwilligendienst und
der Internationale Jugendfreiwilligendienst.
Im Folgenden werden die wichtigsten Freiwilligendienste im Rahmen eines Überblicks vorgestellt. Weitere Einzelheiten unter 3.
2.1.1 Bundesfreiwilligendienst
Der Bundesfreiwilligendienst trat 2011 an die Stelle des Zivildienstes. Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes. Der Dienst steht Personen jeden Alters offen, wenn sie ihre Vollzeitschulpflicht erfüllt haben. Auch Ausländer können am Bundesfreiwilligendienst teilnehmen; Voraussetzung hierfür ist, dass sie über einen Aufenthaltstitel verfügen, der sie zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Der Bundesfreiwilligendienst dauert mindestens sechs Monate und höchstens 18 Monate. Ausnahmsweise kann er bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzeptes begründet werden kann. In der Regel wird der Bundesfreiwilligendienst für zwölf zusammenhängende Monate geleistet.
Der Bundesfreiwilligendienst, der nicht außerhalb von Deutschland durchgeführt werden kann, wird als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet, insbesondere in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der Einrichtungen für außerschulische Jugendbildung und Jugendarbeit, in Einrichtungen der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur- und Denkmalpflege, des Sports, der Integration, des Zivil- und Katastrophenschutzes und in Einrichtungen, die im Bereich des Umweltschutzes einschließlich des Naturschutzes und der Bildung zu Nachhaltigkeit tätig sind.
Weitere Einzelheiten zum Bundesfreiwilligendienst unter 3.1.1.
2.1.2 Jugendfreiwilligendienste
Jugendfreiwilligendienste sind das freiwillige soziale Jahr und das freiwillige ökologische Jahr.
Freiwilliges soziales Jahr
In einem freiwilligen sozialen Jahr können sich junge Menschen, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einer sozialen Einrichtung engagieren. Die Schulausbildung ist unerheblich. Das freiwillige soziale Jahr wird ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, insbesondere in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung und Einrichtungen für Jugendarbeit, in Einrichtungen der Gesundheitspflege, der Kultur und Denkmalpflege und in Einrichtungen des Sports geleistet. Träger im Inland sind insbesondere die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, Religionsgemeinschaften und die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden). Als Einsatzbereiche kommen u.a. in Betracht
Krankenhäuser,
Alten- und Pflegeheime,
ambulante Sozialdienste,
Rettungsdienste,
Sportvereine und Sportverbände,
Kindergärten,
Kirchengemeinden,
Kulturvereine,
Förderschulen,
psychiatrische Einrichtungen.
Das freiwillige soziale Jahr kann auch im Ausland geleistet werden. Und es kann als kombinierter Jugendfreiwilligendienst abschnittsweise sowohl im In- als auch im Ausland absolviert werden.
Das freiwillige soziale Jahr dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate. Der Dienst kann ausnahmsweise bis zu einer Dauer von 24 Monaten geleistet werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist. Ist ein freiwilliges soziales Jahr zunächst auf weniger als 18 Monate abgeschlossen, kann (bei einem Einsatz im Inland) eine Verlängerung auf 15 Monate im Einverständnis mit dem Träger des freiwilligen sozialen Jahres erfolgen.
Weitere Einzelheiten zum freiwilligen sozialen Jahr unter 3.1.2.
Freiwilliges ökologisches Jahr
Ein freiwilliges ökologisches Jahr ist ein Bildungs- und Orientierungsjahr, das die Möglichkeit bietet, sich für die Umwelt zu engagieren und das Wissen über ökologische Zusammenhänge zu erweitern. Es werden überwiegend praktische Hilfstätigkeiten geleistet. Gestärkt werden soll insbesondere der nachhaltige Umgang mit Natur und Umwelt. Das freiwillige ökologische Jahr setzt voraus, dass der Teilnehmer die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Unerheblich ist, welche Schulausbildung vorliegt.
Im freiwilligen ökologischen Jahr kann man sich u.a. engagieren
im praktischen Arten- und Biotopschutz (z.B. Anlage und Pflege von Biotopen, Gewässern oder Streuobstwiesen),
in der ökologischen Land- und Forstwirtschaft,
in der ökologischen Garten- und Landarbeit (z.B. auch in sozialen Einrichtungen mit behinderten Menschen),
im technischen Umweltschutz (z.B. Wind- und Sonnenenergie),
in der umweltorientierten Öffentlichkeitsarbeit bei Umweltorganisationen und Umweltbehörden,
in der Umweltbildung und -pädagogik.
Träger des freiwilligen ökologischen Jahrs sind häufig Jugendorganisationen von Kirchen und Umweltschutzverbänden.