Red Dirt Heart: Lodernde Erde. N.R. Walker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: N.R. Walker
Издательство: Bookwire
Серия: Red Dirt Heart
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238213
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davon, was sie mit unseren Hirtenhunden machen.« Ich schüttelte den Kopf. »Du kannst sie nicht behalten.«

      Travis betrachtete für eine lange Weile das Junge, das er in den Armen hielt. Und als er mich schließlich wieder ansah, hatte er diesen dickköpfigen, entschlossenen Ich kann verdammt noch mal tun, was ich will-Ausdruck in den Augen. »Tja, ich behalte sie aber. Zumindest, bis sie groß genug ist, um für sich selbst zu sorgen.«

      »Travis«, fing ich an.

      »Nein, Charlie«, sagte er rundheraus. »Nein.« Und damit drehte er sich um und ging in die Küche.

      Ich stand im leeren Wohnzimmer und hatte keine Ahnung, in welches verdammte Paralleluniversum ich an diesem Tag geraten war. Mein langweiliges, ruhiges Leben, in dem nie irgendetwas passierte, wurde immer unlangweiliger. Ich kratzte mich am Kopf und zog in Betracht, Travis zu folgen, aber dann dachte ich, dass er etwas Zeit brauchte, um sich zu beruhigen und die Dinge in vernünftigerem Licht zu sehen. Sicher, Babykängurus waren niedlich und flauschig, so wie alle Tierbabys. Aber das galt auch für Babyfüchse, Babykaninchen und sogar Babyratten. Und von denen hielten wir auch keine auf dem Hof. Ganz sicher nicht.

      Eine Plage war eine Plage.

      Und aus kleinen Kängurus wurden große, ausgewachsene Kängurus, und Rote Riesenkängurus waren gefährlich. Sie waren dafür bekannt, dass sie Hirtenhunde und auch Menschen angriffen und ernsthaft verletzten oder gar töteten. Das würde ich nicht riskieren.

      Und weil ich mich heute nicht mehr mit ihm streiten und stattdessen über alles nachdenken wollte, was an diesem Nachmittag passiert war, ging ich lieber ins Bett.

      Ich blieb wach und wartete so lange auf Travis, wie ich die Augen offen halten konnte.

      Als ich aufwachte, war ich allein.

      Ich hörte Stimmen aus der Küche – sie klangen nach Travis und Ma – und angesichts der Tatsache, dass er mich offenbar nicht sehen wollte und ich keine besondere Lust hatte, mich zu unterhalten, oder schlimmer: ignoriert zu werden, schnappte ich mir meinen Hut vom Haken und ging zur Vordertür hinaus. Genau genommen ging ich Travis nicht wirklich aus dem Weg, aber ich musste vor dem Frühstück die Hunde füttern und Dinge erledigen.

      Jedenfalls war genau genommen er es, der angefangen hatte, nicht mit mir zu reden, und er hatte nicht in unserem Bett geschlafen…

      … meinem Bett.

      Dem Bett. Was auch immer, zum Teufel. Er war letzte Nacht nicht ins Bett gekommen.

      Ich beschäftigte mich, so lange ich konnte, in der Scheune. Na ja, bis Ma mich zum zweiten Mal zum Frühstück rief. Ich hängte meinen Hut an den Haken und setzte meinen mürrischen Hintern auf meinen Platz am Kopfende des Tisches, neben Travis.

      Ich sah ihn nicht an. Ich nahm ihn nicht zur Kenntnis. Ich schätze, dass die anderen meine miese Laune bemerkten, weil sie stumme Blicke untereinander tauschten und dabei immer wieder kurz zu mir und Travis blickten. Außer natürlich George, der entweder nichts merkte oder den es einfach nicht kümmerte. Er gab seine Anweisungen für den Tag, kurz und knapp, und bevor ich vom Tisch aufstehen konnte, hakte Travis unter dem Tisch seinen Fuß um meinen Knöchel. Dieses Füßeln, das er immer machte.

      Ich zog meinen Fuß weg und stand auf, bevor mein wild schlagendes Herz mich davon abhalten konnte. Ich trug die beiden leeren Tabletts in die Küche zu Ma. »Wie fühlst du dich heute Morgen?«, fragte ich. »Ich hätte das schon eher fragen sollen, entschuldige.«

      »Besser, glaube ich«, sagte sie und legte eine Hand auf meinen Arm. »Mit dir alles in Ordnung, Charlie?«

      Ich sah ihr nicht in die Augen. »Sicher, was sollte sein?«

      Dann kam Travis in die Küche, so als hätte er eine perfekt getimte Anweisung von einem Bühnenregisseur bekommen. Was natürlich mein Stichwort war, besagte Bühne zu verlassen. Und ich sah ihn nicht an.

      »Charlie«, sagte er leise, als ich an ihm vorbeiging.

      »Bin beschäftigt«, rief ich aus der Diele zurück. Ich nahm meinen Hut und ließ die Vordertür hinter mir zuknallen. Also beschäftigte ich mich. Den ganzen verdammten Tag lang.

      Ich verbrachte etwas Zeit mit Billy und seiner Cousine Nara. Sie sah schon viel besser aus, frisch geduscht und in sauberen, vermutlich geborgten Kleidern. Wir unterhielten uns eine Weile, ich erklärte ihr die grundlegenden Regeln der Station und versuchte, ein bisschen was über sie herauszufinden. Wie sich herausstellte, konnte sie weder reiten noch ein Motorrad fahren. Auch konnte sie nicht besonders gut lesen oder schreiben. Und ich hatte keinen Schimmer, was ich mit ihr anfangen sollte.

      »Schon gut, Boss«, sagte Billy. »Ich nehm sie unter meine Fittiche, bring ihr was bei.«

      Es war offensichtlich, dass Billy wollte, dass seine Cousine auf der Farm blieb, aber ich hatte gerade keine Geduld für nichts und war in mieser Stimmung. Ich atmete tief durch und versuchte, mich zusammenzureißen. Es war nicht die Schuld der Kleinen, dass mein fester Freund auf der Couch geschlafen hatte. »Sicher, Billy«, sagte ich. »Nara, du hörst auf Billy, okay? Und in ein paar Tagen sehen wir dann, wo du dich nützlich machen kannst.«

      Sie nickte nervös. »Ist gut. Danke, Mr. Sutton.«

      Nara sah immer noch aus, als würde sie jeden Moment die Flucht ergreifen wollen, und ich fragte mich unweigerlich, was dieses Kind durchgemacht hatte und was wirklich passiert war, das Billy bewogen hatte, ihr Unterschlupf zu gewähren. Ich unterdrückte meine Laune und lächelte sie an, um ihr das Gefühl zu geben, hier willkommen zu sein. »Es mag für dich vielleicht nicht so furchtbar spannend sein«, lenkte ich ein. »Aber es sind alles nette Leute hier. Wenn Billy nicht da ist, kannst du zu mir kommen. Wenn du das lieber nicht möchtest, dann ist für gewöhnlich Ma irgendwo im Haus. Du gehst und redest mit ihr. Ihr wird das nichts ausmachen.«

      Nara nickte und Billy schenkte mir sein typisches breites Grinsen. Ich schlug ihm mit der Hand auf die Schulter, dann überließ ich die beiden sich selbst. Ich beschloss, den Tag mit Shelby zu verbringen, anstatt darauf zu warten, dass Travis nicht mit mir sprach. Ich rief Shelby zu mir, sattelte sie und machte mich nach Norden auf, bevor irgendjemand rauskommen und fragen konnte, was ich vorhatte.

      Ich brauchte einfach etwas Zeit für mich. Zeit, um den Kopf klar zu bekommen. Zeit, um durchzuatmen. Ich war seit sechs Monaten kein einziges Mal allein ausgeritten. Seit Travis hier angekommen war. Und nachdem ich vor seiner Ankunft so lange ganz für mich allein gewesen war, war es nun schön, mal wieder etwas Zeit nur für mich zu haben.

      Vielleicht hatte er sich deswegen freiwillig gemeldet, vier Tage lang Zäune reparieren zu gehen. Vielleicht hatte er Zeit ohne mich verbringen wollen…

      Ich versuchte, nicht zu denken, während ich ritt. Shelby fühlte sich gut unter mir an, geschmeidig und vertraut. Und so wie sie ihr Kinn und die Ohren aufgerichtet hatte, war ich sicher, dass auch sie sich hier draußen wohlfühlte. Ich glaube, sie hatte das genauso vermisst wie ich.

      »Schon eine Weile her, was, mein Mädchen?«, sagte ich zu ihr. »Ist es gut, hier draußen zu sein, nur wir zwei, so wie früher? Oder vermisst du Texas an unserer Seite?« Niemand verstand, warum ich mit meinem Pferd redete, als wäre sie ein Mensch. Ich machte das aber immer. »Mir gefällt's, wenn Travis und Texas mit uns reiten. Na gut, es gefällt mir nicht nur – ich liebe es. Aber es ist auch irgendwie schön, wenn wir zwei allein unterwegs sind, ja?«

      Natürlich antwortete sie nicht.

      »Du magst Texas, oder? Er ist ein gutes Pferd. War am Anfang ein bisschen verrückt, aber die meisten jungen Burschen sind so. Wir können nichts dafür. Aber Travis hat ihn anscheinend gut hinbekommen. Er ist jetzt ein gutes Stockhorse. Travis scheint zu glauben, dass er das geschafft hat«, sagte ich. »Aber wir wissen, dass das nicht so ist. Es liegt daran, dass du und Texas so viel Zeit miteinander verbringt – weil Travis und ich so viel Zeit miteinander verbringen – und Texas von dir gute Manieren gelernt hat.« Ich beugte mich vor und tätschelte ihren Hals. »Aber das sagen wir ihnen nicht.«

      Im Winter hatte die Wüste andere Farben als unter der Sommersonne. Die Erde war noch so rot wie immer,