Sinfonie des sonnigen Tages. Anja Hilling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anja Hilling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783961191789
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ist wie jeder.

      Nichts Besonderes.

      Nur ein anfälliger Mensch.

      Auf Schmerz reagiert sie mit Wut.

      Auf Hunger mit Gewalt.

      Eine unbehandelte Wunde im Gesicht

      Überlässt ihre Haut den Ekzemen.

      Ihr Gesicht ist nicht mehr ihr Gesicht.

      Der Krieg nie ihr Krieg gewesen.

      Der Wahnsinn gehört ihr nicht.

      Nichts gehört ihr.

      Niemand hat sie eingewiesen

      In die Regeln der Flucht.

      Sie ist Autodidaktin.

      Eine umständliche Heldin.

      Umstände lehren sie dass Atmung grundlos ist.

      Schreien Verschwendung

      Und Gnade kein menschlicher Zug.

       Ein Fagott überträgt in weiten Kreisen das Ekzem auf die andere Seite. Ricardas Hand tastet über ihr Gesicht nach einem unsichtbaren Ausschlag. Der sich ausbreitende Ekel ist leise und kühl.

      Der Name: Ricarda.

      Ihr Körper ist rund. Ihre Augen dunkelgrün.

      Eine warme Erscheinung eine dunkle Stimme.

      Die Atmung kommt durch den Mund.

      Hart und flach.

      Sie joggt ohne sich zu bewegen

      Schwitzt an der Oberfläche.

      Lautlos. Gleich einer nächtlichen Eisschicht

      Ist die Kälte in ihr gewachsen.

      Hat ihre Kanäle überzogen

      Ihr Blut verlangsamt.

      Ihre Kammern eingefroren.

      Sie kann nicht sagen wann.

      Sie hat einfach nicht aufgepasst.

      Jetzt ist ihr kalt mit sich selbst

      Im immer warmen Körper.

       Ein zweites Fagott transformiert die Kälte des ersten in hellere Paniktöne.

       Ralf lehnt im Türrahmen des geliehenen Zuhauses und wählt eine Nummer.

       Ralf

      Ich wär s gewesen.

       Sein Blick fällt in die Stille hinter der Nummer.

      Sein Name: Ralf.

      Seine Mundwinkel neigen nach oben.

      Ein freundlicher Typ. Von Natur aus.

      Seit kurzem ist er befallen.

      Ein blindes Insekt stört seine Zufriedenheit

      Hämmert den schwarzen Körper pausenlos

      Gegen das Glas seiner Augen.

      Verteilt seine wilde Gefangenschaft.

      Flattert im Brustkorb.

      Vergießt Angst in den Gängen.

      Legt Samen ab in den Zellen.

      Es ist da. Wird mehr. Will raus.

      Man müsste das Tier orten.

      Die Haut aufschneiden.

      Innen nach außen stülpen

      Die Freundlichkeit verbluten lassen

      Damit das Tier sich endlich lösen kann.

      Aus der Wüste der Gedärme.

      Aber die Haut bleibt zu.

      Die offenen Augen leer.

       Ricarda

      Wen hast du angerufen.

       Ralf

      Niemand.

       Ricarda

      Ich schlaf ab jetzt draußen.

       Ralf trinkt den Rest seines Whiskys. Vor ihm geht Ricarda in die Knie vor der Technik eines Liegestuhls.

       Ralf

      Witzigerweise musst du erst

      Die Vorderbeine nach hinten klappen.

       Ralf kniet sich neben sie. Ihre Finger umklammern das Stuhlbein. Er versucht sie zu lösen. Mit Gewalt.

       Ricarda

      Brich mir die Hand.

       Ralf

      Sehr gern.

       Ricarda

      Leider stehst du dann in meiner Schuld.

       Ralf

      Das tu ich eh.

      Du hast unsern Sohn großgezogen.

       Ricarda

      Unser Sohn ist ein Arschloch.

       Sie lässt los, überlässt ihm die Konstruktion.

       Ralf

      Sollen wir Carl was schreiben.

       Ricarda

      Wenn du wüsstest wo er ist.

       Ralf

      Bei deiner Mutter.

       Das Holz bricht im entscheidenden Gelenk.

       Ricarda

      Er steckt seit Monaten in einer Idee

      Sie heißt „human rubbish“

      Einzelne Dörfer werden ausgelöscht.

      Für die Vision einer leereren Welt.

      Die Waffe ist der eigene Körper.

      Die Basis der Hass auf sich selbst.

       Sie legt sich mit dem Rücken auf die Fliesen, in die zerbrochene Konstruktion, kippt sich die summende Beleuchtung ins offene Gesicht.

       Ralf

      Wusst ich nicht.

      Wie nah ihr euch steht.

       Ricarda

      Er hat die Regeln ins Netz gestellt.

       Ralf

      Mein Sohn entwickelt ein Kriegsspiel.

       Ricarda

      Es funktioniert nicht schlecht.

      - Zweihundertachtzehn Kilometer.

      - Die Fahrt geht einfach los. Ohne zu warten ohne zu zählen.

      - Wer da ist ist da.

      - Reifenadern. Pumpen ins Land. Schwächer. Unlesbar. Verschwinden.

      -