Pepi, lass mi eine ...!. Peter Elstner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Elstner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
Год издания: 0
isbn: 9783904123181
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immer mehr seinem klassischen Oboe-Spiel zu, und so mussten wir im Mundharmonika-Trio umstellen: Der Mayer Franzi, ein Klassenkamerad aus der Siebenbrunnengasse, bot sich an. Er war musikalisch, konnte Gitarre spielen, und damit leichter den Akkord-Part übernehmen – ich spielte nun Bass und lernte schon wieder Interessantes, Neues dazu. Vor allem, was die Harmonie-Lehre betraf.

      Damit ging sich alles aus – alles, was MICH interessierte. Und genau so lief’s auch in schulischen Belangen: In den humanistischen Fächern passte ich im Unterricht auf – da musste ich kaum daheim lernen, bei Mathematik, Chemie, Physik etc. passte ich nicht auf. Es interessierte mich nicht. Rechenschieber, Schlussrechnungen oder gar chemische Formeln lösten bei mir einfach Widerwillen aus, ich lernte nichts – und konnte auch nichts.

      Dafür blühten meine Talente auf anderen Gebieten auf: Beim Musizieren, beim Tischtennis- und Basketball-Spielen, beim Mundharmonika-Trio, da war ich dahinter, mit Akribie und Neugierde.

      Diese Neugierde war etwas völlig Neues für mich, denn durch sie betrat ich Gefilde, die ich bis jetzt nicht gekannt hatte. Vor allem wurde mir immer klarer, dass mich alles fesselte, was Neuland war, wo ich nicht von vornherein wusste, wie die Sache ausgehen würde – und auch nicht sicher war, Erfolg zu haben. Abenteuer eben!

      Ich weiß heute, dass diese Zeit des »Rumwilderns«, dieses dauernde Versuchen, Neues zu machen, sehr wichtig für jeden Menschen in diesem Zeitraum ist – was man in dieser Zeit lernt, gibt dir den nötigen Schub fürs Leben.

      Der »Rest« blieb für Fußball – der fesselte mich wirklich. Jede freie Minute war ich auf dem Heumarkt, um zu spielen.

      »Gewählt« wurde ich nun auch schon – das Training mit »Burli« und die vielen Straßenschlachten (heiße Duelle: zehnter gegen den fünften, vierter gegen den zwölften Bezirk auf der großen freien Fläche zwischen dem Matzleinsdorfer Platz und der Siebenbrunnenfeldgasse) machten sich spielerisch positiv bemerkbar. Aber es gab jede Menge Buben, die gut, oft schon hervorragend kickten, und die Vereine kamen auch, um sich die größten Talente rauszupicken. »Scouts«, wie man heute sagt, hatten es eher leicht – junge, hungrige Talente gab es genug, und damals spielten viele Kicker buchstäblich, nicht nur sprichwörtlich, um ein Butter- oder Schmalzbrot oder um andere Nahrungsmittel.

      Geld, vielleicht sogar »Taschengeld«, waren eher Utopien. So war ich auch sehr beeindruckt, als einmal ein älterer, knebelbärtiger weißhaariger Herr (ja, diese Bezeichnung stimmt hundertprozentig) zu mir dreckigem Gassenbuben kam, mir zwei Groschen (silbrig glänzende Aluminiumlegierung) gab und meinte: »Da hast! Kannst Ringelspiel fahren damit.«

      Der feine, drahtige, besonders aufrecht gehende Herr war Bürgermeister Dr. Theodor Körner, wie mir später der Besitzer des Ringelspiels mit den Schleudersitzen sagte, als er mich nach der (zu) langen Fahrt aus dem Sitz hob. Mir war so schlecht wie noch nie, und ich musste mir eingestehen: »Heute gibt’s kein Match mehr, du musst froh sein, wenn’st nach Hause kommst. Ringelspiel fahren – das kannst du nicht.« Und es stellte sich im Lauf der Zeit heraus: Ringelspiel fahren, Drehen im Kreis, Boot fahren, wenn es Wellen oder Dünung gibt – da wird mir schlecht. Schade, der Herr Bürgermeister mit der aufrechten Haltung eines Soldaten hatte es gut gemeint auf seiner Wahltour durch den fünften Bezirk.

      Ansonsten lief alles gegen meinen »geheimsten« Fußball-Wunsch, einmal für einen großen, bekannten Klub »ausgesucht« zu werden.

      Vorerst ging’s mit der Schulmannschaft ganz gut: Eine Auswahl der Oberstufe mit ein paar guten Kickern aus der vierten Klasse – da gehörte ich dazu – kämpfte sich in die Finalrunden der Mittelschulmeisterschaften. Mehr war aber nicht mehr drin. Die Schüler des Sport-Gymnasiums in der Billrothstraße, Wien/Döbling waren da, weil eben Sport dort besonders gefördert wurde, nicht zu biegen.

      Der Hoffnungsstrahl

      Dann, endlich, wieder ein Hoffnungsstrahl!

      Freunde von der Straße nahmen mich zu ihrem Klub mit – zu Rudolfshügel, einem der zahlreichen Klubs im zehnten Bezirk. Und da spielte ich dann auch in der Wiener Liga. Rechtsaußen – da ich doch zu den schnelleren Spielern zählte.

      Und dann die große, für mich unheimliche Hoffnungen bergende Nachricht: Ich sollte mich mit den »Gruaber-Buam«, zwei Freunden aus der Heumarkt-Partie (einer Stürmer, einer Verteidiger), auf dem FC-Wien-Platz im zehnten Bezirk melden – und zwar bei »Papa« Watzinger.

      Der »Papa Watzinger« und der FC Wien, das waren nicht irgendwer oder irgendwas – das war zu dieser Zeit die größte Talenteschmiede in Österreich. Der FC Wien hatte das größte Reservoir an herausragenden Spielern – und viele aus der Nationalmannschaft hatten ihre ersten »Packeln« bei Papa Watzinger zerrissen – u. a. Walter Zeman, Karl Stotz, Ludwig Durek, Franz Riegler, Josef »Pepi« Hamerl, Rudolf Oslansky und eine Generation später Erich Obermayer!

      Das war die große Chance – ich wollte alles dafür geben!

      Vorerst tat ich aber fußballerisch wenig, nein – nichts! Bevor man nämlich bei Papa Watzinger kicken durfte, musste man von den Eltern einen Anmeldeschein unterschreiben lassen und diesen dann selbst unterschreiben.

      Vor allem aber musste man erst einmal auf dem staubigen, holprigen, nur mit ein paar Grasbüscheln versehenen FC-Wien-Platz »Steine klauben«. Ja, man musste in zwei Stafetten alles aus dem Platz entfernen, was nur nach Stein aussah. Eine »Tradition des Hauses«! Später ist es mir gedämmert: Hat der schlaue Watzinger nur geschaut, dass ihm die Platzpflege nichts kostet?

      Ich trainierte zwar einige Male mit – dazu durfte ich mir alte Fußball-Packeln ausborgen, Schuhe mit Knöchelrand, an den Sohlen vorne zwei, unter der Ferse eine Leder-Querleiste, an der die Stoppeln angebracht wurden, und zwar mit drei dünnen Nägeln! Nur – bei mir stellte sich nach fünf Minuten Spielen heraus, dass das Schuhleder so dünn war, dass mir die Nägel in die blanke Sohle stachen. Sagen wollte ich natürlich auch nichts, um nicht als Weichei und Jammerer abgetan zu werden – aber man kann sich vorstellen, wie’s unter diesen schmerzvollen Begleiterscheinungen mit dem Fußballspielen ausgesehen hat!

      Dann sollte ein Spieler-Pass ausgestellt werden – ich hätte zweimal spielen können, aber Watzinger hatte zweimal vergessen …

      Dann sollte ich im Radstadion noch einmal spielen – und wieder hatte er keinen Spieler-Pass von mir mit. »Schau ma amoi, ob’st wem ähnlich schaust, wo i an Pass hab«, meinte er, nachdem er meinen waidwunden Blick bemerkt hatte.

      Er meinte, ich solle auf einem falschen Pass spielen. Das schien hier in der Schüler-Meisterschaft gang und gäbe zu sein, rief aber bei mir Unbehagen hervor, ich hatte Angst, erwischt zu werden, ich war einfach zu ehrlich erzogen worden!

      Ich spielte also wieder nicht.

      Fazit: Papa Watzinger, großer Talenteförderer, hatte mir meinen Lieblingssport damit so vermiest, dass ich sofort und komplett mit dem Fußball aufhören wollte.

      Doch da kam noch einmal mein ehemaliger Klub Rosenhügel im wahrsten Sinn des Wortes »ins Spiel«:

      Der FC Wien hatte ein Jugend-Testspiel gegen Rosenhügel ausgemacht, aber die Rosenhügler hatten einen Mann zu wenig, und man fragte Watzinger, ob er einen Spieler herleihen könne – »Da Östna woar eh amoi bei uns.«

      »Na ja, weg’n meiner … wann a wü …«, brummte Papa Watzinger.

      Und ob ich wollte. »Ich werd ihm zeigen, was ich draufhab. Ich zeig’s euch allen«, rumorte es in meinem Kopf. Und so begann also das Trainingsspiel.

      Dreimal in die Eier

      Zehn Minuten gespielt – nichts Wichtiges passiert, hatte auch keinen Ball erhalten, mit dem ich hätt etwas anfangen können.

      Dann Freistoß gegen uns am eigenen Sechzehner, ich stell mich in die Mauer: und bekomm den Ball genau auf den Punkt im Unterleib, fall um: »Es tuaat so weh …!«

      Fünf Minuten später – ein Dribbling auf der rechten Seite: Mein Gegenspieler haut auf einmal