Die nach Zitrone und Holz duftenden ätherischen Öle sollen anfliegende Insekten oder herankriechende Würmer und Schnecken daran hindern, der Pflanze zu nahe zu kommen. Doch im Laufe der Evolution haben viele Tiere eine Art Immunität gegen die für sie unangenehmen Aromen entwickelt, sodass sie sich nicht mehr sonderlich daran stören. Der Ingwer hat daher einen zweiten Schutzwall aus nicht-flüchtigen Stoffen aufgebaut: Die klebrigen Harze sollen die Angreifer vom Berühren der Wurzeln, Blätter und Stängel abhalten, und wenn sie es dann doch getan haben, sollen die Scharfstoffe ihnen schon den ersten Biss vergällen, sodass sie auf weitere Fressattacken verzichten.
Insgesamt ist es dem Ingwer im Laufe der Evolution gut gelungen, seinen Schutz vor Fressfeinden zu optimieren. So gut, dass man ihn im heimischen Garten sogar als natürliche Schädlingsabwehr einsetzen kann. Wer ihn neben sein Obst und Gemüse pflanzt, kann damit rechnen, dass vor allem auf dem Bodenweg kaum Schädlinge zu den Nutzpflanzen durchdringen.
Baut man freilich Ingwer in Mono-Kultur an, wird er anfällig für allerlei Krankheiten. Ingwer gehört daher leider zu den Gewürzen, die immer wieder stark mit Chemikalien belastet sind. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, sollte auf der Bio-Variante bestehen. Denn beim ökologischen Anbau wird Ingwer zusammen mit anderen Nutzpflanzen kultiviert, meistens mit Obstbäumen. Die Erfahrung zeigt, dass ihm das besser bekommt als eine Mono-Kultur – und die anderen Pflanzen freuen sich über den insektiziden Begleitschutz der aromatischen Ingwer-Pflanze.
Der botanische Steckbrief
Die Ingwerpflanze wird etwa einen Meter hoch, hat längliche, bis zu 20 Zentimeter lange Blätter und erinnert im Aussehen an Schilf. Die meist gelblichen Blüten stehen im Sommer in mehr oder weniger dicht gedrängten Ähren. Ihre Bestäubung erfolgt überwiegend durch Vögel und nur selten durch Insekten, die sich durch den aromatischen Duft der Pflanze eher abschrecken lassen. Nach der Befruchtung entwickelt sich aus dem Fruchtknoten eine längliche, mehrsamige Kapsel. Sie ist für den Verzehr ungeeignet. Die jungen Sprossen der Pflanze dienen in Asien aber mitunter als Küchenkraut.
Der für uns Menschen interessante Teil des Ingwers liegt unter der Erde: der kurze, dicke und geweihartig verzweigte Wurzelstock, der streng botanisch gesehen eigentlich nicht zu den Wurzeln, sondern zu den sogenannten Rhizomen gehört. Er kriecht waagrecht knapp unter der Erdoberfläche her und ist mit fadenartigen Wurzelspitzen besetzt, aus denen die Pflanze ihr Wasser ziehen kann. An den Enden des unterirdischen Geweihs wachsen die Knospen in die Höhe, aus denen sich schließlich der oberirdische Teil der Pflanze entwickelt.
INGWER SELBST ANBAUEN
Wer ein geschütztes Hochbeet, eine warme Terrasse oder – noch besser – ein Gewächshaus hat, kann Ingwer selbst anbauen. Dazu besorgt man sich einen intakten und frischen Wurzelstock, wie man ihn mittlerweile in Supermärkten bekommt. Man legt ihn Ende April oder Anfang Mai, wenn also kaum noch Frostgefahr besteht, flach auf einen lockeren, nährstoffreichen Boden und bedeckt ihn anschließend noch mit etwas Erde. Bei der Standortwahl sollten Sie bedenken: Ingwer ist zwar ein Tropenpflanze, die es warm und feucht liebt, aber er mag nicht zu viel direkte Sonne! Im Falle einer Zimmerkultur stellen Sie ihn am besten an ein Fenster mit südwestlicher bis westlicher Ausrichtung.
Sofern sich der Ingwer wohl fühlt, bohren sich schon wenige Wochen später die ersten Spitzen nach oben. Fünf Monate später welkt das Laub und man kann die ersten Wurzelstücke ernten. Das Rhizom ist dann noch sehr weich, saftig und zitronig-mild im Geschmack, später wird es holzig und sehr scharf. Wobei freilich festzuhalten ist, dass hiesige Ernteerträge nur selten eine Qualität wie in den Tropen erreichen. Die Ingwerknollen schmecken oft ziemlich fade und riechen fast wie muffiges Kaminholz – ihre eigentliche Heimat sind eben die Tropen.
Im Spätherbst zieht die Pflanze ein. Was konkret heißt: Laub und Spross sterben ab, nur das Rhizom bleibt am Leben. Es kann den Winter überstehen, am besten in einem gleichmäßig kühlen Raum, bei Temperaturen zwischen 12 und 15 OC. Die Erde kann nahezu komplett austrocknen, es braucht also während der Winterruhe kaum gegossen zu werden. Im Frühjahr stellt man den Topf wieder an einen warmen Ort und gießt kräftig. Wird der Ingwer im Gewächshaus kultiviert, verträgt er auch während der Wintermonate Feuchtigkeit – und sofern die Temperaturen steigen, treibt er auch wieder aus.
DIE PROFESSIONELLE INGWER-ERNTE
Die größten Anbaugebiete für Ingwer liegen in den Tropen und Subtropen, also dort, wo es warm und feucht ist. Mit einer Fläche von 181 000 Hektar hat, was nur wenige wissen, Nigeria das größte Anbaugebiet der Welt. Der Ertrag liegt dort allerdings mit rund 125 000 Tonnen deutlich unterhalb der Ernte von Indien (knapp 360 000 Tonnen), wo einfach bessere Wachstumsbedingungen und auch eine längere Erfahrung im Anbau vorherrschen.
Die Ernte erfolgt entweder (oberhalb des Äquators) von August bis September oder (unterhalb des Äquators) von Februar bis März. Zu diesen Zeiten ausgegrabener Ingwer ist zart und scharf, man bezeichnet ihn als »Stem-Ingwer«. Spätere Ernten sind holziger und weniger scharf, sie werden als »Cargo-Ingwer« bezeichnet.
Die Wurzelstöcke werden ausgegraben und die Rinde zum Teil abgeschabt – ein etwa golfballgroßes Stück wird jedoch später wieder eingepflanzt, denn man muss ja für Nachschub sorgen. Die Ernte gelangt als frischer Ingwer in den Handel, und in Folie verpackt und gut gekühlt bleibt er auch für einige Wochen frisch. Zu uns nach Europa kommt allerdings auch oft der getrocknete Ingwer. In manchen Ländern, vor allem in Indien, wird er mit Kalkpuder oder einer Kalk-Wasser-Suspension (»Kalkmilch«) gebleicht und schließlich als »weißer Ingwer« angeboten.
UNTERSCHIEDLICHE SORTEN
Bei uns erhält man Ingwer sowohl frisch als auch als Trockenware. Im frischen Zustand ist er aromatischer und weniger scharf, was für die Küche in der Regel günstiger ist. Als Heilmittel ist er hingegen nicht unbedingt wirkungsvoller. Der Grund: Getrocknete Pflanzen enthalten weniger Wasser, und dadurch ist ihr Wirkstoffanteil automatisch höher. Zumindest, was die nicht-flüchtigen Anteile angeht, zu denen ja auch die Scharfstoffe des Ingwers gehören. In Bezug auf die ätherischen Öle sind allerdings wiederum die frischen Wurzeln höher einzuschätzen – und die scheinen ja nach jüngeren Studien auch eine Rolle im Wirkungskreis von Ingwer zu spielen.
Ingwer richtig lagern
Ungeschälte, frische Wurzeln halten sich im Gemüsefach des Kühlschranks drei bis vier Wochen. Am besten deponiert man sie dazu in einem Frischhaltebeutel. Getrockneter Ingwer hält sich, kühl gelagert in einer dicht verschlossenen und lichtundurchlässigen Dose, mehrere Monate.
Aussehen, Aroma und Geschmack variieren, je nachdem, wo der Ingwer geerntet und verarbeitet wird. Die indische Variante ist meistens hellbraun bis rötlich-braun, grob geschält und im Geschmack zitronig-erdig und ausgesprochen scharf. Der afrikanische Ingwer ist hingegen dunkelbraun und verströmt einen intensiven, kampferartigen Geruch, weil er relativ viele ätherische Öle und dafür weniger Scharfstoffe enthält. Er wird ungeschält getrocknet und als »Schwarzer Ingwer« auf den Markt gebracht, damit er nicht zu viele der flüchtigen Öle verliert. Chinesische Sorten sind blassbraun, meistens ungeschält und milder als ihr indisches Pendant. Ähnliches gilt auch für den australischen Ingwer, der zudem noch etwas zitroniger schmeckt.
Die Herkunft des Ingwers entscheidet auch über seine medizinischen Inhaltsstoffe. So besteht das ätherische Öl des australischen Ingwers überwiegend aus Kampher, Phellandren, Geranial, Neral und Linalool. Er eignet sich dadurch besonders gut zur äußerlichen Anwendung bei Migräne, indem man beispielsweise geschnittene Rhizomstücke unter einem Stirnband deponiert. Dem Linalool, das man auch im Lavendel in großen Mengen findet, bescheinigen Wissenschaftler zudem einen stark beruhigenden Effekt. Der Ingwer aus dem malayischen Maran enthält hingegen große Mengen an antibiotischem Zingiberen, und sein Pendant aus Jamaika besticht durch sein p-Cymen, das in Studienlabors bereits Krebsgeschwüre