2.4Trancelogik
Diese Form der Verzerrung von Wirklichkeit erfahren Personen in Trance häufig. Praktizierende der klassischen Hypnose definierten dieses Phänomen als ein grundlegendes Merkmal von Trance. Trancelogik bedeutet, dass eine Person die Fähigkeit besitzt, logische Ungereimtheiten zu tolerieren, die außerhalb dieses besonderen Bewusstseinszustandes nicht akzeptabel wären. Personen, die sich in diesem Bewusstseinszustand befinden, nehmen solche Ungereimtheiten nicht einmal wahr (Lynn a. Rhue 1991). Einige Zitate, die Trancelogik beinhalten, sind in die Umgangssprache übergegangen: »Ich bin nicht abergläubisch, das bringt nur Unglück« oder »Ich mag keinem Club angehören, der mich als Mitglied aufnimmt«. In diesen Sätzen sind genau solche logischen Ungereimtheiten zu erkennen. Personen, die unter Zwängen leiden, wissen genau, dass die Tür, nachdem sie sie sieben Mal kontrolliert haben, nicht besser verschlossen ist, als nach der sechsten Kontrolle. Trotzdem wird noch einmal kontrolliert. Viele Klienten verweilen über Jahre hinweg in der symptomatischen Wahrnehmung der eigenen Trancelogik. Das ist einer von vielen Gründen, die Hypnose und deren Potenzial bei der Arbeit mit Personen zu nutzen, bei denen Störungen der Verarbeitung von Ereignissen deutlich werden.
Ein weiteres Beispiel für Trancelogik ist die folgende Aussage von Frau C.:
»Ich heirate bald. Das war wirklich mein Wunsch. Mein Verlobter war früher schon verheiratet. Zweimal. Für ihn ist das die dritte Ehe, aber für mich die erste. Ich bin dann die dritte Ehefrau für meinen Mann. Seinen Nachnamen werde ich aber nicht annehmen, ich will ja nicht die dritte Frau C. sein. Ich bin die dritte Frau, aber ich bin gleichzeitig auch nicht die dritte Frau.«
Das Erschaffen, das Ausblenden und das Verzerren von Ereignissen sind mit zwei weiteren Trancephänomenen verbunden: mit der positiven Halluzination und mit der negativen Halluzination.
Ereignisse können aufgebauscht oder reduziert bzw. verkleinert werden.
Das Beispiel einer Klientin, die Ereignisse aufbauscht, ist in einem der Dialoge zwischen Milton Erickson und einem bei ihm studierenden Arzt festgehalten (Parsons-Fein 2013):
Eine 44-jährige Frau litt an manischer Depression und war zwei Mal an Krebs erkrankt. Sie war Mutter dreier Töchter und klagte darüber, dass sie Angst vor allem hätte. Sie lebte von Sozialhilfe und hatte Angst, diese Stütze zu verlieren. Sie hatte Angst, das Haus zu verlassen, allein zu bleiben, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, sie fürchtete sich vor Krankheiten und vor Arztbesuchen. Die Liste aller aufgeführten Ängste war sehr lang. Aus diesem Grund bestand sie darauf, dass ihr jüngstes Kind sie ständig begleitete (die beiden älteren Töchter waren bereits ausgezogen). Sogar zur Therapie wurde sie von ihrer Tochter begleitet. Erickson erstellte eine Strategie für die Therapie, bei der er zuerst die generelle Angst der Klientin vor dem Alleinsein infrage stellte. Er zeigte ihr, dass es Tätigkeiten gab, die sie völlig allein ausführte, bei denen niemand sie begleitete. Daraufhin suchte er Ausnahmen, sodass er letzten Endes Verwunderung bei der Klientin auslöste, die sich in deren Frage äußerte: »Warum nur übertreibe ich dermaßen?«
Das innere Verarbeiten von Ereignissen verläuft entweder linear, wobei die Wirkung klar aus der Ursache hervorgeht, oder mosaikartig, wobei alle Elemente in gegenseitiger Abhängigkeit miteinander verbunden sind. Bewegt nur ein Schmetterling seinen Flügel auf der einen Seite des Erdballs, so hat das Einfluss darauf, was auf der anderen Seite geschieht.
2.5Diagnosekategorien zum sozialen Funktionieren
Es gibt mehrere diagnostische Kategorien die sich auf das soziale Funktionieren des Klienten beziehen. Hierbei können folgende Fragen berücksichtigt werden:
•Stellt sich der Klient über oder unter andere Personen?
•Sucht er eher Gemeinsamkeiten mit oder Unterschiede zu anderen Menschen?
•Akzeptiert der Klient gesellschaftliche Normen in seinem Verhalten oder zweifelt er sie an?
•Ist der Klient gesellschaftlich aktiv, oder zieht er sich eher zurück?
•Beschuldigt er mehr sich selbst oder seine Umgebung?
Selbstbeschuldigungen, die auf einem hartnäckigen Schuldgefühl beruhen, zeigen sich auf typische Weise in folgender Aussage einer Klientin:
»Nach einem Gespräch mit meiner Mutter fühle ich mich immer schuldig. Ich fühle mich schuldig, wenn ich mit ihr spreche, und wenn ich nicht mit ihr spreche, fühle ich mich erst recht schuldig, und zwar deshalb, weil ich nicht mit ihr spreche.«
Es gibt Menschen, die in Beziehungen zu anderen Energie aufsaugen, was häufig bei depressiven Personen und auch bei Narzissten der Fall ist. Und es gibt Menschen, die Energie ausstoßen, etwa aggressive oder manische Personen oder solche in aufgeladener Stimmung.
Hält man sich in der Gesellschaft von Menschen auf, die Energie aufsaugen, zieht das Müdigkeit, Erschöpfung oder eine gedrückte Stimmung nach sich. In der Umgangssprache werden diese Menschen auch als »Energievampire« bezeichnet. Ist man dagegen mit Personen zusammen, die Energie ausstoßen, kann dies Unruhe, Anspannung, Gereiztheit oder Wut hervorrufen. Beide dieser unterschiedlichen Reaktionen sind für den Empfänger unangenehm. Aus diesem Grund kommt es bei Menschen, die Energie aufsaugen oder ausstoßen, auf lange Sicht oft zu einer Einschränkung der sozialen Kontakte und letzten Endes zu gesellschaftlicher Isolation.
Weitere Informationen zu den Diagnosekategorien zum sozialen Funktionieren kann der Therapeut aus Beziehungen des Klienten gewinnen, oder indem er beobachtet, was sich während der Familientherapie zwischen den Mitgliedern der Familie abspielt.
Die Diagnose in dieser Kategorie stützt sich in bedeutendem Umfang auch darauf, wie der Therapeut den Klienten wahrnimmt, ihn spürt, wie er den Kontakt zu ihm erlebt, wie sich das während der weiteren Sitzungen verändert und welche Emotionen, Assoziationen und Fantasien beim Therapeuten auftauchen. Oft fühlt sich der Therapeut nach dem Treffen mit einem Klienten, der Energie aufsaugt, so erschöpft und ausgelaugt wie nach einer ganzen Arbeitswoche, obwohl es seine erste Sitzung an diesem Tag war. Typischerweise versucht der Therapeut daraufhin, während der nächsten Therapiesitzung noch mehr Kräfte aufzubringen. Dadurch entwickelt sich oft ein Verhältnis zwischen Therapeut und Klient, in dem die Rollen des Gebenden und des Nehmenden immer klarer zugeteilt werden. Je mehr Energie von der einen Seite aufgenommen wird, desto mehr Energie gibt die andere Seite ab. Eine solche Kategorie ist ein wichtiges Signal für den Therapeuten. Das »Aufsaugen von Energie«, das sich metaphorisch auf das Saugen an der Mutterbrust bezieht, kann symbolisch auf einen emotionalen