Spieglein, Spieglein in der Hand. Thomas Röper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Röper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783968501277
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Punkt eins. Natürlich wollen weder die USA noch ihre Unterstützer einen Krieg, aber wenn Maduro ihnen keine andere Wahl lässt…? Was sollen die bedauernswerten USA dann anderes tun, als einzugreifen? Das ist die Logik, die hinter der aktuellen „Berichterstattung“ und hinter diesem Video zu Venezuela steckt.

      Regel 3: Der Führer des gegnerischen Lagers hat das Angesicht des Teufels

      Wieder Maduro. Er lässt sein Volk hungern, wegen ihm leiden Kinder, er lässt keine Medikamente ins Land und so weiter und so fort. Aber nicht ein Wort davon, dass diese Situation gar nicht entstanden wäre, wenn die US-Sanktionen nicht wären. Nach Expertenberechnungen haben die Sanktionen Venezuela seit 2013 350 Milliarden Dollar gekostet. Kein Wunder, dass das Land am Boden liegt. Aber: Kein Wort davon in den Medien, dort ist der „Teufel“ Maduro an allem schuld.

      Regel 4: Wir verteidigen eine gute Sache und keine Sonderinteressen

      Wieder die humanitäre Situation: Es geht natürlich nur um hungernde Menschen und kranke Kinder, nicht um Venezuelas Ölreichtum und Goldvorräte. Davon kein Wort in den Artikeln der deutschen Medien oder dem Video bei Spiegel-Online heute, die das Leid der Menschen thematisieren. Die USA haben, wenn man die deutschen Medien liest, keine wirtschaftlichen Interessen in Venezuela, es geht ihnen nur um „das Gute“.

      Regel 5: Der Feind begeht wissentlich Gräueltaten; wenn wir hingegen Grenzen überschreiten, geschieht dies unabsichtlich

      Wieder Maduro: Natürlich lässt er sein Volk kaltblütig leiden. Wenn die USA dann Venezuela angreifen, wird man möglichst wenig von „Kollateralschäden“, also zivilen Todesopfern der US-Invasion, hören. Und wenn doch, dann wird man noch Maduro beschuldigen, weil das Ganze ja nur wegen ihm „notwendig“ geworden ist. Dieses Messen mit zweierlei Maß haben wir zur Genüge zum Beispiel in Syrien gesehen: Wenn bei russischen Luftangriffen Menschen zu Schaden kommen, dann sind die Russen kaltblütige Mörder, wenn aber bei US-Luftangriffen Krankenhäuser zerbombt werden, dann war es ein Versehen. Das Gleiche werden wir wieder in Venezuela sehen, falls es zum Krieg kommt.

      Regel 6: Der Feind benutzt unzulässige Waffen

      Das wird in Venezuela auch kommen. Da in Venezuela noch kein Krieg ist, nehmen wir hier wieder Syrien als Beispiel: Chemiewaffen hat gemäß unseren Medien immer Assad eingesetzt, doch dass Untersuchungen dafür keine Beweise gefunden haben, wird möglichst verschwiegen. Erst recht wird verschwiegen, dass aber die vom Westen unterstützte „gemäßigte Opposition“ nachweislich mehrmals Giftgas eingesetzt hat.

      Regel 7: Wir erleiden nur geringe Verluste; die Verluste des Feindes sind riesig

      Das werden wir erst beim Krieg selbst sehen, wenn es tatsächlich so weit kommt. Aber es stimmt natürlich, was die modernen Kriege der letzten Jahre angeht. Die technische und militärische Überlegenheit der westlichen Armeen gegenüber ihren Gegnern macht es möglich. Dafür wird allerdings fast nie berichtet, dass bei den Kriegen des Westens im Irak, in Afghanistan, Libyen, Syrien, Jemen usw. 90 % der Opfer Zivilisten sind. Im Ersten Weltkrieg waren es noch 5 %. Berechnungen zufolge ist in heutigen Kriegen die Gefahr für Zivilisten, getötet zu werden, neunmal so hoch wie für Soldaten. Aber der Westen führt gemäß unseren Medien Krieg, um den Menschen zu helfen und sie zu „befreien“. Weshalb der Tod eine Befreiung sein soll, erschließt sich nicht. Aber da die Medien über diese Zahlen nicht berichten, stellt auch niemand diese lästigen Fragen.

      Regel 8: Die Künstler und Intellektuellen unterstützen unsere Sache

      Achten Sie einmal darauf, wie oft in den Medien Prominente zu Wort kommen, die die westlichen Kriege aus moralischen Gründen gut finden. Sie haben sich in den letzten Jahren gegen Assad, Gaddafi oder Hussein ausgesprochen. Besonders deutlich wird dies in amerikanischen Medien. Sollte es zu einem längeren Krieg in Venezuela kommen, werden wir auch im deutschen Fernsehen in Talkshows wieder Prominente sehen, die diesen „gerechten und humanitären“ Einsatz der USA unterstützen.

      Am Tag, nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, wurde gemeldet, dass ausgerechnet in der kolumbianischen Grenzstadt Cucuta ein prominent besetztes „Benefizkonzert“ für Venezuela stattfinden soll. Dort haben die USA ihren Militärstab für Venezuela eingerichtet, und von dort soll die sogenannte „humanitäre Hilfe“ der USA nach Venezuela transportiert werden.

      Regel 9: Unser Anliegen ist etwas Heiliges

      Natürlich, schließlich geht es ja angeblich um die „heiligen“ Werte des Westens, also um Demokratie und Menschenrechte. Dafür darf man auch Menschen töten. Dass es nebenbei um Öl geht, wird nicht berichtet. Und wie im Irak werden US-Firmen die venezolanischen Ölquellen schnell und geräuschlos übernehmen.

      Regel 10: Wer unsere Propaganda in Frage stellt, ist ein Verräter

      Heute ist das Wort „Verräter“ nicht mehr aktuell. Man sagt heute wahlweise „Putin-Versteher“, „Kreml-Troll“, „Verschwörungstheoretiker“, „Anti-Amerikanismus“ und welche Bezeichnungen sonst noch aktuell kursieren. Eines haben alle diese Bezeichnungen gemein: Sie bezeichnen den genannten Menschen als Gegner der „westlichen Werte“ oder der Demokratie. Ergo: Es ist ein Verräter.

      Es ist schockierend, aber die deutschen Medien betreiben tatsächlich Kriegspropaganda wie in den dunkelsten Zeiten der Geschichte. Und das nicht erst seit gestern – das geschah schon 1991 im Ersten Golfkrieg mit der Brutkastenlüge und wurde seitdem nicht etwa weniger, es wurde im Gegenteil mehr, und die Techniken wurden immer weiter verfeinert.

      Meinen Sie, es ist Zufall, wenn die Medien exakt nach dem Lehrbuch für Propaganda arbeiten?

      1 https://www.spiegel.de/video/venezuela-kinderkrankenhaus-gehen-medikamente-aus-video-99024933.html

      „Mit offenen Karten“: Wie Arte anti-russische Propaganda in fast jeder Sendung unterbringt

      Vom 18. Februar 2019

      Bei Arte gibt es eine recht neue Sendreihe, die sich „Mit offenen Karten“ nennt und dem Zuschauer in 12-Minuten-Sendungen die Geopolitik erklären soll. Dazu wird ein Land als Thema genommen, und Arte erklärt dem Zuschauer dann, was rund um dieses Land geopolitisch abläuft.

      Ich habe über die Sendung schon berichtet und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie eigentlich „Mit gezinkten Karten“ heißen müsste, da sie pure Propaganda betreibt. Das häufigste Thema dort ist Russland, das durch die Hintertür in bisher mindestens jeder dritten Sendung eine Hauptrolle spielt. In der Sendung über Russland wurde sogar dreist gelogen und es wurden nachweislich Fakten verdreht. Auch in der Sendung über Schweden spielte Russland die Hauptrolle, und natürlich bedroht Russland die Skandinavier, wenn man Arte glauben möchte. Dass Arte, um diese Bedrohung aufzuzeigen, ebenfalls einige Fakten verdrehen musste, habe ich in dem Artikel zu dieser Sendung aufgezeigt.

      Nun wurde vor einigen Tagen ein weiterer Bericht gesendet, und in diesem geht es um Kasachstan, ein Land, über das man in Europa kaum etwas weiß. Doch wie nicht anders zu erwarten war, nutzte Arte dieses Unwissen der Zuschauer, um einige Unwahrheiten in die Sendung einzubauen, die – welch Wunder – wieder Russland als Bösewicht erscheinen lassen. In Wahrheit, das sei vorweggenommen, sind die Beziehungen zwischen Russland und Kasachstan sehr eng, man kann sich freundschaftlichere Beziehungen zwischen zwei Ländern kaum vorstellen. Die Präsidenten verstehen sich auch privat bestens, wie man – Russischkenntnisse vorausgesetzt – in jedem Interview dieser Präsidenten sehen kann. Zwischen Kasachstan und Russland gibt es keine strittigen Themen, und es ist nicht etwa Russland, das Kasachstan unterdrückt, sondern es ist Kasachstan, das jede weitere Annäherung an Russland aktiv vorantreibt, wie wir gleich sehen werden.

      Aber bei Arte klingt das alles ganz anders. Wollen wir uns also diese Sendung unter dem Titel „Kasachstan – Bindeglied zwischen Europa und China“ einmal näher ansehen.

      Die Sendung beginnt mit Bodenschätzen. Kasachstan hat Öl, Gas, Kohle, Metalle und vor allem Uran. Das macht das Land, neben seiner geografischen Lage, zu einem geopolitisch durchaus wichtigen